Auf dem Gelände Hummelsbrunnen-Süd soll für knapp 19 Millionen Euro eine Biogasanlage gebaut werden. In einer gemeinsamen Sitzung haben sich die Bezirksbeiräte von Stammheim und Zuffenhausen mit dem Thema befasst.

Zuffenhausen - Wäre es nach Susanne Bödecker von der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus gegangen, dann hätte Thomas Heß am Dienstagabend unverrichteter Dinge wieder den Heimweg antreten können. Der Chef der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) war zur gemeinsamen Sitzung der Zuffenhäuser und Stammheimer Bezirksbeiräte ins Bürgerhaus Rot gekommen, um über den aktuellen Sachstand der geplanten Bioabfallvergärungsanlage zu berichten. SÖS-Linke-Plus freilich hatten anderes im Sinn. Sie brachten zunächst einen Antrag ein, der von der Verwaltung fordert, nach einem anderen Standort zu suchen.

 

Gaisburg kein Alternativstandort

Die Biogasanlage, so der Antrag, solle nicht auf dem Gewann Hummelsbrunnen-Süd in Zuffenhausen, sondern in Gaisburg gebaut werden. Dort wolle die EnBW ihr vorhandenes Kraftwerk umbauen, so würden Synergieeffekte frei, außerdem gebe es genug Flächen das Projekt. Zudem, so erläuterte Bödecker, gebe es noch zahlreiche andere Gründe, die für Gaisburg sprächen. „Die Standortfrage ist bereits intensiv begutachtet worden“, erwiderte Bezirksvorsteher Gerhard Hanus. Das Grundstück in Gaisburg gehöre der EnBW, und die wolle es nicht verkaufen. Das bestätigte Thomas Heß und sagte: „Was nützt die schönste Idee, wenn man den Standort nicht bekommt.“ Die Ablehnung der EnBW stünde schon länger fest, daran habe sich „definitiv nichts geändert“. Dennoch wurde über den Antrag abgestimmt. Drei Räte votierten dafür, fünf enthielten sich, acht stimmten dagegen.

Anlage wird in der Endausbaustufe realisiert

Heß konnte seine Argumente also vortragen. Er ging nochmals auf die Geschichte des Vorhabens ein und betonte, dass nach zahlreichen Umplanungen (diese führten unter anderem zu einer Verkleinerung der Betriebsfläche um rund 40 Prozent, zu Mehrkosten von zwei Millionen Euro und zu einer Verzögerung von gut anderthalb Jahren) nun fest stünde, dass die Anlage bereits in der Endausbaustufe gebaut werde. Dies bedeute, dass jährlich bis zu 35 000 Tonnen Bioabfall verarbeitet werden könnten. Dieser komme ausschließlich aus Stuttgart. Laut Projektingenieurin Ramona Dietrich von „Umwelttechnik Bojahr“ werden im Winter täglich 20 bis 30 Lkw die Anlage anfahren, im Sommer sollen es 28 bis 38 sein. Sechs bis acht Mitarbeiter sollen am Standort beschäftigt sein, sie sind nur tagsüber im Einsatz. „Nachts arbeiten nur die Bakterien“, sagte Heß, der auch auf den Zeitplan für das Projekt einging: Laufe alles nach Plan, erfolge der Baubeschluss im ersten Halbjahr 2016, von Sommer 2016 bis Sommer 2017 könnte dann gebaut werden. Danach starte der Probebetrieb, im Winter 2017/18 schließlich wolle man auf Regelbetrieb umstellen.

Hallenbad hat kein Interesse an Wärmenutzung

Heß erläuterte kurz das Energienutzungskonzept der Anlage. Das Zuffenhäuser Hallenbad, das ursprünglich als Wärmenutzer im Gespräch gewesen sei, habe keine Interesse an Energie aus der Biogasanlage. Vorstellbar sei hingegen, Rohbiogas an die Stadtwerke Stuttgart zu verkaufen. Zudem habe ein Industriebetrieb, den Heß nicht nennen wollte, Interesse an der Abnahme von Überschusswärme bekundet. Ebenfalls vorstellbar sei, dass das Rohbiogas zu Erdgas aufbereitet und dann ins Netz eingespeist würde. In einem weiteren Schritt wäre dann denkbar, die Müllfahrzeuge der AWS mit dem Gas zu betanken. Klar ist laut Heß: Je mehr Geld durch den Energieverkauf eingenommen werde, desto günstiger kämen die Verbrauer davon.

Sowohl Urs Schmid aus Reihen der Zuffenhäuser FDP als auch Claus-Peter Schmid von der Zuffenhäuser CDU-Fraktion stellten die Wirtschaftlichkeit der Anlage in Frage. „Umweltschutz kostet Geld“, entgegnete Heß und verwies darauf, dass die Anlage durchaus auf Zuzahlungen aus Reihen der Verbraucher angewiesen sei. Die Behandlung von Biomüll sei teuer, der Bund schreibe sie aber vor, man habe also keine Wahl. Rund 100 Euro kostet laut Heß die Behandlung einer Tonne Bioabfällen, durch den Energieverkauf könnte die Kosten auf circa 60 Euro reduziert werden.

Nach der Diskussion stimmten die beiden Gremien getrennt ab. Während die Stammheimer einstimmig für den Projektbeschluss votierten, gab es aus Reihen ihrer Zuffenhäuser Kollegen zehn Ja- und zwei Neinstimmen. Drei Räte enthielten sich. Am 16. Juli wird der Stuttgarter Gemeinderat über die Vorlage abstimmen.