Die Stadträte wollen den Budgettopf der Bezirksbeiräte deutlich erhöhen.

Stuttgarter Norden - Die Bezirksvorsteher haben allen Grund zur Freude. Seit Montag ist klar, dass der Gestaltungsspielraum der Bezirksbeiräte ab kommendem Jahr wesentlich größer wird. Die Stadträte von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, SÖS/Linke-Plus, Freie Wähler und FDP haben in einem gemeinsamen Antrag festgelegt, dass der finanzielle Rahmen der Bezirksbeiräte deutlich erhöht werden soll. Es ist geplant, dass den Lokalpolitikern vor Ort ab 2018 insgesamt nicht mehr 305 000 Euro, sondern 1,31 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Dass der Antrag am kommenden Freitag im Rahmen der aktuellen Haushaltsberatungen abgesegnet wird, gilt als Formsache.

 

„Das Budget wird wie folgt aufgeteilt: Es gibt 10 000 Euro je Stadtbezirk als Sockelbetrag, die restliche Summe setzt sich entsprechend der Einwohnerzahl der Stadtbezirke zusammen“, heißt es in dem Antrag. Somit bekommt der Zuffenhäuser Bezirksbeirat allein für 2018 neue finanzielle Mittel in Höhe von etwas mehr als 77 300 Euro. Bislang waren es rund 21 300 Euro. Und natürlich profitieren auch Feuerbach (circa 63 400 Euro), Weilimdorf (etwa 66 600 Euro), Botnang (ungefähr 33 250 Euro) und Stammheim (rund 32 000 Euro) von dem zusätzlichen Geldsegen.

Aus dem neuen Budgettopf können künftig dann nicht nur Zuschüsse für Vereine und Institutionen finanziert werden, die dringend den einen oder anderen Euro benötigen, um ihre Veranstaltungen durchführen oder ihr Engagement fortsetzen zu können. „Es soll auch möglich sein, dass kleine Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen daraus bezahlt werden“, betont der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz. „Es gibt immer wieder aus den Reihen der Bezirksbeiräte Wünsche an die Verwaltung, dass kaputte Spielgeräte oder Sitzbänke erneuert werden müssen. Oft hören sie dann aber, dass es dafür derzeit kein Geld gibt. Da schieben wir nun einen Riegel vor.“

Der bürokratische Aufwand soll so gering wie möglich sein

Aber wie soll das funktionieren, wenn die Bezirksbeiräte eine neue Sitzbank auf der Stuttgarter Straße in Feuerbach wollen oder ein neues Spielgerät auf der Fläche an der Kauffmannstraße in Botnang? „Natürlich sollen die Bezirksbeiräte nicht selber Handwerker beauftragen oder Material einkaufen“, bestätigt Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer. „Wir wollen den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich halten. Und natürlich werden die Bezirksbeiräte künftig nicht für die Straßenunterhaltung zuständig sein.“ Vielmehr möchten die Stadträte zusätzliche Stellen schaffen, damit die Bezirksbeiräte auch einen Ansprechpartner bei der Verwaltung haben, wenn sie das neue Budget entsprechend einsetzen wollen. Jeweils eine halbe neue Stelle soll es beim Tiefbauamt und beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt geben sowie eine ganze Stelle für einen sogenannten „Lotsen und Unterstützer“, der den ehrenamtlichen Helfern künftig bei der Organisation ihrer Feste helfen soll. „Wir peilen an, dass die Stellen Mitte 2018 besetzt sind und unbefristet ausgeschrieben werden“, sagt Verwaltungsbürgermeister Mayer. Doch das ist lange nicht alles, was die Stadträte an neuen Spielräumen für die Bezirksbeiräte vorsehen. Auch Projekte aus der Bürger- sowie Kinder- und Jugendbeteiligung können künftig aus dem Budget der Bezirksbeiräte finanziert werden – genauso wie Stadtteilfeste oder kulturelle Veranstaltungen. Gerade für Letzteres hatte sich immer wieder Stammheims Bezirksvorsteherin Susanne Korge und der Arbeitskreis Kultur eingesetzt, da bislang nicht alle Bezirke ein eigenes Kulturbudget haben (wie berichteten). „Wir haben uns eine gute und gerechte Lösung gewünscht. Die gibt es nun. Deshalb gilt mein großer Dank dem Gemeinderat“, sagt Korge.

Und auch die anderen Bezirksvorsteher begrüßen den Antrag der Stadträte. „Es gibt von uns eine Stellungnahme dazu“, erklärt die Sprecherin der Bezirksvorsteher und Chefin im Weilimdorfer Rathaus, Ulrike Zich. Der Vorschlag der Stadträte sei grundsätzlich auf jeden Fall sinnvoll. Der Bezirksbeirat könne nun weitere eigene Schwerpunkte setzen. Natürlich werde es klarer Regeln, Richtlinien und Kriterien bedürfen. „Das wird eine Herausforderung. Aber eine schöne. Wenn die Bezirksbeiräte die Chance gut und sinnvoll nutzen, wird das neue Budget ein Segen“, sagt Zich. Und Fabian Mayer ergänzt: „Für die Bezirke ist das ein großer Zugewinn. Das Budget bietet neue Chancen und stärkt das Ehrenamt.“

So sieht das auch Botnangs Bezirksvorsteherin Mina Smakaj: „Ich finde die Entwicklung wirklich positiv.“ Und Zuffenhausen Schultes Gerhard Hanus ergänzt: „Man wird relativ kurzfristig und rasch Dinge umsetzen können.“ Feuerbachs Bezirksvorsteherin Andrea Klöber ist sich sicher, dass es viele Ideen geben wird, wie man den größeren finanziellen Spielraum ausnutzen kann: „Wir freuen uns sehr. Es ist eine Wertschätzung unserer Arbeit.“

Kommentar von Torsten Ströbele:

Vorbei die Zeiten, in denen die Bezirksbeiräte das Klagelied anstimmen können, dass sie zu wenig Einfluss haben. Dass sie eigentlich über fast nichts alleine entscheiden dürfen. Jeden Beschluss könne der Gemeinderat wieder kippen – Schnee von gestern: Ab dem kommenden Jahr werden die Lokalpolitiker vor Ort nicht mehr nur den Vereinen mit ein paar Euro unter die Arme greifen können, wenn das Spendenkässle am Ende einer tollen Veranstaltung und eines mühevoll organisierten Abends nicht so voll ist wie erhofft. Ab 2018 können die Bezirksbeiräte ganz andere Sprünge machen, um ihre Stadtteile attraktiver zu machen. Es wird Geld geben, um Stadtteilfeste finanzieren zu können oder herbeigesehnte neue Spielgeräte für Kinder anzuschaffen. Unbürokratisch und rasch soll das gehen. Damit das gewährleistet ist, wird es sogar zusätzliches Personal bei der Stadt geben! Ein größeres Geschenk hätten die Stadträte den Bezirksbeiräten kaum machen können. Jetzt sind diese an der Reihe, die Chance zu nutzen. Ideen und Konzepte sind gefragt.

Wer aber nur die Mittel anhäuft und nichts Sinnvolles damit anstellt, wird künftig in die Röhre schauen. All das gesparte Geld kann nicht mehr ins nächste Jahr übertragen werden, sondern nur noch maximal 20 Prozent davon. In zwei Jahren wird der Gemeinderat dann überprüfen, ob der Versuch gelungen ist oder der neu gewonnene Spielraum der Bezirksbeiräte ein Schuss in den Ofen war.