Die Idee eines neuen mobilen Verwaltungsdienstes scheitert an der dünnen Personaldecke. In Stuttgart wird erst mal nichts daraus, dass Verwaltungsangestellte mehr Hausbesuche machen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Sillenbuch - Die Idee des sogenannten Bürgerkoffers für mobile Verwaltungsdienstleistungen wird in Sillenbuch wohl nicht umgesetzt werden können. Das hat die Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus im Bezirksbeirat geantwortet. Die Begründung lautet, dass das Bürgerbüro im Sillenbucher Bezirksrathaus nicht über die nötigen Personalkapazitäten verfüge.

 

Außerdem würden viele Dienstleistungen, die in anderen Kommunen mit dem Bürgerkoffer angeboten werden, in Sillenbuch ohnehin durch einen sogenannten Außer-Haus-Service abgedeckt. So könne die Verwaltung in ihrer Mobilität eingeschränkte Bürger oder solche mit Behinderung auch ohne das Zusatzangebot eines Bürgerkoffers betreuen. Auch die technische Ausrüstung sei bereits vorhanden. Etwas kniffliger ist die Situation dagegen im Sillenbucher Bürgerbüro an der Aixheimer Straße selbst: Dieses ist nicht barrierefrei – und für eingeschränkte Bürger bleibt nur die Möglichkeit, die städtischen Verwaltungsmitarbeiter über eine Sprechanlage rauszuklingeln.

Kein Test für ganz Stuttgart

Bürgerkoffer kommen in anderen Kommunen – etwa in Bonndorf im Schwarzwald – bereits zum Einsatz. Bei ihnen handelt es sich sozusagen um ein mobiles Büro eines Verwaltungsmitarbeiters. „Mit diesem von der Bundesdruckerei bereitgestellten Koffer können etwa Personalausweise, Reisepässe, Aufenthaltsbescheinigungen beantragt und ausgehändigt sowie weitere Verwaltungsdienstleistungen ausgeführt werden.“ So hatte der Antrag der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus die Einsatzmöglichkeiten eines solchen Koffers beschrieben. In der September-Sitzung des Bezirksbeirats wurde die Idee unterschiedlich aufgefasst. Offenbar zu Recht gab Philipp Kordowich von der CDU zu bedenken, dass „die Mitarbeiter im Bürgerbüro ja jetzt schon sehr eingespannt“ seien. Der Bezirksbeirat Dieter Grötzinger (Grüne) nannte den Bürgerkoffer „eine sinnvolle Sache“, die in Sillenbuch als Pilotprojekt für ganz Stuttgart getestet werden könne. Daraus wird aber vorerst nichts.

Problem mit Bezirksrathaus bleibt

Zumal die Stadt aktuell auch anderswo keinen Bedarf für einen Bürgerkoffer sieht. „Die Stadt Stuttgart verfügt bereits über einen funktionierenden Voll-Service vor Ort“, sagt Chiara Vitzthum von der Kommunikationsabteilung der Stadt. Für die zusätzliche Einführung eines Bürgerkoffers sehe Stuttgart daher zum aktuellen Zeitpunkt keine Notwendigkeit. Zumal die Bürgerkoffer hauptsächlich von Städten und Kommunen genutzt würden, die – anders als die Landeshauptstadt – ihre dezentralen Bürgerservicestellen vor Ort schließen mussten. In Stuttgart gebe es flächendeckend Bürgerbüros, die für alle bequem zu erreichen seien.

Doch auch das löst nicht das Problem mit dem Bezirksrathaus und der dort fehlenden Barrierefreiheit. Dem Gemeinderat ist ein Neubau und die Ausgliederung des Bürgerzentrums zu teuer. Eine denkbare Sanierung des Bezirksrathauses, die auch den Abbau der Barrieren beinhalten könnte, scheitert bislang daran, dass nicht die Stadt, sondern die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) Eigentümerin der Immobilie ist. Diese will aktuell nur unter der Bedingung investieren, dass die Stadt sich langfristig als Mieterin bindet – was diese wiederum nicht will.