Auf dem Moltkeareal treffen sich seit Jahren der Treffpunkt junge Leute. Jetzt will die Mobile Jugendarbeit hier einen Unterstand bauen – nicht nur als Regenschutz, sondern auch, um den Ort als Treffpunkt zu legalisieren.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Bald wird es wieder ungemütlich nass und kalt für die Jugendlichen auf dem Moltke-Areal. Der Platz zwischen Jugendhaus, Bürgerzentrum und Turnhalle ist seit vielen Jahren der Treffpunkt von Heranwachsenden. Die Mobile Jugendarbeit will ihnen jetzt zu dem schon lange gewünschten Unterstand verhelfen. Tobias Maucher, der seit neun Jahren im Westen als Sozialpädagoge bei den Jugendlichen tätig ist, präsentierte zusammen mit seinem Kollegen Jonas Hill, dem Schulsozialpädagogen an der Falkertschule, die Pläne im Bezirksbeirat West.

 

Montags ist der Platz vermüllt

Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle machte eingangs deutlich, dass es hierbei nicht um ein Ja oder Nein des Gremiums gehen könne, sondern darum, ob weiter geplant werden soll. Er selbst sei glücklich darüber, dass die Mobile Jugendarbeit hier aktiv sei, betonte er. In der Vergangenheit gab es Klagen der Anwohner. „Wir wollen nichts beschönigen: Montags ist hier eine Sauerei“, sagte Möhrle und appellierte an die zahlreich erschienenen jungen Leute, dafür zu sorgen, dass der Müll weggeräumt werde. „Auch die Polizeieinsätze geschehen nicht aus Langeweile“, sagt er.

Andere Bezirke haben Unterstände

Die 20 bis 80 Jugendlichen, die sich am Moltke-Areal treffen, gehören zur klassischen Klientel der Mobilen Jugendarbeit: sie sind sozial benachteiligt und haben oft keinen Schulabschluss. „Sie betrachten den Treffpunkt als ihr Wohnzimmer, das sie zuhause vielleicht gar nicht haben“, charakterisierte er die Bedeutung des Treffs für die Klientel. „Die wollen eine für sie legitimierte Fläche haben“, so der Sozialpädagoge. Eine Umfrage unter Jugendlichen im Westen ergab, dass sich 44 Prozent im Bereich des Moltkeareals und im benachbarten Jugendhaus treffen, berichtete er.

Die Jugendlichen hätten sich auch bereit erklärt, den Unterstand mitzubauen. So wie beispielsweise jene, die sich vor drei Jahren im Süden ein Dach über dem Kopf geschaffen haben. Auch in Neugereut, in Freiberg-Mönchfeld und im Osten am Raitlesberg gibt es Unterstände oder Hütten an den Treffs von Jugendlichen. Die Erfahrungen in den anderen Bezirken seien durchweg positiv, berichtete er. „Die Jugendlichen bringen sich dann auch ins Gemeinwesen ein“, sagte er.

Zuwenig Raum für Jugendliche

Die Mobile Jugendarbeit hat aus eigenen Mitteln Pläne von einem Architekten anfertigen lassen. Die Gesamtkosten werden auf 15 000 Euro geschätzt – Finanzmittel, die aber erst noch beigebracht werden müssen. Möhrle schloss einen Zuschuss aus der Bezirkskasse nicht aus, wollte aber zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Aussagen machen. „Zuerst sollten dafür andere Töpfe genutzt werden“, riet er.

In der Diskussion thematisierte insbesondere Markus Wolf (CDU) die Situation der Jugendlichen im Bezirk: „Wo gibt es hier Orte für Jugendliche – nicht nur für die Klientel der Mobilen Jugendarbeit?“ Schon vor sechs Jahren habe sich der Jugendrat, dem er damals noch angehörte, damit befasst. Das Team der Mobilen Jugendarbeit im Westen befasst sich seit 2014 mit dem Moltkeareal. Neben der Umfrage hat es einen Fachaustausch mit der Jugendhilfeplanung der Stadt organisiert. Dabei wurde festgehalten, dass es im Westen zuwenig Raum und Angebot für diese Altersgruppe gibt.

Jugengruppen passen nicht zusammen

Zur Sprache kam auch, dass die geballte Anwesenheit männlicher Jugendlicher abschreckend auf weibliche Passantinnen wirke. Straftaten seien keine bekannt, betonte Maucher, und Beschwerden seien selten. Die Jugendlichen zwischen zwölf Jahren und 27 Jahren seien seit Jahren hier: „Die gehen erst zum Abenteuerspielplatz, dann ins Jugendhaus und später zum Moltkeareal“, beschrieb er deren Freizeitverhalten. Den Treffpunkt zu verpflanzen, wäre schwierig. „Unsere Gruppe würde zu anderen Gruppierungen nicht gut passen.“

Bezirksbeirat unterstützt das Projekt

Auch Möhrle versuchte den Bezirksbeiräten klar zu machen, dass die Jugendszene nicht homogen ist und somit der Verweis auf den Leipziger Platz – mit Unterstand – und das neu geschaffene und als Ersatz für die frühere Skateanlage gedachte Areal am Diakonissenplatz in diesem Zusammenhang nicht tauglich sei. Zu einem Votum für die Legalisierung des Treffs durch den Unterstand konnte sich das Gremium aber erst nach einer Unterbrechung, in der sich die Fraktionssprecher beraten haben, durch ringen. Dieses fiel dann einstimmig aus. Der Bezirksbeirat begrüßt das Vorhaben der Mobilen Jugendarbeit grundsätzlich und bittet darum, dass an dem Projekt weiter gearbeitet werde. Sobald eine detaillierte Planung vorliegt, soll diese im Bezirksbeirat vorgestellt werden.