Das schlechte Ergebnis für Tatjana Strohmaier bei der Bezirksvorsteherwahl hat die CDU-Spitze verärgert. Die Fraktionsspitzen im Gemeinderat hatten vereinbart, ihre Kandidaten gegenseitig zu wählen. Das Verhältnis zur SPD gilt jetzt als belastet.

Stuttgart - Am Tag nach den Wahlen der fünf Innenstadt-Bezirksvorsteher strahlt der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Körner Zufriedenheit aus. Sein Ziel, den jungen Genossen Raiko Grieb mit einem hervorragenden Ergebnis als neuen Schultes im Stuttgarter Süden zu implantieren, sei erreicht. Erst mit viel Tamtam den Posten im Osten zu beanspruchen, den er bisher selbst inne hatte, war also rein taktischer Natur gewesen. Und damit das klar sei: Die mit den Kollegen von Grünen und CDU, Peter Pätzold und Alexander Kotz, vereinbarte Linie, alle nominierten Bezirksvorsteher zu akzeptieren, habe seine Fraktion befolgt, soweit man das bei einer geheimen Wahl eben überblicken könne. Nun seien alle zufrieden.

 

Mit dieser Einschätzung zur ersten Amtshandlung der neuen Stadträte steht Körner allerdings allein auf weiter Flur. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz hat sich am Freitag jedenfalls gefragt, warum er mit Körner überhaupt vereinbart habe, die Kandidatenauswahl der Fraktionen zu respektieren, sprich zu wählen, wenn sich die SPD nicht daran halte. Der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Karl-Christian Hausmann meint, Körner habe den Vertrauensvorschuss verspielt. Die Union hatte nämlich seinem Wunsch entsprochen, die Stimmen erst im Anschluss an alle Wahlen auszuzählen.

Tatjana Strohmaier zum zweiten Mal abgewatscht

Der Grund für den Unmut: Vier Kandidaten von CDU, SPD und Grünen dürfen mit einem ordentlichen Wahlergebnis ausgestattet, ihre Arbeit beginnen. Nur Tatjana Strohmaier, die mit ihren 31 Jahren und der Erfahrung von nur einem Jahr als stellvertretende Bezirksbeirätin eigentlich eine besondere Unterstützung durch den Gemeinderat benötigt hätte, erhielt nach dem unlängst vom ökosozialen Lager provozierten Misstrauensvotum im Bezirksbeirat Ost nun eine zweite Ohrfeige.

Bei nur 35 von 61 möglichen Stimmen brauchte Kotz am Donnerstag nicht lange zu rechnen, um zur Erkenntnis zu gelangen, die linke Mehrheit von 32 Stimmen (inklusive OB Kuhn) habe Strohmaier weitgehend im Regen stehen lassen. Dies erschien dem Christdemokraten umso verwerflicher, da sich keine sechs Stunden vorher die Protagonisten beim ökumenischen Gottesdienst in der Domkirche St. Eberhard einen pfleglichen Umgang und gegenseitige Akzeptanz über Parteigrenzen hinweg versprochen und den lieben Gott in der Fürbitte extra gebeten hatten, sie in diesem Fall auch zu erhören.

Das linke Lager hat überwiegend dagegen gestimmt

Allerdings: bei vier ungültigen und 22 Gegenstimmen würde die neunköpfige SPD – selbst wenn sie Strohmaier komplett nicht gewählt hätte – nur eine Teilschuld treffen. In konservativen Kreisen geht man davon aus, dass die CDU-Kandidatin bei SÖS/Linke durchgefallen ist und Peter Pätzold seine Grünen-Fraktion auch nicht in Gänze habe überzeugen können, das Agreement zu respektieren. Der Pirat Stefan Urbat hat seine Ablehnung sogar offen artikuliert, als er im Anschluss an Strohmaiers bemühter Vorstellungsrede eine Nachfrage zum Thema Homosexualität stellte.

Umgekehrt sind sich die Rechenkünstler im linken Lager sicher, dass die Nominierung der politisch wenig erfahrenen Aussiedlerin aus dem Stuttgarter Osten bei der CDU selbst auf Vorbehalte gestoßen war und Fraktionschef Kotz für diese und weitere umstrittene Personalentscheidungen in jüngster Vergangenheit abgewatscht wurde. Für eine süße Rache eignen sich geheime Wahlen bekanntlich am besten.