Der Grüne Rupert Kellermann hört als Bezirksvorsteher von Stuttgart-Süd auf. Gerne hätte er noch eine Wahlperiode weitergemacht, sagt er – und geht mit seiner Partei hart ins Gericht.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)
S-Süd - Die Grünen haben bei der jüngsten Kommunalwahl an Stimmen verloren. Deshalb muss die Partei nun einen von drei Bezirksvorsteher-Posten abgeben. Die Wahl fiel innerhalb der Partei auf den Stuttgarter Süden.
Herr Kellermann, fällt es Ihnen schwer zu gehen?
Ich war früher im Süden aktiv, jetzt werde ich das noch mehr sein. Nun verfüge ich ja über ein größeres Netzwerk. Ich habe meine Person zudem nie über die Position des Bezirksvorstehers definiert. Allerdings hatte ich im Amt eine Spielwiese, die habe ich auch genutzt. Nicht umsonst habe ich aber vor drei Jahren den Gewerbeverein HGDV Der Süden ins Leben gerufen.
In welcher Form wollen Sie dem Süden erhalten bleiben?
Ich bleibe natürlich weiterhin im HGDV und im Heusteigviertel-Verein aktiv. Auch vom Generationenhaus Heslach werde ich wohl nicht lassen können. In welcher Form ich mich dort weiter engagieren werde, weiß ich noch nicht. Ich bin darüber hinaus auch noch im Vorstand der Evangelischen Wohnheime. Das ist eine Sache die mir ganz arg ans Herz gewachsen ist. Sie betreiben zum Beispiel das Hans-Sachs-Haus und das Käthe-Luther-Haus in Heslach. Die Zielgruppe ist nicht jedermanns Sache, aber mir macht die Arbeit sehr viel Spaß. Außerdem bin ich noch Elternbeiratsvorsitzender am Dillmann-Gymnasium und im Aufsichtsrat des Carsharing Pioniers Stadtmobil AG.
Langeweile kommt bei Ihnen also nicht auf?
Nein, sicherlich nicht. Ich werde auch nicht in ein großes schwarzes Loch fallen. Momentan mache ich mir eher Sorgen, dass ich immer noch den ganzen Tag unterwegs bin. Vielleicht falle ich jetzt aber von 200 auf 100 Prozent. Mehrere Freunde haben mir immerhin schon gratuliert, dass ich nun mehr Zeit haben werde.
Obwohl Sie ehrenamtlich tätig sind als Bezirksvorsteher, haben Sie viel Zeit in Ihr Amt investiert. Warum?
Ja, ich war im Stadtbezirk sehr präsent. Das ist aber auch mein Stil. Mir war der tägliche Kontakt mit den Menschen wichtig. Ich mache keine Klientel-Politik. Ich komme aus der freien Wirtschaft, das gehört zu meinem Service-Gedanken dazu. Ich glaube, ich habe als einziger ehrenamtlicher Bezirksvorsteher eine Bürgersprechstunde eingerichtet. Das war sehr zeitaufwendig, aber ich habe das sehr genossen. Manchmal kam niemand vorbei, manchmal aber doch wieder sehr viele. Die investierte Zeit aber hat sich immer gelohnt.
Fänden Sie es besser, wenn die Bezirksvorsteher in der Innenstadt bei der Stadt angestellt wären?
Im Prinzip kann man das Amt des Bezirksvorstehers in der Innenstadt nur richtig machen, wenn man zum Beispiel bei der Stadt angestellt ist. Daher bin ich bei dieser Frage etwas gespalten. Ich war Hausmann und freiberuflich tätig, daher ging das bei mir. Ich habe dafür aber auch oft Nachtschichten eingelegt. Allein im Ehrenamt ist die Aufgabe eigentlich nicht darstellbar. Andererseits bin ich auch nicht der Typ, der mit einer Stempelkarte durch den Bezirk laufen möchte. In dieser Hinsicht ist die Stadt als Arbeitgeber aus meiner Sicht nicht ganz zeitgemäß. In der ganzen Zeit liegt ja auch die eigene Altersvorsorge auf Eis. Das ist bei vielen Gemeinderäten ähnlich. Viele sind sehr aktiv und machen nichts anderes. In der Hinsicht müsste die Stadt mehr Verantwortung übernehmen. Aber diese Diskussion will ich eigentlich nicht führen. Insgesamt halte ich aber schlicht 4,5 Jahre, um in einem Bezirk etwas zu bewegen, für zu kurz.
Sind Sie auch ein bisschen enttäuscht von Ihrer Partei, weil man sich nicht für Sie entschieden hat?
Die Grünen kommen aus meiner Sicht ihrer politischen Verantwortung nicht nach. So wird keine Kontinuität hergestellt, sondern nur die Erwartungen der Bürger enttäuscht. Ich hätte das Amt aber auf keinen Fall länger als zehn Jahre gemacht, weil ich kein Mensch bin, der auf Halbgas macht: Voll oder gar nicht. Aber eine zweite Amtszeit wäre ich schon noch gerne geblieben.
Sie bleiben den Grünen aber dennoch treu?
Ich bin natürlich immer Grüner. Aber ich habe mit den Stadtgrünen seit der Landtagswahl ein Problem. Aus meiner Sicht machen sie den gleichen Fehler wie die CDU und die SPD auch. Es geht nur noch um Postengeschachere und nicht um Inhalte. Zeitweise habe ich mich dort nicht mehr sehr zu Hause gefühlt. Aber ich bleibe der Partei erhalten.
Zurück zu den positiven Dingen. Wenn Sie auf die vergangenen fünf Jahre zurückblicken, auf welche Dinge sind Sie stolz?
Mein großes Problem ist, ich bin kein Historiker. Ich schaue nicht zurück auf das, was ich erreicht habe, sondern auf das, was ich noch tun muss. Aber dennoch: Wir haben den Marienplatz belebt, der Süden hat jetzt dort einen Markt, einen Maibaum und einen Weihnachtsbaum. Auch haben sich der Martinimarkt und das Maifest dort fest etabliert. Ich bin ein Fan von Plätzen, da mache ich kein Hehl draus. Man muss den öffentlichen Raum beleben. Der Falbenhennenplatz ist endlich (fast) fertig. Wir haben den Erwin-Schoettle-Platz nun endlich auf den Weg gebracht und der Weißenburgplatz ist auch sehr schön geworden.
Mit welchen Projekten sind Sie zufrieden?
Ich habe viele Bäume gepflanzt und ich habe den Radverkehr im Süden weiter voran gebracht. Auch mit der Entwicklung des Generationenhaus Heslach in den letzten fünf Jahren bin ich sehr zufrieden. Vor allem aber natürlich mit unserem Bürgerbeteiligungsprojekt „Heslach im Blick“. Ich habe mit den Jugendräten die Downhill-Strecke umgesetzt. Aber es gibt auch viele kleinere Sachen wie die Unterbrechung Böblinger-/Bachwiesenstraße oder auch Böblinger-/Frauenstraße. Das sind ganz kleine Sachen mit einem großen Effekt.
Umgekehrt: Was haben Sie nicht geschafft, was ist unvollendet geblieben?
Nicht geschafft habe ich, die Ampelschaltungen an manchen Stellen vernünftig zu machen. Die meisten sind vermeintlich autogerecht geschaltet, berücksichtigen aber nicht die anderen Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Fahrradfahrer. Nicht gelungen ist auch das LKW-Durchfahrtsverbot in der Hauptstätter Straße, da es nicht kontrolliert wird. Auch haben wir noch immer keine Feinstaub-Messanlage in der Hauptstätter Straße an der Römerschule. Ein wichtiges Projekt für die nächsten Jahre ist auch der Lärmschutz an der Böheim-/Karl-Kloß-Straße.
Eines Ihrer Herzensprojekte ist die neue Stadtteilbücherei und der Neubau des Jugendhauses. Werden Sie sich daran noch beteiligen?
Ich hätte das ganze Projekt, das weit mehr als nur der Bau eines Hauses ist, gerne noch in stabilere Positionen gebracht. Aber wie und ob ich mich da weiterhin beteilige, kann ich noch nicht sagen.