Im Europaviertel wird der Rohbau der Bibliothek 21 jetzt nachgebessert. Trotzdem soll das Gebäude ein "introvertierter Bau" bleiben.

Stuttgart - Schon seit Wochen hagelt es Kritik. Die einen nennen die neue Bibliothek der Stadt hinter dem Hauptbahnhof "StammheimII" und meinen damit die Hässlichkeit der weithin bekannten Gefängnisgebäude, den anderen gefällt der ganze, vierzig mal vierzig Meter große "Kulturwürfel" nicht, weil er ihnen zu massiv erscheint, wieder andere bemängeln das triste, flächenweise auch ungleiche Betongrau des Rohbaus.

Deshalb hat der Technikausschuss des Gemeinderats am Dienstag, in seiner ersten Sitzung nach den Ferien, über die Situation debattiert.Das Ergebnis vorweg: auch die Stadt als Bauherr der Bibliothek 21 ist mit dem äußeren Erscheinungsbild des 75 Millionen Euro teuren Kulturprojekts unzufrieden. Deshalb hat der Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) gestern Änderungen angekündigt: "Gegenwärtig verhandeln wir mit der Baufirma darüber, auf welche Weise die Fassade heller gestaltet werden kann, so wie es in den ersten Visualisierungen geplant war."

 

Noch stehe aber nicht fest, ob man dies mit einer Lasur, mit einer Beschichtung oder auf andere Weise erreichen könne. Klar sei indessen, "dass diese Arbeiten mit einem Steiger ausgeführt werden". Im Endzustand, so der Bürgermeister, werde sich das Gebäude "deutlich heller und in einer einheitlichen, weißgrauen Farbstruktur zeigen". Der gegenwärtige Zustand, so Thürnau, sei "nur ein Übergangsstadium".

Farbkonzept bleibt erhalten



Auslöser für die Debatte und die Zusagen der Bauverwaltung war, wie berichtet, ein Antrag der CDU-Ratsfraktion, in dem die unansehnliche Fassade kritisiert und Abhilfe gefordert wurde. In diesem Zusammenhang hat der in Köln ansässige koreanische Architekt Eun Young Yi eine Stellungnahme abgegeben, in der es heißt: "Die derzeit im Rohbau vorhandenen, herstellungsbedingten Unterschiede bezüglich der Helligkeit und der Homogenität der Fassadenfertigteile entsprechen nicht den freigegebenen Farbmustern." Dies werde durch eine Nachbehandlung der Oberflächen geändert, "ohne dass das grundsätzliche Material- und Farbkonzept beeinträchtigt wird". Ein entsprechender Maßnahmenkatalog an die Rohbaufirma sei derzeit in Auftrag gegeben und werde vom Hersteller geprüft.

Außerdem hat der Technikbürgermeister dem Gemeinderat am Dienstag versichert, ihn in die noch offene Entscheidung über die endgültige Farbgebung einzubeziehen: "Wir werden in absehbarer Zeit am Rohbau der Bibliothek mehrere Versuchsfelder anbringen, die Sie dann unmittelbar vor Ort anschauen können." Zugleich betonte Dirk Thürnau aber auch: "Der Charakter dieses Gebäudes war vom Architekten so gewollt. Die Bibliothek soll ein introvertierter Bau sein - also mit einem deutlichen Unterschied zwischen außen und innen."

"Wir können uns lächerlich machen"



Der CDU-Stadtrat Philipp Hill begrüßte die angekündigten Nacharbeiten: "Wir können mit diesem Gebäude Ehre einlegen - oder uns lächerlich machen. Deshalb sind die Nacharbeiten unverzichtbar." Zu bemängeln sei allerdings auch, dass die unterhalb des Daches angebrachten Schriftzüge in Deutsch, Englisch, Koreanisch und Arabisch kaum lesbar seien. Auch dies müsse noch verbessert werden.

Die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle (Grüne) sagte: "Die Wasserspiele, die man leider aus Kostengründen gestrichen hat, hätten zum Charakter der Fassade beigetragen." Der Bezirksbeirat sei sich jedoch darin einig, dass "die wahre Schönheit der Bibliothek in ihrem Inneren entstehen wird". Auch Ingrid Bussmann, die Leiterin der Stadtbücherei, hatte am Abend zuvor im Bezirksbeirat Nord das Konzept der Bibliothek mit Nachdruck verteidigt. Wann die Nacharbeiten an der Fassade vorgenommen werden, ist gegenwärtig noch offen.