Die Eislinger Biennale der Zeichnung ist zu einem Fixpunkt für Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt geworden. Die Arbeiten von 22 zeitgenössischen Zeichnerinnen und Zeichnern sind bis zum 31. Juli in der Galerie in der Alten Post zu sehen.

Eislingen - „Zeichen setzen“ lautet der Titel der diesjährigen Biennale der Zeichnung in Eislingen. Die Veranstaltung, die der örtliche Kunstverein im zweijährigen Turnus ausrichtet, hat in den vergangenen zwölf Jahren selbst ein Zeichen gesetzt, indem sie dazu beigetragen hat, die Zeichnung, die der Kunsthistoriker Günter Baumann als die „älteste der grafischen Künste“ bezeichnet, aus ihrem Dasein im Schatten der anderen Künste zu holen. Das zeigt sich auch am im Interesse der Künstler, in der kleinen Stadt Eislingen auszustellen. Von den für die siebte Biennale angefragten Zeichnern lehnte keiner ab, wie der Kunstverein nicht ohne Stolz auf seiner Homepage vermerkt.

 

22 Künstlerinnen und Künstler sind dieses Mal dabei. Erneut punktet die Schau, die der Vorsitzende des Kunstvereins, Paul Kottmann, wie auch die vorangegangenen sechs Biennalen kuratiert hat, mit Internationalität. Künstler aus Österreich, Italien, Spanien, Dänemark, Norwegen, Israel, Japan und natürlich aus Deutschland zeigen bis zum 31. Juli in der Galerie in der Alten Post einen Ausschnitt ihres Schaffens.

Eine Fülle an Stilen und Techniken

Zu sehen sind in dem großen Hauptraum, von dem vier sogenannte Kabinette abzweigen, alle Spielarten der Zeichnung. Die Vielfalt der Stile und Techniken überrascht auch bei dieser siebten Biennale aufs Neue. Das Spektrum reicht von kleineren Arbeiten bis hin zu den großformatigen Werken des Singener Zeichners albertrichard Pfrieger oder der israelischen Künstlerin Yehudit Sasportas, die im Jahr 2007 ihr Land auf der Biennale in Venedig vertrat. Der gebürtige Hamburger Simon Halfmeyer nutzt sogar die ganze hintere Wand des Hauptraums und einen Stützpfeiler davor für seine Wandzeichnung, die je nach Perspektive den Eindruck erweckt, als träten die Linien in den Raum.

Tatsächlich dreidimensional ist die Kunst Manuel Knapps. Er verspannt Fäden im Raum. „Die Zeichnung mit Stift und Papier bleibt im Sinne des Wortes eine Dimension von den interessanteren Fragestellungen entfernt“, lautet das Statement des Künstlers, der in Mühlacker lebt und arbeitet. Auf gerade Linien, allerdings in der Zweidimensionalität, setzt auch die in Berlin lebende Künstlerin Sabine Laidig. Mit zarten, parallel gezogenen Strichen auf einem meist quadratischen Blatt Papier schafft sie filigrane Kunstwerke, die von der japanischen Denkkultur inspiriert sind und die beim Betrachten eine Sogwirkung entwickeln. Ihre Arbeiten seien, so formuliert der Kunsthistoriker Baumann es im Katalog zu der Ausstellung, präzise und flüchtig zugleich, wie die Zeit selbst.

Apokalyptische Szenen auf Papier

Schwebend wie Laidigs Zeichnungen sind auch die minimalistischen Bilder der Japanerin Akane Kimbara. Die in Berlin lebende Künstlerin beschränkt sich auf Andeutungen und ist dabei vieldeutig. Eine ihrer Arbeiten – ein zarter Mensch, der in den Unterleib eines Fischs schlüpft – ziert auch das Titelblatt des Katalogs. Die Kunst der Andeutung beherrscht auch der in Madrid lebende Kubaner Gustavo Diaz Sosa. Mit Kohlestift bannt er apokalyptische Szenen auf Papier, die einem Science-Fiction-Film zu entspringen scheinen.

Im Gegensatz dazu schafft die Dänin Anne Skole Overgaard in ihrer Italien-Serie mit dem Bleistift Bilder von teils fotografischer Präzision. Die Häuser, die sie mit dem Bleistift zeichnet, sind so unscheinbar, dass man sie nicht in Bella Italia verorten würde. Behausungen sind auch das bevorzugte Motiv Mirjam Voelkers aus Leipzig. Schutz können diese zugigen, auf Stelzen stehenden und aus Holz oder Wellblech zusammengezimmerten Gebilde, an denen häufig unheildrohend Flammen emporzüngeln, nicht bieten. Sie scheinen vielmehr einem nicht enden wollenden Alptraum entsprungen zu sein.

Ein Forum, an dem niemand vorbeikommt

Die erste Eislinger Biennale der Zeichnung fand im Jahr 2004 statt. Seither haben in der Galerie in der Alten Post etwa 175 Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeiten gezeigt. Die im zweijährigen Turnus stattfindende Ausstellung des örtlichen Kunstvereins ist damit zu einem Forum geworden, an dem niemand vorbeikommt, der sich für die zeitgenössische Zeichnung interessiert. Die Biennale hat auch einen nicht unwesentlichen Anteil daran, dass die Zeichnung mittlerweile als eigenständige Kunstform ernst genommen wird.

Paul Kottmann, der Vorsitzende des Kunstvereins Eislingen, hat die Biennale von Anfang an kuratiert. Ohne ihn gäbe es die Biennale der Zeichnung in Eislingen nicht, sagt die Lyrikerin Tina Stroheker, die Mitglied des Kunstvereins ist. Kottmann, der als selbstständiger Designer und Fotograf arbeitet, gestaltet auch sämtliche grafische Produkte des Vereins, auch den Katalog zur Ausstellung.

Die Galerie in der Alten Post in der Bahnhofstraße 12 in Eislingen ist dienstags bis samstags von jeweils 16 bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 18 Uhr geöffnet.