Mit einem Gebräu namens Fucking Hell will ein Vaihinger den globalen Markt erobern. Das Bier schmeckt Lenny Kravitz und Lotto King Karl, doch in den USA findet man es geschmacklos.

Vaihingen/Köln - Verdammter Mist! So oder ähnlich ließe sich die Wendung „Fucking Hell“ aus dem Englischen übersetzen. Die Phrase gilt als häufig verwendete Fluchformel im angelsächsischen Sprachraum. Doch neuerdings ist „Fucking Hell“ zweideutig geworden. Es ist nicht nur ein Ausruf, sondern auch der Name eines Bier – wörtlich genommen ein Bier nach Münchner Brauart aus dem Ort Fucking in Oberösterreich. Was wie ein Wortwitz klingt, ist das Geschäftsmodell eines gebürtigen Vaihingers.

 

Der Ort macht den Namen

Hans-Jörg Schaller arbeitet als Leiter der Patentabteilung beim Kölner Motorenhersteller Deutz. Die Idee für die Biermarke sei anfangs „ein ziemlich harmloser Spaß“ gewesen, sagt der 52-Jährige. Zusammen mit seinen zwei Kumpels Stefan Fellenberg und Florian Krause saß Schaller beim Bier zusammen. Da Krause aus Bad Reichenhall stammt, das nur 20 Kilometer vom österreichischen Flecken Fucking entfernt liegt, war der Markenname schnell geboren.

Für den Markenschutz ist Schaller zuständig. Er meldete beim EU-Markenamt, der HABM im spanischen Alicante, den Namen als geschützten Begriff an. Ein Prüfer der Behörde habe allerdings Bedenken gehabt. Als Marke untragbar, sittenwidrig, beleidigend und geschmacklos sei der Name, befand der Gutachter. Es kam zu einer Markenverhandlung. „Der Vorsitzende scheint ein echter Philosoph gewesen zu sein“, sagt Schaller. Er habe gefolgert, dass „Fucking Hell“ zwar ein Fluch sei. Doch er rufe weder zur Gewalt auf, noch sei er diskriminierend gegenüber irgend einer Bevölkerungsgruppe. Einspruch abgewiesen – Fucking Hell patentiert!

Viele Bestellungen, aber keinen Stoff

Aus dem harmlosen Spaß wurde schnell ernst. „Wir hatten gleich zu Beginn 1000 Bestellungen, aber noch gar kein Bier“, sagt Schaller. Damit begann der große Etikettenschwindel. Eigentlich habe das Trio sein Bier, wie es sich gehört, in einer Brauerei bei Fucking abfüllen lassen wollen. „Aber die Brauereiszene ist konservativ.“ Die Brauerei sagte ab. Jetzt wird das Bier eben nicht in Fucking, sondern in der Waldhaus Brauerei im Schwarzwald produziert. „Wir verstehen nichts von Bier“, gibt Hans-Jörg Schaller ganz offen zu. Das sei betriebswirtschaftlich völlig normal – wie die Marken Fritz Kola oder Red Bull beispielhaft zeigten.

Ein Bier nach Münchner Brauart ist Fucking Hell auch nicht. Dazu müsste es brautechnisch betrachtet malziger sein. Als echtes Helles wäre es somit dunkler. Der technisch korrekte Name wäre also „Schwarzwald Pilsener“ – was etwas sperriger für die Vermarktung wäre. Obwohl Hans-Jörg Schaller und seine Mitstreiter so gut wie keine Werbung machen, außer im Internet, haben sie auf dem globalen Biermarkt schon Erfolge gefeiert.

Lenny Kravitz als Kunde

Die Verkaufszahlen lägen bereits im sechsstelligen Bereich. Das Bier wird in Japan verkauft, in Österreich, der Schweiz, Spanien und Portugal – demnächst vielleicht sogar in Indien. Der Hamburger Musiker und Schauspieler Lotto King Karl fand früh Gefallen an Fucking Hell und war der erste prominente Werbeträger. Erst kürzlich hat ein Caterer zehn Kisten des Gebräus für den Auftritt von Lenny Kravitz in Ravensburg bestellt.

Ansonsten findet der US-Biermarkt Schallers Marke eher geschmacklos, ohne das Bier je probiert zu haben. Das US-Patentbüro habe früh signalisiert, „dass wir uns Zeit und Geld sparen können – ein Antrag lohne sich nicht“, sagt Schaller. Bis heute sei es der Marke mit dem global eingängigen Namen nicht gelungen, auf zwei Märkten Fuß zu fassen: in den USA und in Australien. „Da beißen wir uns die Zähne aus.“ Es treffe offenbar den Nerv der dortigen political correctness.

Global unterwegs, lokal verankert

Trotz aller globalen Umtriebe: Fucking Hell ist in der Region Stuttgart verankert. In Schallers alter Heimat Vaihingen gibt es die kreisweit einzige Verkaufsstelle beim Fotogeschäft Foto Nova. Mit dessen Inhaber hat Schaller früher mal Basketball gespielt. Der erste Werbeträger war eine U-20-Basketballmannschaft aus Waiblingen. Das Bier-Zwischenlager ist in Pleidelsheim.

Wer das hopfenbetonte Bier mit dem provokativen Namen einer Degustation unterzieht, wird mehreres bemerken. Es kann als Pilsener geschmacklich mit handelsüblichen, leicht herben Bieren ähnlicher Brauart aus dem Ländle mithalten. Farblich ist es allerdings derart hell, dass es eigentlich schon als „Blond“ firmieren müsste.

Behörde will keinen Spaß

Folgerichtig hat Hans-Jörg Schaller bereits einen weiteren Markenantrag beim deutschen Marken- und Patentamt in München gestellt. Ein Bier namens Fucking Blonde. Die bundesdeutschen Markenwächter sind für diesen Spaß aber nicht zu haben. „Der aus den englischen Grundwortbegriffen ‚fucking’ und ‚blonde’ zusammengesetzte Gesamtwortbegriff wird als Schimpfwort im Sinne von ‚Scheiß-Blondine’ verstanden“, heißt es in dem Ablehnungsschreiben. Der Markenname berge die Gefahr, dass sich „ein beachtlicher Teil der Verbraucher in ihrem sittlichen Empfinden verletzt fühlen könnte“, so die Behörde. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, findet Hans-Jörg Schaller. Womöglich will er auch für diese Marke kämpfen. „Die Namen polarisieren. Die Hälfte der Leute findet’s lustig, der Rest findet’s furchtbar.“