Im Konflikt mit den Anwohnern bleibt die Stadt Bietigheim-Bissingen hart: Die Pläne für den Bau der syrisch-orthodoxen Kirche sollen nicht geändert werden – eine lokale Bürgerinitiative fürchtet ein Verkehrschaos.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Die Stadt Bietigheim-Bissingen sieht in dem Konflikt um den Bau einer syrisch-orthodoxen Kirche am Rand von Bissingen keine Veranlassung, von ihrer Haltung abzurücken. Zuletzt hatten Anwohner ein Schall-Gutachten vorgelegt, das beweisen soll, dass nach der Umsetzung des Vorhabens die Lärmgrenzwerte rund um die Kirche überschritten werden – wegen des zusätzlichen Autoverkehrs. Die Stadt hat diese Expertise von einem Sachverständigen prüfen lassen und kommt zu dem Ergebnis: „Es gibt aus unserer Sicht keinen Grund, die Planung zu verändern.“ Denn das Gutachten der Anwohner gehe von falschen Annahmen aus, sagt die Stadtsprecherin Anette Hochmuth.

 

Bürger befürchten Lärm und Verkehr

Bereits im August hat sich in dem Wohngebiet Hopfengärten eine Bürgerinitiative (BI) gegen das Projekt formiert, genauer: gegen die vorgesehene Verkehrsanbindung. Denn die Kirche mit 600 Plätzen und das dazugehörige Gemeindezentrum mit ähnlicher Kapazität sollen durch eben dieses Gebiet angefahren werden. Die Stadtverwaltung geht nach Rücksprache mit der syrisch-orthodoxen Gemeinde davon aus, dass auch bei großen Veranstaltungen mit bis zu 600 Teilnehmern nur mit rund 130 Fahrzeugen zu rechnen sei. Die BI hält dies für unrealistisch und rechnet mit rund 300 Autos pro Veranstaltung – und fordert daher, das Areal über eine neu zu bauende Straße direkt an die benachbarte Landesstraße anzubinden. „Ansonsten drohen hier chaotische Zustände“, sagt Mark Lochbrunner, einer der Sprecher der Initiative.

Die Stadt will die Planungen nicht ändern

Doch darauf will sich die Stadt nicht einlassen. „Der Bau eines direkten Anschlusses an eine Landesstraße ist nach den geltenden Richtlinien nur möglich, wenn dieser Anschluss unbedingt erforderlich ist – und das ist hier nicht der Fall“, sagt Hochmuth. Hinzu komme, dass die von den Anwohnern vorgeschlagene Strecke durch einen regionalen Grünzug verlaufe.

Die Stadt will die Pläne nicht ändern

Die wichtigste Frage bleibt demnach: welche Schätzung ist korrekt? Wenn die Anwohner recht haben, wäre die Stadt gezwungen, Alternativen für die Verkehrsanbindung zu finden: denn bei 300 Fahrzeugen wären nachts die Lärmgrenzwerte überschritten – das belegt das Gutachten und wird auch von der Verwaltung nicht bestritten. Diese allerdings scheint sich ihrer Sache sicher zu sein und argumentiert mit dem „familienbezogenen Fahrverhalten“ der syrisch-orthodoxen Gemeinde, das heißt: sie geht davon aus, dass die Gläubigen mindestens zu dritt oder zu viert in einem Auto sitzen, um zu den Veranstaltungen fahren. Im weiteren Verlauf des Bebauungsplanverfahrens würden aber auch alle Einwände der Anwohner abgewogen, versichert Anette Hochmuth.

Die Anwohner wollen ein weiteres Gutachten beauftragen

Das letzte Wort hat der Gemeinderat, und der endgültige Beschluss wird wohl im ersten Quartal 2015 fallen. „Wir sind wütend und fühlen uns nicht erst genommen“, klagt Lochbrunner und betont, dass sich der Ärger ausschließlich gegen die Stadt richte und nicht gegen die syrische-orthodoxe Gemeinde. „Wir werden uns jetzt mit unserem Sachverständigen beraten und dann entscheiden, wie wir weiter machen.“ Vermutlich wird die BI ein weiteres Gutachten in Auftrag geben, das belegen soll, dass die Prognosen der Stadt falsch sind.

Die Gegenseite hat offenbar ähnliche Pläne – mit umgekehrter Zielrichtung. In der jüngsten Gemeinderatssitzung deutete der Oberbürgermeister Jürgen Kessing an, dass man sich nicht scheue, „notfalls ein drittes, ein Obergutachten einzuholen“. Dann allerdings müsse „auch irgendwann Schluss sein mit der Gutachteritis“.