Bietigheims Handballer sind erstmals in die Bundesliga aufgestiegen und stehen vor einer schweren Saison. Das liegt auch an den körperlichen Defiziten der Mannschaft. Im Schnitt fehlen 20 Zentimeter an Größe und 20 Kilo an Gewicht.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Bietigheim - Die „Handballwoche“ ist so etwas wie der „Kicker“ im Fußball, also das Fachorgan schlechthin. Und als solches gibt es alljährlich ein Saisonheft heraus, in dem ein prominenter Spieler seine Einschätzung zu den Clubs abgibt. Mit einer individuellen Bewertung. In diesem Jahr ist das der Weltmeister von 2007, Florian Kehrmann, der seine aktive Laufbahn im Sommer beendet hat. Sein Expertentipp zur SG BBM Bietigheim: 1 Ball, was so viel heißt wie: Abstieg fast besiegelt.

 

Das fängt ja gut an – für den Neuling. Doch den Trainer Hartmut Mayerhoffer ficht das nicht an: „Da kann ich nicht böse sein, das ist eben eine realistische Einschätzung.“ Der Aufsteiger ist Abstiegskandidat. Da führt kein Weg dran vorbei, wie eine zahlenmäßige Untermalung belegt. Die SG weist mit geschätzten 1,5 Millionen Euro sowieso schon einen der kleinsten Etats auf, der 40 Prozent geringer ist als der von Balingen-Weilstetten, das am Ende der vergangenen Saison sportlich trotzdem abgestiegen wäre. Das sagt viel. Doch Bange machen gilt nicht. „Wir wissen, dass es eine schwere Aufgabe wird“, sagt Mayerhoffer, „zumal in dieser Saison gleich vier Mannschaften absteigen.“

Erschwerend hinzu kommt, dass die Mannschaft noch mit den Nachwehen der letzten Saison lebt, sprich Verletzungen. So musste Kapitän Christian Heuberger nach seiner Ellenbogenverletzung das Training erneut abbrechen und fällt auf unbestimmte Zeit aus. „Ein herber Verlust, in jeder Hinsicht“, sagt der Trainer. Immerhin sind nach ihren Kreuzbandrissen Christian Schäfer wieder (voll) und Hannes Lindt (teilweise) im Einsatz sind, weshalb ein weiterer Neuzugang im rechten Rückraum (Ex-Nationalspieler Adrian Pfahl war im Gespräch, bis der HSV die Lizenz bekam) kein Thema mehr ist. Dazu gesellen sich lediglich vier Neuzugänge, die nicht nur finanziell in den Rahmen passen, „sondern auch ins Spielsystem“, so Mayerhoffer.

Die Bundesligataufe gegen Rhein-Neckar-Löwen

Das da lautet: Eine aktive 6:0-Abwehr mit viel Tempo im Spiel und Gegenstößen, weil die SG im Rückraum eben nicht über die Tormaschinen verfügt wie zum Beispiel Kiel mit einem Filip Jicha. „Bei uns geht es nur übers spielerische Element“, sagt der Coach. Und über die Rückendeckung der Zuschauer. „Die benötigen wir unbedingt, um erfolgreich zu sein.“ Er betrachtet es nicht als Handicap, dass die Mannschaft wechselweise in der Bietigheimer Egetrans-Arena sowie in der Ludwigsburger MHP-Arena auftritt. „Wir haben in der letzten Saison auch schon in beiden Hallen erfolgreich gespielt und eine tolle Stimmung gehabt.“ Während die Steelers über die neue Konkurrenz wenig erfreut sein sollen, spielt die Doppelnutzung dem OB Jürgen Kessing in der Diskussion um eine neue Handballhalle in die Karten. „Die Arena ist eine Eis- und Ballsporthalle“, sagt der schließlich gerne.

Ihre Bundesligataufe erlebt sie nächsten Mittwoch gleich mit einem Knaller, der Partie gegen den Vizemeister Rhein-Neckar Löwen. Davor muss der Aufsteiger am Samstag zum Bergischen HC, der gemeinhin eher den Abstiegskandidaten zugerechnet wird. „Ein guter Start ist immer wichtig“, sagt Mayerhoffer, will sich aber auch im negativen Fall nicht aus der Ruhe bringen lassen. „Es wird sicher etwas dauern bis wir uns an die Liga gewöhnt haben.“ Auch körperlich. „Uns fehlen im Schnitt zwanzig Zentimeter an Größe und zwanzig Kilo an Gewicht.“

Und anders als im Boxen kämpfen im Handball alle Spieler in der gleichen Gewichtsklasse, da ist die Gefahr eines K.o. groß. Doch unabhängig davon, wie die Saison sportlich verläuft, hat Mayerhoffer ein Ziel: „Wir müssen als Mannschaft am Ende besser dastehen als jetzt.“