Der Gemeinderat soll am Dienstagabend über neue Bebauungpläne für die Gewerbeparks Stuttgarter und Geisinger Straße abstimmen. Die Stadt hält in den Entwürfen am Ziel fest, Einzelhandel weitgehend auszuschließen.

Bietigheim-Bissingen - Die Stadtverwaltung denkt gar nicht daran aufzugeben. Obwohl sie jüngst in einem Normenkontrollverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim gescheitert ist, treibt sie weiter ihr Projekt voran, auf dem Gelände des Bietigheimer Industrie- und Gewerbeparks – kurz Bigpark – Einzelhandel möglichst auszuschließen. „Wir schlagen einen neuen Weg ein“, erklärt Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt. Dieser bestehe in einem neuen, anderen Bebauungsplanverfahren. Am Dienstagabend soll sich der Gemeinderat damit befassen.

 

In ihren Entwürfen der Bebauungspläne für die Gewerbegebiete Stuttgarter und Geisinger Straße, die zum Bigpark-Areal gehören, ist die Stadt allerdings kein Stück von ihren Grundsätzen abgewichen. „Wir verfolgen unsere Ziele weiter, das haben wir immer gesagt“, betont Hochmuth. Die Kommune will in dem Bereich vor allem innenstadtrelevanten Einzelhandel ausschließen, um die Zentren in Bietigheim, Bissingen und Buch vor dem Ausbluten zu bewahren. Für den Gewerbepark Stuttgarter Straße zwischen der Bundesstraße 27 und den Bahngleisen soll zusätzlich auch nicht zentrenrelevanter Einzelhandel ausgeschlossen werden. Denn bei der Gewerbeflächenknappheit sei es wichtig, Flächen für das produzierende und dienstleistende Gewerbe vorzuhalten, argumentiert die Stadt. Dasselbe gelte für den südlichen Bereich des Gewerbeparks Geisinger Straße. Lediglich im nördlichen Teil, entlang der Geisinger Straße, sind laut der Stadtverwaltung Geschäfts- und Bürogebäude mit nicht zentrenrelevantem, nicht großflächigem Einzelhandel vorstellbar.

Neue Bebauungspläne beinhalten zusätzliche Aspekte

Neu sei, dass diese Bebauungspläne viel umfassender seien als die vorigen, in denen lediglich die Nutzung der Flächen festgelegt worden sei, erklärt Anette Hochmuth. In den neuen Versionen kämen auch verkehrs- und städteplanerische Aspekte zum Tragen. So erläutert die Verwaltung, dass Einzelhandel an dieser Stelle zu einer deutlichen Verkehrszunahme und damit zur Überlastung der B 27 führen würde. Das bedeute auch zusätzliche Lärm- und Schadstoffbelastungen für die Anwohner der Stuttgarter Straße und im Aurain. Ohnehin könne dieses Gebiet keine Nahversorgungsfunktion erfüllen, weil es nicht wohnortnah genug liege.

Ein Argument der Stadt gegen innenstadtrelevante Sortimente auf dem Bigpark-Areal war stets auch die Regionalplanung. In der Tat begrüße der Verband Region Stuttgart (VRS) die Haltung Bietigheim-Bissingens, teilt Dorothee Lang, die Sprecherin des VRS, mit. Denn die Dinge des täglichen Bedarfs sowie großflächiger Einzelhandel – also mit mehr als 1200 Quadratmeter Fläche – gehöre nach Ansicht der Region in die Innenstadt, um diese zu stärken.

Dem Verwaltungsgerichtshof erschließt sich das Konzept nicht

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) hatte die Linie Bietigheim-Bissingens allerdings nicht nachvollziehen können. Ende des vergangenen Jahres verlor die Stadt einen Prozess gegen die Betreiber des Bigparks, Jens Lück und Hartmut Rieger. Sie wollten auf ihren Grundstücken Einzelhandel ansiedeln, was die Verwaltung ihnen versagte. Für den VGH erschloss sich das Drei-Zentren-Konzept, mit dem die Stadt die Ortskerne von Bietigheim, Bissingen und Buch schützen will, jedoch nicht. Schließlich konzentriere sich auch bis jetzt nicht der gesamte Einzelhandel nur auf diese drei Zentren. So liegen Hofmeister und Obi beispielsweise außerhalb, ebenso die Automeile am Ortseingang Richtung Tammerfeld – und für den geplanten Lebensmittel- samt Elektromarkt in den Mühlwiesen wurde eigens das Zentrum Bietigheimer Innenstadt erweitert.

Der VGH hatte keine Revision zugelassen. Dagegen legte die Stadt Beschwerde ein. Diese wurde bereits vom VGH abgewiesen. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber entscheiden.

Kommentar: Störrisch

Die Stadt verhält sich wie ein störrisches Kind. Ihre Argumente, um Einzelhandel auf dem Bigpark-Areal weitgehend zu unterbinden, sind zwar auf den ersten Blick nachvollziehbar: Man wolle die Ortskerne von Bietigheim, Bissingen und Buch nicht ausbluten lassen, Großmärkte auf der grünen Wiese verhindern und Verkehrschaos auf der Bundesstraße 27 vermeiden, heißt es. Doch die Verwaltung hat ihr eigenes Konzept mit Ausnahmen wie Hofmeister, Obi und Autohändlern außerhalb der Zentren längst selbst konterkariert – das hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs bestätigt.

Die geplante Ansiedlung eines Lebensmittel- und Elektromarkts in den Mühlwiesen ist der jüngste Widerspruch gegen das Kredo. Was ist das anderes als ein Großmarkt auf der grünen Wiese? Noch dazu einer, der ebenfalls an der viel befahrenen B 27 liegt und eigentlich auch zu keinem der drei Zentren gehörte, bevor die Verwaltung den Bietigheimer Ortskern kurzerhand ausweitete. Wenn die Märkte überhaupt ein Zentrum stärken, dann eines, das der Hilfe am wenigsten bedarf: Bietigheim.

Derweil geht es in Buch bergab, auch in Bissingen tut sich wenig. Doch statt die Gelegenheit beim Schopfe zu packen, zumindest in der Nähe von Buch eine neue Einkaufssituation zu generieren, beharrt die Stadt trotz der Niederlage vor Gericht auf ihrem löchrigen Konzept. Dabei wäre die Situation ideal: Zwei Eigentümer wollen auf einer exponierten Fläche investieren und Kunden anlocken. Andere Kommunen würden sich die Finger danach lecken.