Die private BIL-Schule auf dem Stuttgarter Hallschlag soll dort keine städtische Fläche für den Bau einer Grundschule und Kita bekommen. Nur für den Bau einer Sporthalle stellte der Technikausschuss die baurechtlichen Weichen.

Stuttgart - Die BIL-Schule auf dem Hallschlag ist rasant gewachsen. Innerhalb von zehn Jahren ist aus der Realschule und dem Gymnasium mit damals insgesamt 18 Schülern eine Bildungsstätte mit 390 Schülern geworden. Seit diesem Schuljahr komplettiert eine Grundschulklasse mit 24 Erst- und Zweitklässlern das schulische Angebot des privaten Anbieters, der 2013 auf dem Gelände der Zuckerfabrik einen repräsentativen Neubau bezog. Doch die Schule will weiter wachsen und hätte gern weitere städtische Flächen nebenan: für Kita, Grundschule und eine Sporthalle. Aber die Fläche liegt im Gewerbegebiet. Und nur für die Sporthalle haben die Räte im Technikausschuss ihr Einverständnis für eine baurechtliche Umwidmung gegeben.

 

Einzig die Grünen stimmten dem Vorhaben in nicht öffentlicher Sitzung komplett zu, wurden aber von den übrigen Fraktionen überstimmt – aus unterschiedlichen Gründen. Nur beim Thema Sporthalle waren sich alle einig, zumal eine solche ja auch den Vereinen zugute kommen würde. Während die Grünen argumentierten, man habe ja damals bereits dem Schulstandort zugestimmt, also müsse man dem Schulträger jetzt auch bei seinen Erweiterungsplänen entgegenkommen, stand etwa für die CDU das Thema Gewerbegebiete und deren Vergabe im Vordergrund. Die Stadt müsse für das Gewerbe auch Flächen vorhalten, argumentiert die CDU – auch wenn dieses Gewerbegebiet eher schwer zu vermarkten sei.

Geschützte Eidechsen verhindern Bebauung

Denn bisher ist die besagte Fläche, die nur durch das Kulissenlager der Staatstheater vom bisherigen Neubau der BIL-Schule getrennt ist, nur Brache. Der ursprünglich für die Turnhalle ins Auge gefasste Zwickel am Eingang der Schule kam nicht mehr in Frage – er sei nicht nur zu klein, sondern dort tummeln sich inzwischen offenbar auch geschützte Eidechsen.

Doch nicht nur gewerbepolitische Gründe haben die Räte zur Ablehnung getrieben, sondern auch verkehrspolitische. So argumentierte etwa die CDU, das hinterste Eck eines Gewerbegebietes sei kein guter Standort für Kita und Grundschule – solche Einrichtungen gehörten in Wohngebiete, hieß es. Zudem sei der Schulweg wegen des Schwerlastverkehrs zur benachbarten Entsorgungsfirma viel zu gefährlich. Hinzu komme, dass die Erschließung aufwendig geändert, der Gehweg verbreitert werden müsste.

Angst vor der Segregation als Argument gegen Schulbau

Und noch ein weiteres Kriterium veranlasste vor allem die SPD, das Ansinnen abzulehnen. Der Ausbau der privaten Grundschule befördere womöglich die Segregation, also die räumliche Abbildung sozialer Ungleichheit, quasi nach dem Motto: hier die zahlungskräftigen Bildungsfamilien, dort alle Übrigen. Zugleich sehe man keinen Bedarf für den Ausbau der privaten Grundschule – stattdessen solle man doch die Integration im Blick haben und die öffentlichen Grundschulen stärken.

Muammer Akin, Gründungsmitglied der BIL-Schule und früherer Geschäftsführer, sieht in dem Votum der Räte dennoch „ein gutes Signal“, wie er der StZ auf Anfrage mitteilte. Denn am dringlichsten sei der Bau einer Sporthalle – bisher müsse man Hallen anmieten. Dass man nun eine Dreifeldhalle statt einer Zweifeldhalle plane, hänge mit dem Wachstum der Schule zusammen. Alle Schularten seien im Endausbau zweizügig geplant: Grundschule, Realschule und G8, nur das Wirtschaftsgymnasium sei einzügig. Rund 900 Schüler würden es bis in fünf Jahren sein, so Akin. Dann würde es eng, mittelfristig müsse man eine Lösung finden. Wann mit der Kita gestartet werde, sei noch nicht klar. Den Bedarf gebe es: „Wir haben schon Anfragen für Geschwisterkinder unserer Grundschüler und von unseren eigenen Lehrern“, sagt Akin. Auch Betriebe in der Nähe hätten Interesse signalisiert.

Dass die Stadt Gewerbeflächen vorhalten wolle, verstehe er, so Akin. Den Vorwurf der Segregation teile er nicht. „Das mag für viele Privatschulen gelten, wir haben überwiegend Arbeiterkinder.“ Ein Viertel der Kinder erhielten Stipendien und brauchten keine 330 Euro Schulgeld im Monat zu bezahlen, betont Akin.

Schulbürgermeisterin: Privatschule ist keine Konkurrenz

Für Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) besteht der Kern der Debatte in der Abwägung, wie viele Gewerbeflächen die Stadt hergebe. „Ich sehe die BIL-Schule nicht als Konkurrenz für die öffentlichen Schulen – die sind so gut, dass sie die Konkurrenz nicht scheuen müssen.“ Vielfalt der Schulen sei vom Gesetz erwünscht – „und politisch sinnvoll“, so Eisenmann. Das Argument der Segregation könne sie „nicht nachvollziehen“. Und: die Diskussion komme „zehn Jahre zu spät“. „Jetzt hat sich die Schule durch eine beachtliche Größe etabliert.“