Nun heißt es wieder: ein Jahr warten. In der Fantasy-Kultserie „Game of Thrones“ sind die Figuren endlich zum kommenden Endspiel aufgestellt. Die gerade ausgestrahlte siebte Staffel war trotzdem die bislang schwächste.

King’s Landing - Der Klimawandel in der Fantasy-Serie „Game of Thrones“ hat viel mit dem Klimawandel in unserer Realität zu tun. „Winter is coming“, ein Winter rücke heran, ist schon in der ersten, in den USA beim Bezahlsender HBO im April 2011 gezeigten Folge gedroht worden. Und in der harschen Welt von Westeros ist mit Winter kein mehr oder weniger kaltes Quartal eines Jahres gemeint. Winter sind unregelmäßig heranrollende Generationenereignisse, Eiszeiten, in denen sich elementare Spielregeln des Daseins ändern. Das Jenseits bekommt Ausgangstüren, weit im Norden begeben sich Horden von Toten auf den Marsch.

 

Gegen deren Vormarsch in die Gefilde der Lebenden ist in Vorzeiten eine gigantische Eismauer errichtet worden, bemannt von den Mitgliedern der sogenannten Nachtwache. Aber zu Beginn dieses globalen TV-Phänomens war die Nachtwache bereits ein kläglich geschrumpfter Haufen, die Mauer über weite Strecken unbesetzt, und die Geschichte ihres Zwecks wurde von vielen für Ammenmärchen gehalten.

Brutal realpolitisch

Wer vor Augen hatte, wie in unserer Realität mit der Klimaerwärmung umgegangen wird, eben weil die nicht mit einmal und unausblendbar da ist wie ein Hausbrand, konnte sich gallig belustigt zurücklehnen und davon ausgehen, dass der stur dahinschlurfende Vormarsch der Toten noch einige Jahre dauern würde. Dem Personal von „Game of Thrones“ blieb tatsächlich Zeit für Intrigen, Affären, Kriege und Eskapaden, die mit der Bedrohung für alles Leben rein gar nichts zu tun hatten.

Kritiker lobten, es habe noch nie eine so brutal realpolitische Spannungsserie gegeben, keine Serie, in der so ambivalente Figuren die sonst für klare Sympathieträger und klare Unsympathen reservierten Spitzenplätze einnahmen, keine von Fans so geliebte Serie, die so rücksichtslos wichtige Figuren mitten aus dem Spiel riss wie sonst nur das echte Schicksal. Manchmal fragte man sich, ob für die Untoten überhaupt noch nennenswerte Gegner übrig bleiben würden.

Schnell wie eine SMS

Nun ist die Erstausstrahlung der siebten Staffel vorbei, mit sieben Folgen die bislang kürzeste, und man reibt sich verdutzt die Augen. Zwar geht es in Sachen Klimawandel nun doch hopplahopp voran, Schneeflocken fallen dort, wo bislang noch über den wüstesten Geschehnissen die Sonne strahlte. Aber man fragt sich, wie diese Serie ihren epischen Atem und Raum für unerwartete Entwicklungen wahren und doch alles noch zu Erzählende in einer verbleibenden Staffel abwickeln will.

Die Unruhe, ob da gerade etwas schief geht, wird durch eine Folge der aktuellen Staffel befördert, über die Fans sich ärgerten und Nichtfans höhnten. Trotz Zauberei ging es bislang in den so wichtigen Kriegsdingen nachvollziehbar zu. Nun aber haben sich plötzlich Botenraben, Menschen, Pferde, Drachen im SMS-Tempo bewegt - gerade noch hier, nun schon dort. So eine denkfaule Lösung für ein zuvor aufgebautes Problem gab es noch nie in „Game of Thrones“.

Früher wäre das nicht durchgegangen

Tatsächlich ist schon seit der sechsten Staffel etwas anders als zuvor. Die ersten fünf Staffeln basierten auf bereits erschienenen Romanen des Autors George R. R. Martin, der seine Fantasy-Saga zum Grimm der Fans in bedächtigem Schreibtempo und mit langen Besinnungspausen vorantreibt. Seit der vorigen Staffel arbeiten die TV-Produzenten daher mit bloßen Auskünften Martins, wie er seine Romanwelt entwickeln wolle.

Liebesblicke und Allianzen

Werden die Fingerzeige Martins immer vager, je weiter es in die Zukunft geht? Hat die Autoren der Mut verlassen, wo sie nun selbst Martins Forschheit aufbringen müssten? Oder erliegt man bei HBO nun der fatalen Versuchung, mit einem Weicherwerden der Serie weitere Zielgruppen zu erschließen? Nach einer wunderbaren Auftaktfolge gab es in der siebten Staffel nämlich allerlei rührselige Momente, Versöhnungen, Allianzen, Freundschaftsbekundungen und Liebesblicke, die früher nicht durchgegangen wären. Das Auseinanderdriften der Figuren in klare Lager von Gut und Böse ist unübersehbar.

Noch ist das nicht völlig platt, dazu ist die Ausgangslage viel zu kompliziert. Aber bestimmte Momente möchte man als langjähriger Fan am liebsten gleich wieder vergessen: Die sind so naiv und süßlich geraten, dass sie auch in eine jener Serien passen könnten, gegen die „Game of Thrones“ einst angetreten ist. Andererseits: Viel Zeit zum Kitsch bleibt nun auch nicht mehr. Die Untoten vor den Toren machen nicht den Eindruck, als ob sie ihren Widersachern noch viele Kuss- und Schmupausen gewähren würden. Der Winter ist gekommen.