Die Immobilienwirtschaft fordert ein Sonderprogramm von 100.000 zusätzlichen Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Der Leerstand in Ostdeutschland löst die Probleme nicht. Die Zuwanderer zieht es in die Ballungszentren.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Allein um die Unterbringung der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu gewährleisten, hält der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) den Bau von 100 000 zusätzlichen Wohnungen in den nächsten Jahren für notwendig. Verbandschef Axel Gedaschko machte sich bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Berlin deshalb für ein auf etwa fünf Jahre angelegtes Förderprogramm zum Bau von insgesamt 100 000 Wohnungen in Ballungszentren stark. Den Finanzbedarf, den Bund und Länder für dieses Sonderprogramm zu Gunsten von Flüchtlingen je zur Hälfte tragen sollten, bezifferte er auf etwa 600 Millionen Euro jährlich.

 

Gedaschko betonte, dass er eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip dabei für verfehlt hält. Im vergangenen Geschäftsjahr habe sich eine unterschiedliche Entwicklung des Wohnungsmarktes in Deutschland bestätigt. Während in den wirtschaftlichen Ballungszentren im Westen der Wohnungsbedarf auch durch die Zuwanderung steige, nähmen in den ostdeutschen Ländern die Leerstände zu. „Bei 35 Prozent der im Verband organisierten Unternehmen in den neuen Ländern steigt der Leerstand schon jetzt. Das ist ein Alarmzeichen“, betonte er. In seinen Augen kommt die Politik deshalb um eine Doppelstrategie auf dem Wohnungsmarkt nicht herum. Für den Osten sei ein neues Maßnahmenpaket für den Stadtumbau und den Rückbau von Wohnungen nötig. „Gleichzeitig brauchen wir ein Bundesprogramm für Neubau in den Gebieten, die besonders vom Zuzug dauerhaft bleibender Zuwanderer geprägt sind.“

Insgesamt blicken die 3000 Mitgliedsunternehmen des Verbandes nach seinen Angaben optimistisch in die Zukunft. Der Bedarf nach Wohnraum wächst auch wegen der Zuwanderung weiter. Nachdem 2014 ein Zuwanderungssaldo von 560 000 Menschen registriert wurde, rechnet Axel Gedaschko für das laufende Jahr mit einem Zuwachs um 600 000 Zuwanderer. Die Bedarfsprognose des Verbandes fällt mit 320 000 zusätzlichen Wohnungen jährlich sogar noch höher aus als die Berechnungen der Bundesregierung. Sie ging zuletzt von einem Neubedarf von jährlich 272 000 Wohnungen bis zum Jahr 2020 aus.

Besonders in Stuttgart, Hamburg und Köln wird gebaut

2014 wurden laut Angaben des Verbands bundesweit 245 000 Wohnungen fertig gestellt; im laufenden Jahr sollen 260 000 neue Wohneinheiten hinzukommen. „Es wird wieder massiv in den Neubau investiert. Das ist genau das, was wir in vielen Städten brauchen“, erklärte Verbandschef Gedaschko. Wohnungsbauschwerpunkte bei den Mitgliedsunternehmen waren 2014 laut Verband die Städte Hamburg, Stuttgart und Köln.

Für die Modernisierung von Mietwohnungen hätten die Wohnungsunternehmen in Deutschland allerdings zuletzt weniger Geld ausgegeben. Die Investitionen in diesem Bereich seien um 1,3 Prozent gesunken. Zwar flossen mit rund 7,1 Milliarden Euro noch fast zwei Drittel der Investitionen in den Bestand. Der Anteil gegenüber dem Neubau aber verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr erneut. Insgesamt investierten die rund 3000 beim GdW organisierten Wohnungsunternehmen rund 10,9 Milliarden Euro. Das sind 5,9 Prozent mehr als im Vorjahr. In den Vorjahren war der Aufschwung aber noch deutlicher ausgefallen. Für dieses Jahr erwartet der GdW-Chef einen deutlicheren Anstieg der Gesamtinvestitionen um rund 14 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr erstmals seit dem Jahr 2000 die Zwölf-Milliarden-Marke überschreiten können“, erklärte Gedaschko.

Während die Baupreise (plus 27 Prozent) sich seit dem Jahr 2000 parallel zu den Lebenshaltungskosten (plus 25 Prozent) entwickelt hätten, seien politische Vorgaben zum Kostentreiber geworden. Der Quadratmeterpreis für ein Muster-Mehrfamilienhaus ist laut Gedaschko seit der Jahrtausendwende um insgesamt 871 Euro auf 3080 Euro gestiegen. „330 Euro davon gehen allein auf das Konto von Vorgaben und Anforderungen durch Bund, Länder und Kommunen“, klagte der Verbandschef. Dass die Investitionskosten für Energiesparmaßnahmen, die die von 2016 an geltende Energieeinsparverordnung vorschreibt, sich durch Einsparungen bei den Heizkosten gegenrechnen, hält er für ausgeschlossen.