Der Weiße Ring stellt einen alarmierenden Trend fest: Die Verletzungen der Menschen, die sich hilfesuchend an die Opferorganisation wenden, werden immer heftiger. Weiterhin müssen vor allem auch Opfer sexueller Gewalt und Betroffene von Einbrüchen unterstützt werden.

Stuttgart - Dafür, dass Opfer nicht allein bleiben, engagiert sich der Weiße Ring seit über vierzig Jahren. Am bundesweiten Tag der Kriminalitätsopfer wurde an Menschen erinnert, die sich nach einer Straftat unverschuldet in einer Ausnahmesituation befinden. „Die Art der Verletzungen sind anders geworden, viel extremer“, sagt der Landesvorsitzende der Organisation, Erwin Hetger.

 

Zusammenarbeit wird in Stuttgart großgeschrieben, wenn es um die Opferarbeit geht. Die Landeshauptstadt Stuttgart, das Polizeipräsidium und der Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart arbeiten Hand in Hand. „Die Stadt ist vielfach aktiv, etwa als Mitbegründer vom Haus des Jugendrechts oder Teil des Netzwerks Stark ohne Gewalt“, sagt Bürgermeister Martin Schairer. Polizeipräsident Franz Lutz hat jeden Tag mit Opfern von Verbrechen zu tun. „Wir schützen die Opfer auch, indem wir etwa für niedrige Einbruchsquoten sorgen, damit Opfer weniger werden.“

Klaus Thomas setzt sich mit seinem Verein Sicheres und Sauberes Stuttgart dafür ein, Verbrechen zu verhindern. „Oft sind es gar nicht die körperlichen Verletzungen sondern die psychischen. Eine Welt bricht zusammen, man fühlt sich nicht mehr sicher“, sagt der Vorsitzende. Die Unterstützung der Opfer von Verbrechen ist wichtig. Sie trifft der Angriff unvorbereitet. „Viele sehen keinen Ausweg, fühlen sich hilflos und alleine gelassen. Das Ziel des Weißen Rings ist es, den Menschen Orientierung zu geben und ihnen beizustehen. Am wichtigsten ist es, dass sie kein Sekundärtrauma erfahren, wenn sie erneut mit der Tat konfrontiert werden“, beschreibt Hetger die Arbeit der größten Opferhilfeeinrichtung mit rund 50 000 Mitgliedern in Deutschland und 5315 in Baden-Württemberg. Dabei bieten die ehrenamtlichen Mitarbeiter unkomplizierte Unterstützung an. Wo nötig, gibt es für Opfer auch eine materielle Soforthilfe. Im vergangenen Jahr gingen mehr als vier Millionen Euro an finanziellen Leistungen an die Opfer in Deutschland.

Die meisten sind Opfer sexueller Gewalt

Der Großteil der Opfer, die mit dem Weißen Ring in Kontakt treten sind von sexueller Gewalt betroffen, es folgen Opfer von Körperverletzungen und Wohnungseinbrüchen. „Die Art der Verletzungen hat sich dabei geändert. Die Brutalität nimmt zu. Wir haben es mit einer größeren Zahl von schwereren Verletzungen zu tun. Dadurch nimmt auch der Ballast für die Opfer zu“, weiß Hetger. Kümmert sich niemand um die psychischen Verletzungen, entstehen Narben und die sind noch viel schwerer zu heilen, kann der Landesvorsitzende des Weißen Rings aus Erfahrung berichten. „Der Opferschutz lohnt sich“, resümiert Bürgermeister Martin Schairer.

Im Rahmen einer Veranstaltung zum Tag der Kriminalitätsopfer wurde auch ein Wechsel in der Außenstellenleitung des Weißen Rings in der Landeshauptstadt bekannt gegeben. Der bisherige Außenstellenleiter, Jörg Hafner gibt aus Altersgründen die Leitung an Daniel Heuser, ein renommierter Opferanwalt und Jürgen Gruner aus dem Polizeipräsidium Stuttgart ab. „Ich bin seit Jahren in der Prävention tätig und kenne das System sehr gut. Ich habe zum Ziel, neue Mitglieder zu gewinnen. Wir sind in Stuttgart nur zu siebt, das ist zu wenig“, sagt Gruner.