Fast nirgendwo gehen weniger Schüler auf Ganztagsschulen als in Baden-Württemberg. Doch ist mehr Ganztag überhaupt besser? Die Meinungen darüber gehen weit auseinander.

Stuttgart - Baden-Württemberg hat einer Studie zufolge Defizite beim Ausbau von Ganztagsschulen. Dieser geht im Land nur schleichend voran, wie eine am Dienstag vorgestellte Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt. 23,7 Prozent der Schüler besuchten im Schuljahr 2015/2016 demnach eine Ganztagsschule. Damit landet der Südwesten im bundesweiten Vergleich auf dem vorletzten Platz. Zur Frage, wie mit diesem Ergebnis umzugehen ist, gibt es im Land unterschiedliche Meinungen.

 

Bundesweites Schlusslicht ist Bayern mit einem Schüleranteil von 16 Prozent. Zwar stieg der Anteil derer, die in Baden-Württemberg eine Ganztagsschule besuchten, seit 2010 stetig - mit jeweils ein bis zwei Prozentpunkten allerdings nur in sehr geringem Maße.

Sind die Annahmen der Bertelsmann-Stiftung überhaupt nachvollziehbar?

Die SPD-Fraktion forderte am Dienstag ein schlüssiges Finanzkonzept für den Ganztag und warf Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) vor, den Ausbau zu bremsen. „Es ist doch paradox, dass Frau Eisenmann den rhythmisierten Ganztag als besseres Angebot würdigt, den Ausbau nun aber bewusst verlangsamt“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefan Fulst-Blei. „Was soll denn das für eine Qualitätsoffensive sein?“

Eisenmann hält die Annahmen und Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung für nicht nachvollziehbar. Regionale Unterschiede und der Wunsch von Eltern nach flexiblen Betreuungsangeboten blieben unberücksichtigt. „Eines der zentralen politischen Ziele in dieser Legislatur ist, die Ganztagsschulen im Land quantitativ und qualitativ auszubauen“, betonte Eisenmann. „Bereits heute kommt das Land dem Wunsch nach Ganztagsschulen vor Ort bedarfsgerecht nach und bewilligt alle genehmigungsfähigen Anträge.“

Ganztagsschulen sind kein Garant für bessere Leistungen der Schüler

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sprach sich dafür aus, „die Schullandschaft passgenau auf die Situation vor Ort auszurichten“. Der Landesvorsitzende Gerhard Brand warnte jedoch davor, Ganztagsschulen als Garant für bessere Leistungen der Schüler anzusehen. „Bestes Beispiel hierfür ist Bayern. In der IQB-Bildungsstudie nimmt Bayern Spitzenplätze ein, beim Ausbau des Ganztags allerdings den letzten Platz.“