Die Zahl der Bewerber ist rekordverdächtig: Das Gymnasium ist als Schulart ist so beliebt, dass die Stadt sogar Außenstellen plant. Voll sind auch die G-9-Klassen und großen Andrang gibt es bei den Hochbegabtenzügen.

Stuttgart - Die Zahl der Bewerber an den städtischen Gymnasien ist erneut gestiegen: 2318 Viertklässler drängen in diese Schulart – 113 Schüler mehr als vor einem Jahr. An vier Standorten starten die Eingangsklassen fünfzügig – das ist ein Rekord in der Landeshauptstadt. Spitzenreiter ist das Fanny-Leicht-Gymnasium mit 156 Anmeldungen – das ist selbst für fünf Klassen zu viel, deshalb konnten dort nicht alle Bewerber aufgenommen werden. Stadtweit müssen sechs Klassen mehr als bisher untergebracht werden – das zieht sich dann bis zum Abitur durch. Doch der große Andrang stellt die Kommune auch vor Probleme. „Wir müssen darauf reagieren“, kündigt Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann an. „Wir werden das Thema Außenstellen angehen, auch in den Werkrealschulen gibt es Platz.“

 

Noch vor der Sommerpause will die Bürgermeisterin dem Gemeinderat ein Konzept für die Entwicklung der Gymnasien vorlegen. Aber für eine konkrete Planung brauche man verbindliche Anmeldezahlen „und eine konkrete Einschätzung über die Zahl der Sitzenbleiber“. Wie berichtet, gibt es Hinweise von Schulleitern sowie dem Philologenverband, dass sich diese Zahl seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung deutlich erhöhen könnte.

Bewerber von G 9 auf G 8 umgelenkt

Besondere Zugkraft hatten in Stuttgart die nunmehr drei G9-Gymnasien: Das Wilhelms-Gymnasium in Degerloch, das Leibniz-Gymnasium in Feuerbach und das Zeppelin-Gymnasium im Osten werden laut Auskunft des Regierungspräsidiums jeweils mit drei G9-Zügen und einem G8-Zug starten. Das Wilhelms-Gymnasium (WG) hätte mit seinen 99 Anmeldungen für G9 auch eine vierte Eingangsklasse für den langsameren Weg zum Abi bilden können. Denn, so der RP- Sprecher: „Wir haben allen G9-Gymnasien genügend Klassen zugewiesen.“ Doch dann hätte das WG die 19 Bewerber für G8 wegschicken müssen, was die Schule offenbar nicht wollte. Es sei dem Schulleiter gelungen, einige Familien von G9 auf G8 umzulenken. Einen Rechtsanspruch gibt es laut RP aber nicht – „weder auf einen G9-Platz noch auf ein bestimmtes Gymnasium“.

Auch am Leibniz-Gymnasium drängten 84 Viertklässler auf die neunjährigen Züge – aber nur zwölf ins G8. „Offen gestanden haben wir nicht mit diesem Andrang gerechnet“, sagt der Schulleiter Otto Fischer. Doch bei G8 seien noch ein paar Schüler dazugekommen – genügend, um eine fünfte Klasse zu bilden. Und durch den großen Abijahrgang, der nun ausscheide, reiche dieses und nächstes Jahr noch der Platz. „Dauerhaft können wir aber keine vier Eingangsklassen bilden.“

Gymnasium für musikalisch Hochbegabte

Eng wird es auch im Eberhard-Ludwigs-Gymnasium im Norden, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. 55 Kinder in drei fünften Klassen, das ist kein Versehen: Im Ebelu startet im nächsten Schuljahr erstmals das Musikgymnasium für musikalisch Hochbegabte. Rund 40 Anmeldungen gebe es, die meisten davon Quereinsteiger, berichtet Schulleiterin Karin Winkler. „Viele Eltern haben sehr darauf gewartet, denn so ein Angebot gibt es in Baden-Württemberg bisher nicht.“ Die Bewerber kämen sogar aus Polen (Marimba), Bad Rappenau (Harfe), Geislingen und Weimar. Allerdings sei erst im Februar, kurz vor den Anmeldungen, die offizielle Zusage vom Ministerium gekommen.

Die Käpsele vom Katzenstift

Für die Einstiegsklasse seien es bis jetzt nur zehn Anmeldungen – „diese Kinder haben die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule bereits bestanden“. Im Juni gebe es weitere Aufnahmeprüfungen. „Es fehlen uns noch Sänger und Bläser“, sagt Winkler. Auch baulich liefen die Vorbereitungen. „Wir warten dringend auf den Auszug des Abendgymnasiums.“ Der Gemeinderat müsse über einen Erweiterungsbau entscheiden, und neben Einzelübungsräumen brauchten die Kinder auch Schließfächer für ihre wertvollen Instrumente.

Großen Andrang gibt es auch bei den Hochbegabtenzügen – je einen gibt es im Karls-Gymnasium und im Königin-Katharina-Stift. In letzterem haben von 40 Bewerbern 33 den IQ-Test bestanden – „22 haben wir aufgenommen“, so der Schulleiter Christof Martin. Er habe den Familien zwar Marbach als Ausweichschule empfohlen, doch fast alle Käpsele seien beim Katzenstift nun eben in den Regelzügen gelandet. Dort müsse man genügend Platz für Sitzenbleiber berücksichtigen, das sei jetzt „etwas verschärfter“, so Martin. Denn im Halbjahr seien deutlich mehr Schüler als früher versetzungsgefährdet gewesen.

Seite 3: Die aktuellen Trends

Übertrittsverhalten: Das Gymnasium ist mit großem Abstand Spitzenreiter: 58,9 Prozent der Viertklässler  an städtischen Grundschulen wählten im März diese Schulart (im Vorjahr 54,5 Prozent). Auf die Realschule wechseln  26,6 Prozent (Vorjahr: 28,1 Prozent). Verlierer sind die Werkrealschulen: Nur noch 7,1 Prozent wollen dort hin (Vorjahr:  12,3 Prozent).

Modellversuch G8/G9: Drei Schulen dürfen nun in Stuttgart  auch den langsamen Weg zum Abitur anbieten – mit großer Resonanz. Am Wilhelms-Gymnasium gab es hierfür 99 Bewerber, am Leibniz-Gymnasium 84  und am Zeppelin-Gymnasium 86 Bewerber.

Musikgymnasium: Am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium gibt es 40 Anmeldungen – davon  zehn  für die fünfte Klasse. Doch die Schule will auch Quereinsteiger aufnehmen.