Die Schule soll nicht Austragungsort politischer Streitereien sein, sagen die Politiker einhellig. Doch geht es um einen Schulfrieden, also einen bildungspolitischen Kompromiss, werden viele Vorbedingungen für Gespräche formuliert.

Stuttgart - Die Gemeinden rufen dringend nach Frieden. Die Wirtschaft auch. Roger Kehle, der Präsident des Gemeindetags hatte beim jüngsten Kongress des Kultusministeriums unter großem Beifall Hunderter Bürgermeister die Politik zum Schulfrieden aufgerufen. „Wir brauchen eine Befriedung aller Landtagsparteien in der Bildungspolitik, erst dann werden wir wirklich vorankommen“.

 

Nils Schmid hat den Appell beim Parteitag der SPD aufgegriffen und die Vorsitzenden der Landtagsparteien zum Gespräch eingeladen. Das ist wenig aussichtsreich. Peter Hauk, der Vorsitzende der Landtagsfraktion stellt hohe Bedingungen. Gespräche könne es nur geben, wenn keine weiteren Gemeinschaftsschulen eingerichtet würden, wenn das Kultusministerium ein „voll umfassendes Schulbedarfsdeckungskonzept“ vorlege, wenn an den bestehenden Gemeinschaftsschulen eine differenzierte Bildungsstruktur eingeführt würde, wenn die Finanzen gleichmäßig auf alle Schularten verteilt würden und wenn die Realschulen und Gymnasien Bestandsschutz erhielten.

Von Verbundschulen hält die SPD nichts

„Die Schule“, sagt Hauk, „ist der falsche Platz für politische Kraftmeierei und Ideologiespielchen“. Nils Schmid kontert, „ein Schulfrieden gelingt nur, wenn sich die CDU aus den ideologischen Schützengräben heraus begibt“.

Claus Schmiedel umreißt nun gegenüber der Stuttgarter Zeitung die Positionen der Landtags-SPD. „Wir lassen nicht am Konzept der Gemeinschaftsschule rütteln“, betont der Fraktionschef. „Das Konzept wäre ad absurdum geführt, wenn verschiedene Züge eingeführt würden.“ Erst in Klasse neun oder zehn sollen die Schüler auf ein Niveau zusammengeführt werden. Dann werden sie entweder auf die Hauptschulprüfung oder den Realschulabschluss vorbereitet. Auch von Verbundschulen hält Schmiedel nichts. Die SPD sei nicht dafür zu haben, „rein organisatorisch zwei Schulen zusammen zu führen und unter einem Dach zwei getrennte Bildungswege anzubieten“. Er betonte jedoch, auch an Gemeinschaftsschulen könnten Kinder innerhalb der Kompetenzstufen gemeinsam unterrichtet werden. Die Zusammensetzung der Gruppen kann sich aber von Fach zu Fach ändern.

Die CDU -Forderung nach einem umfassenden Bedarfsdeckungskonzept hält Schmiedel für unerfüllbar. Er verweist auf die Unzuverlässigkeit statistischer Prognosen zu Schülerzahlen . „Wir können die Bedarfe nur zeitnah bei jeder Haushaltsberatung ermitteln.“

FDP hat keine Vorbedingungen

Einem Gespräch will sich auch der Fraktionschef nicht verweigern. Auch der SPD wäre geholfen, wenn die Grundsatzdebatten vom Tisch wären. Annäherung könnte über die Realschulen möglich sein. Eine Debatte über deren künftige Rolle hält Schmiedel durchaus für lohnend. Die Realschulen sollen künftig auch den Hauptschulabschluss anbieten. Gemeinsam könnte geklärt werden, wie der Umgang mit diesen beiden Kompetenzniveaus in einer Schule sinnvoll organisiert werden könnte. Zuerst müsse sich aber die CDU selbst einig werden, ätzt Schmiedel. Dort seien Kommunalpolitik, Partei und Fraktion unterschiedlicher Ansicht.

Es wäre viel geholfen, meint Schmiedel, wenn die Parteien noch vor der Winterpause den Rahmen der Gespräche abstecken könnten, auch Eltern und Kommunalvertreter sollten dabei sein. „Dann könnte man zu Beginn des neuen Jahres einen Knopf dran machen“. Zum Jahresende hat auch die CDU-Fraktion ihr Konzept zum Schulsystem angekündigt. Die FDP will keine Vorbedingungen für ein Gespräch nennen. Jedoch werde die Opposition nicht rückwirkend alle Entscheidungen der Regierung absegnen.


Schulfrieden
– Der Begriff wurde in Nordrhein-Westfalen geprägt. Dort kamen vor gut zwei Jahren die damals rot-grüne Minderheitsregierung und die oppositionelle CDU überein, die Schule zwölf Jahre aus den politischen Streitereien herauszuhalten. Hauptpunkt des Kompromisses in Nordrhein-Westfalen ist, dass die Kommunen weitgehend entscheiden können, welche Schulform sie haben wollen.

Länder –
Auch in anderen Ländern gab und gibt es Bestrebungen nach einem Schulfrieden, etwa in Hessen oder in Schleswig-Holstein. Dort kam man aber nicht zu Potte.