Die Minister Helmut Rau und Marion Schick haben viele Feuer auszutreten. Das Hauptaugenmerk liegt inzwischen auf der frühkindlichen Bildung.

Stuttgart - "Bildungspolitik ist und bleibt das Herzstück der Landespolitik", sagte der Ministerpräsident Stefan Mappus jüngst bei der Bildungsmesse, und Günther Oettinger hätte es genauso sagen können. Bildung ist das Politikfeld, auf dem sich seit 2006 viel bewegt hat. Ob in die richtige Richtung, darüber streiten Regierung und Opposition zum Teil erbittert. Bildung lässt sich das Land einiges kosten. Obwohl die Schülerzahlen sinken, beschäftigt das Land so viele Lehrer wie nie, betont die Kultusministerin Marion Schick. Im Jahr 2008 haben Oettinger und Kultusminister Helmut Rau die Qualitätsoffensive Bildung vorgestellt, die bis 2012 zusätzlich 530 Millionen Euro ins Bildungssystem pumpt. Damals war der Protest der Eltern auf einem Höhepunkt. In Hessen hatte die CDU die Wahl verloren, auch wegen Bildungsthemen. Ein Kernstück der Offensive ist, dass die Klassen auf 28 Schüler begrenzt werden.

 

Im aktuellen Schuljahr ging die umstrittene Werkrealschule an den Start. Für die Regierung ist sie ein Weg, die mittlere Reife in die Fläche zu bringen, für die Opposition ein neuer zum Scheitern verurteilter Versuch, die Hauptschule zu retten, der die Schüler davonlaufen.

An Gymnasien war es nicht ruhiger. Im Jahr 2012 verabschieden sich die letzten Gymnasiasten im Land nach dreizehnjähriger Regelschulzeit. Dann gibt es nur noch achtjährige Gymnasien. Sie wurden 2004 flächendeckend eingeführt. Die Eltern begehrten gegen die Belastung besonders der Fünft- und Sechstklässler auf. Das mündete ebenfalls 2008 in die Qualitätsoffensive Gymnasium.

2012 streben zwei Abiturientenjahrgänge an die Hochschulen

Seither können auch Gymnasien Ganztagsschulen werden. Sie wurden verpflichtet, vor allem in den unteren Klassen Hausaufgabenbetreuung anzubieten, dafür machte das Land 5,3 Millionen Euro locker. An Tagen mit Nachmittagsunterricht dürfen keine Hausaufgaben mehr gegeben werden. Auch der Stoff wurde durchforstet, offenbar jedoch nicht sorgfältig genug. Marion Schick, seit Februar 2010 im Amt, kündigte weitere Nachbesserungen an. Nicht zuletzt, um vor der Wahl erneute Proteste zu entschärfen.

Unerschütterlich hält die CDU am dreigliedrigen Schulsystem fest. Daran hat auch der Aufstand der oberschwäbischen Hauptschulrebellen im Jahr 2007 nichts geändert. CDU und FDP beschwören die Durchlässigkeit des Systems mit der Devise "kein Abschluss ohne Anschluss" und loben die beruflichen Gymnasien. Doch bringt sie ins Schlingern, dass zahlreiche Absolventen mit mittlerem Abschluss dort keinen Platz bekommen. Für das nächste Schuljahr sind weitere 100 Klassen an beruflichen Gymnasien versprochen. Zu wenig, sagt die Opposition.

Nachlegen muss die Regierung auch beim Ausbauprogramm für die Hochschulen. Wenn 2012 zwei Abiturientenjahrgänge an die Hochschulen streben, soll niemand in die Röhre gucken. Zunächst plante Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) mit 16000 zusätzlichen Plätzen für Studienanfänger. Jetzt sollen es 20000 werden. 18500 sind derzeit beschlossen, 11500 eingerichtet.

Die Kleinsten so schnell wie möglich fördern

Das Hauptaugenmerk der Regierung liegt jedoch inzwischen auf der frühkindlichen Bildung. "Wir werden die Kleinsten so früh wie möglich fördern, um sie mit den besten Startchancen auszustatten", verspricht Marion Schick. Der Orientierungsplan zur Bildung im Kindergarten hat es wegen ungeklärter Finanzierung allerdings nicht zur verbindlichen Einführung geschafft. Die Kultusministerin sieht die Zukunft im Bildungshaus.

Nach Vorläufern in Ulm und Bad Wurzach begann die wissenschaftlich begleitete Testreihe 2007 mit 33 Einrichtungen, in denen Grundschule und Kindergarten eng zusammenarbeiten und der Übergang in die Schule möglichst fließend erfolgen soll. Im Herbst sollen es an die 200 Bildungshäuser werden. Nichts für die Fläche, sagt die Opposition, die Regierung hält dagegen, das rette in kleinen Orten den Grundschulstandort.

Nachholbedarf gesteht die Regierung selbst ein bei der Förderung von Kindern aus bildungsfernen Schichten und aus Einwandererfamilien. Das Konzept steht noch aus. Auch ist keine durchschlagende Offensive in Sicht, die den Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg lockert, der in Baden-Württemberg im Ländervergleich mit am höchsten ist.