Die Hohenheimer Pflanzenexpertin Iris Lewandowski referiert beim Wissensforum im Stuttgarter Rathaus über Chancen und Grenzen der Nutzung von Energiepflanzen. „Bioenergie ist nicht nur Biogasmais“, sagt sie.

Stuttgart - Die Bioenergie ist ins Gerede gekommen. Wichtige Kritikpunkte sind unter anderem die Konkurrenz zu Nahrungsmitteln – Stichwort Tank oder Teller? –, die Rodung von Urwaldflächen etwa für Palmölplantagen oder der hierzulande praktizierte großflächige Anbau von Mais zur Produktion von Biogas. „Aber Bioenergie ist nicht nur Biogasmais“, gibt Iris Lewandowski zu bedenken. Die Professorin, die am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften der Uni Hohenheim das Fachgebiet Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen leitet, referierte jetzt im Rahmen der Reihe „Wissensforum Rathaus“ in Stuttgart zum Thema „Bioenergie: Chancen und Grenzen“.

 

Als Expertin für Pflanzenbau sieht sie natürlich die großen Vorteile, die der Maisanbau für die Bauern bringt: Mit 350 Gigajoule pro Hektar und Jahr liefert Mais bei der Biogasproduktion mehr Energie als jede andere der üblichen Kulturpflanzen hierzulande – „also eine hohe Effizienz bei guten Kosten“, wie es Lewandowski formuliert. Die Biodiesel-Pflanze Raps dagegen bringe nur etwa 60 Gigajoule pro Hektar und Jahr, und müsse dabei bis zu zwölfmal im Jahr gespritzt werden. Daher steht die Forscherin – wie viele Naturschützer auch – dem intensiven Rapsanbau für die Produktion von Biodiesel kritisch gegenüber. Dagegen hat sie wenig gegen die Nutzung von Weizen für die Ethanolproduktion einzuwenden – unter der Voraussetzung, dass der Weizen lokal produziert und nicht vom Weltmarkt abgezogen werde, also er tatsächlich als Nahrungsmittel fehle. Nicht zu rechtfertigen sei es aber, wenn für Palmölplantagen Regenwald gerodet oder Moorflächen umgewidmet werden.

Differenzierte Betrachtungsweise

Es ist die differenzierte Betrachtungsweise, die sich wie ein roter Faden durch Lewandowskis Vortrag zieht. Inzwischen ist es das erklärte Ziel der Bioenergieforscher, nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln zu treten. Daher arbeiten sie auch intensiv daran, mit den sogenannten Energiepflanzen der zweiten Generation weg von Nahrungspflanzen wie Weizen, Mais und Zuckerrüben – also den Energiepflanzen der ersten Generation – zu kommen.

Zu den künftigen Energiepflanzen zählen biomassereiche Pflanzen etwa der Gattung Miscanthus, zu denen Chinaschilf gehört. Auch der Anbau von Weiden in Plantagen, die alle paar Jahre geerntet werden, ist eine Option. Solche Pflanzen können künftig als feste Brennstoffe zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt werden. Für die Biogasproduktion kommen in Zukunft Mischungen aus Wildpflanzen in Betracht oder Gewächse wie die Durchwachsene Silphie, ein aus Nordamerika stammender, zwei Meter hoher Korbblütler.

Landnutzung muss effizienter werden

Bis Energiepflanzen der zweiten Generation, aber auch künftige neue Verwertungsformen wie die effiziente Vergasung von Holz im Alltag ein Rolle spielen, „werden aber noch mindestens zehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre vergehen“, prophezeit Lewandowski. Umso wichtiger ist es, die schon jetzt bestehenden Potenziale für die Bioenergie optimal zu nutzen oder sogar noch umweltverträglich auszubauen.

Hier sieht die Pflanzenexpertin durchaus noch Möglichkeiten, etwa bei einer effizienteren Landnutzung. So erinnert sie daran, dass drei Viertel aller Agrarprodukte an Tiere verfüttert würden – und stellt die provokante Frage: „Wie effizient produzieren wir Fleisch?“ Und wenn Agrarland in der Vergangenheit im Zuge der europaweiten Stilllegungspläne zur Eindämmung der Butterberge und anderer Produktionsüberschüsse aus der Nutzung genommen werde, dann könne man solche Flächen auch für den Anbau von Energiepflanzen wie etwa Weizen einsetzen. Auch die Verarbeitung von Biomasse ließe sich noch optimieren. So sollten unbedingt die Strom- und Wärmeproduktion gekoppelt werden. Die einfachste Möglichkeit dazu wäre, Biomasse in bestehenden Kohlekraftwerken mitzuverfeuern – 10 bis 15 Prozent seien dabei möglich, betont Lewandowski.

Das Fazit des Vortrags: ökologisch wie ökonomisch am sinnvollsten ist es, Wärme und Strom aus ertragreichen Pflanzen zu produzieren, die mehrjährig sind, keine Konkurrenz zu Nahrungspflanzen darstellen und wenig Pflege und Düngung erfordern. Genau daran arbeiten die Forscher.