Das Göppinger Landratsamt hält die Einführung des Biobeutels drei Wochen nach dem Start für geglückt. Doch die Kritik reißt nicht ab. Selbst der Göppinger Oberbürgermeister Till hält nichts von dem neuen System.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Trotz anhaltender Kritik sind die Verantwortlichen beim Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises zufrieden mit dem Start der Bioabfallsammlung im Kreis Göppingen. Seit der Einführung des neuen Systems zum 1. Juli habe sich die eingesammelte Menge kontinuierlich gesteigert, sagte der Erste Landesbeamte und Landrat-Stellvertreter Jochen Heinz bei einer Aktuellen Stunde im Göppinger Gemeinderat. Offensichtlich stellten mittlerweile auch diejenigen ihre blauen Biobeutel an den Straßenrand, die der Sammlung zunächst skeptisch gegenüber gestanden hätten.

 

Nur zwei Ladungen Müll im ganzen Kreis

Die bei den Vergärungsanlagen in Geislingen-Türkheim und Ebersbach angelieferte Biomüllmenge habe in der ersten Woche 4,8 Tonnen betragen. Dies habe sich in der zweiten Woche auf 22,3 und dann auf 37,4 Tonnen gesteigert. „Die Abfuhr funktioniert immer besser“, sagte Heinz. Der Oberbürgermeister Guido Till erklärte hingegen, er halte das System für nicht ausgegoren. „37 Tonnen sind gerade mal zwei Müllwagen voll.“ Das sei in Anbetracht eines gesamten Landkreises eine Minimalmenge. Die Frage sei doch, ob hier etwas von der Bevölkerung verlangt werde, „weil es vorgeschrieben ist oder weil es Sinn macht.“ Er sehe durch die vielen ablehnenden Reaktionen in der Bürgerschaft seine anfänglichen Vorbehalte bestätigt und bekannte, dass er selbst bei sich zu Hause keinen Biomüll getrennt zur Abholung bereit stellen werde. Wie dies seine Frau handhabt, sagte er nicht.

Zuvor hatte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Jan Tielesch, auf den verbreiteten Unmut in der Bevölkerung hingewiesen. Die Abfuhrtage seien „Festtage für Ratten, Marder und Füchse.“ Es sei unverständlich, warum die Göppinger ihren Biomüll nicht wie 75 Prozent aller anderen Menschen in Baden-Württemberg in einer Biotonne sammeln würden. „Es stinkt erbärmlich“, sagte der Freie-Wähler-Stadtrat Emil Frick und warnte Heinz: „Ihre Strategie bringt den Biobeutel zum Platzen.“

Spott für CDU und Freie Wähler

Innerhalb der anderen Fraktionen riefen diese Äußerungen teilweise Spott hervor. Im Kreistag seien es ja gerade die Vertreter von CDU und Freien Wählern gewesen, die sich vehement gegen die Biotonne gewehrt hätten, sagte Michael Grebner (SPD). „Was können wir dafür, wenn bei der CDU zwischen der Gemeinderats- und der Kreistagsfraktion die Kommunikation nicht stimmt?“, fragte Michael Freche (Piraten). Eva Epple (Grüne) gewährte derweil einen Einblick auf ihren Kompost. „Wir haben dort schon Blindschleichen und Igel begrüßt.“ Gefährlichere Tiere hätten sich aber nie blicken lassen.

An den OB gerichtet erkundigte sie sich, „ob ich das richtig verstanden habe, dass Sie dafür eintreten, gesetzliche Vorschriften nicht einzuhalten?“ Tatsächlich kommt der AWB mit der Einführung des Biobeutels lediglich den Vorgaben des Abfallwirtschaftsgesetzes des Bundes nach – und zwar mit einiger Verspätung. Im Anbetracht dieser Rechtslage und des Umstands, dass die Müllentsorgung in Kreiskompetenz liegt, bekannte der SPD-Fraktionssprecher Armin Roos, dass sich ihm „schon die Frage nach der Produktivität dieser Stunde“ stelle. Am Ende hatte der Gemeinderat sogar fast anderthalb Stunden über den Biobeutel diskutiert.

Verurteilt zu sechs Jahren Beutel

Allerdings dürfte das Thema auch in der Bevölkerung noch einige Zeit weiter gären. „Wir nehmen die Kritik nicht auf die leichte Schulter“, versicherte Heinz und verwies auf die Hotline des AWB. Beschwerden über beschädigte Mülltüten durch Tierverbiss seien dort übrigens in der Minderheit. Ohnehin, so Heinz, könne es ein baldi- ges Umschwenken auf die Biotonne nicht geben. Durch den Vertrag mit dem Abfuhrunternehmen sei der AWB auf sechs Jahre an das Beutelsystem gebunden.