Die Fokussierung auf den Protz des Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst trägt heuchlerische Züge, meint Paul Kreiner. Auch andernorts wird in der katholischen Kirche nicht gerade gespart.

Rom - Da ist einem Mann die Bischofswürde über den Kopf gewachsen. Das gibt’s; das hat’s immer gegeben – so traurig es sein mag und so verheerend für das Ansehen der Kirche. Auch Bischöfe sind nur Menschen. Wenn sie im Kirchenrecht lesen, dass sie ihr Amt einer „göttlichen Einsetzung durch den Heiligen Geist“ verdanken und dass sie in ihrer Diözese „die ganze, ordentliche, eigenberechtigte und unmittelbare Gewalt“ innehaben, dann kann bei manchem das Selbstbewusstsein durchaus auf Abwege geraten.

 

Vielleicht ist so mancher auch zu jung für diese Last: 53 Jahre zählt Franz-Peter Tebartz-van Elst. Womöglich war es auch „nur“ ein grandioser religiöser Ästhetizismus, wie er seit Jahrhunderten unter dem Motto „Für Gott nur das Beste“ die glänzendsten Kunst- und Bauwerke hervorgebracht hatte, und den sich der Limburger Bischof in übersteigerter Weise nun auch auf seine irdische Residenz anzuwenden verpflichtet sah. Ist er „ein raffinierter Betrüger oder krank“, wie es jetzt in Limburg heißt? Das alles müssen die Untersuchungen noch klären. Fest steht: als Tebartz-van Elst 2007 vom kleinen Münsteraner Weihbischof auf den Stuhl von Limburg befördert wurde, lag gegen ihn nichts vor, auch kein Hinweis auf eine unzureichende Persönlichkeitsstruktur. Heute stellt sich die Situation anders dar.

Die Aufregung ist berechtigt

Natürlich passt die Prasserei in Limburg überhaupt nicht zu dem, was Papst Franziskus in Rom über eine „arme Kirche“ predigt. Die Aufregung ist berechtigt. Allein die Fokussierung auf Tebartz-van Elst trägt heuchlerische Züge. Weshalb erregt sich niemand über den auch körperlich viel robusteren Münchner Kardinal Reinhard Marx, dessen Erzbistum für zehn Millionen Euro in Rom ein „Gästehaus“ erworben hat – und der ganz selbstverständlich in jenem exklusiven Achter-Rat sitzen bleibt, mit dem Papst Franziskus die Kirche reformieren will?

Die Geschichte der 31 Millionen Euro teuren Limburger Residenz ist zwar höchst dubios. Die Baukosten haben sich vom ersten Entwurf bis heute auf den fünfzehnfachen Betrag erhöht. In absoluten Zahlen jedoch hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart soeben für die Renovierung ihres Ordinariats noch acht Millionen Euro mehr ausgegeben. Das mag architektonisch, denkmalschützerisch, funktionstechnisch berechtigt sein; angesichts der ursprünglichen Schätzung von 36,5 Millionen Euro liegt die Summe sogar im Bereich des Erwartbaren. Aber 39 Millionen sind 39 Millionen.

Deutsche Kirche, reiche Kirche

Die deutsche Kirche ist eine reiche Kirche. „Wir tun ja auch viel für die Menschen“, sagt sie immer zur Rechtfertigung. Und das stimmt. Ganz abgesehen vom vielfältigen sozialen Engagement in Deutschland selbst stellt der Verband der deutschen Diözesen pro Jahr knapp die Hälfte seines Etats – zuletzt 64 Millionen Euro – für Missions- und Sozialprojekte in der Dritten Welt zur Verfügung.

Öffentliche Mittel, vor allem aber Spenden der Gläubigen machen zusätzlich möglich, dass katholische Hilfswerke und Ordensgemeinschaften pro Jahr weitere 400 Millionen Euro für Entwicklungsarbeit auf der Südhalbkugel und in Osteuropa ausschütten können. Es gibt viele Diözesen und viele Menschen in der Dritten Welt, für die eine „arme“ Kirche in Deutschland finanziell lebensbedrohlich wäre.

Und was die Bauwerke betrifft: „arm“ heißt gewiss nicht „schäbig“. So manche fürsterzbischöfliche Residenz aus Barockzeiten gehört heute nicht nur zur Lust, sondern auch zur geschichtlichen Last der Kirche. Nur ist mancherorts das Maß, diese alte Kardinaltugend, verloren gegangen. Die katholische Kirche in Deutschland ist generell allzu selbstsicher geworden, womöglich „im Guten verhärtet“, wie ein alter Klerikerspott lautet. Es wird höchste Zeit, die Dinge neu auszubalancieren. Denn das Unbehagen wächst.