Viele Postgänger kennen dieses Bild: Vor ihnen tut sich eine Schlange auf. In letzter Zeit häufen sich deshalb die Beschwerden. Was die Post dazu sagt?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Samstags um 10 Uhr in der Postfiliale an der Bolzstraße in der Innenstadt. Ein Kunde nach dem anderen kommt in die Geschäftsräume im Königsbau: Pakete abholen, abgeben oder Fragen zum Postbankkonto. Drei Schalter sind besetzt, die Mitarbeiter geben sich sichtlich Mühe, die vielen Menschen so schnell wie möglich zu bedienen. Doch trotzdem hört man immer wieder Stöhngeräusche oder leises Gejammer von den Wartenden. „Es ist jeden Samstag das Gleiche“, murrt Beram Özkur. Der 54-Jährige wohnt ganz in der Nähe und kommt häufiger samstags in die Filiale. Unterdessen rügt sich Emilia Weiß (60) selbst: „Ich muss mir wirklich angewöhnen, künftig meine Pakete unter der Woche abzuholen.“

 

Doch nicht nur in Stuttgart-Mitte, auch im Süden sollen die Postfilialen überlaufen sein. Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Mitte ist, aber im Süden wohnt, hat die langen Wartezeiten am eigenen Leib erlebt: „Ich musste an der Böblinger Straße 36 einmal 40 Minuten auf ein Paket warten“, berichtet sie. Für ältere Menschen sei dies unzumutbar: „Man kann sich nirgendwo abstützen.“ Für klassische Arbeitnehmer sei es generell nahezu unmöglich, ein Paket abzuholen. „Die Öffnungszeiten sind zu kurz, die Schalter häufig viel zu dünn besetzt.“ Zudem kritisiert sie die fehlende Möglichkeit, an Briefmarkenautomaten Rückgeld zu bekommen – stattdessen erhalte man etwa Briefmarken im Wert von zwei Cent. Kienzle geht noch weiter: „Die Post ist auf einem Nullpunkt der Kundenfreundlichkeit und des Service angekommen.“

Der Bezirksvorsteher aus dem Süden, Raiko Grieb, hat sich damit ebenfalls schon befasst: „Auch bei mir kommen Bürgerbeschwerden an, dass es abends, freitags und samstags vermehrt zu langen Wartezeiten an der Filiale an der Böblinger Straße kommt.“ Daraufhin habe er mit dem Politikbeauftragten der Post, Wolfgang Englert, Kontakt aufgenommen. „Baulich kann man in der Filiale wenig machen“, weiß er nun. „Das Aufkommen hat sich durch die Internetbestellungen in den letzten Jahren stark vergrößert.“ Künftig sollten aber mehr Kunden auf andere Filialen gelotst werden, um ihre Pakete abzuholen. „Man muss sehen, dass stark frequentierte Postfilialen entlastet werden“, sagt Grieb. Generell sei es aber ein gutes Zeichen, dass die Post so schnell auf dieses Anliegen reagiere. Auch von den Bezirksvorstehern aus den anderen Bezirken der Stadt hört man wenig Kritik: „Dass es zu den Stoßzeiten zu Wartezeiten kommt, ist völlig normal“, sagt etwa Reinhard Möhrle, Bezirksvorsteher in S-West. Bei ihm würden nicht auffällig viele Beschwerden ankommen.

Es gibt 211 Stellen, an denen man Pakete aufgeben kann

Wartezeiten von 40 Minuten hält Hugo Gimber, Pressesprecher der Post in Stuttgart, für unvorstellbar. Sofort schlägt er einen gemeinsamen Besuch in der Postfiliale im Süden vor. An dem Montagabend ist es nicht leer, doch dadurch, dass alle drei Schalter geöffnet sind, werden die Kunden schnell bedient. „Eine derartig lange Wartezeit kann nur vorgekommen sein, als viele Postmitarbeiter von der Grippewelle befallen waren und deshalb weniger Schalter besetzt werden konnten“, sagt Gimber. Auch das System eines zentralen Wartepunktes für alle Bedientheken habe sich bewährt. „So verteilen sich die Wartezeiten gerecht.“ In Stuttgart gebe es 206 Anlaufstellen, an denen Kunden Brief- und Paketmarken kaufen können, und 211 Stellen, an denen sie Päckchen und Pakete einliefern können. Viele davon haben bis in die späten Abendstunden geöffnet, einige auch sonntags wie die Filiale im Hauptbahnhof. „Nie zuvor gab es in Stuttgart mehr Anlaufstellen“, sagt Gimber. Dies hänge vor allem mit dem wachsenden Onlinehandel zusammen.

Arbeitnehmern, die sich schwer tun, innerhalb der Öffnungszeiten ein Pakt abzuholen, empfiehlt Gimber Alternativen: „Wir haben 15 Paketboxen und 30 Packstationen in Stuttgart“, sagt er. Außerdem böte sich gelegentlich auch der sogenannte Garagenvertrag an, bei dem der ausliefernde Postbote ein Paket an einen vorher vereinbarten Platz lege, wenn er niemanden vor Ort eintreffe. Ebenso könne man Nachbarn oder bestimmte Filialen angeben, wo Pakete hinterlegt werden sollen. Bei den Briefmarkenautomaten handele es sich um ein finanzielles Thema: „Es wäre sehr viel teurer, wenn die Automaten Geld zurückgeben könnten“, sagt Gimber. Schon jetzt rentierten sich die Automaten nicht: „Letztens haben wir in Sillenbuch einen abgebaut, weil er kaum genutzt wurde.“