Zwei Blitzersäulen machen an der Partymeile seit einem Jahr Rasern das Leben schwer. Die Verkehrsüberwachung meldet von dort rekordverdächtige Werte.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Blitzer am Schattenring müssen ihren Spitzenplatz abgeben. Im vergangenen Jahr hat es an der Theodor-Heuss-Straße und der Friedrichstraße deutlich öfter geblitzt als an der Einfallstraße in den Stuttgarter Süden. 78 543- mal lösten die Säulen in der Stadtmitte bis Jahresende 2016 aus, seit sie Ende Mai 2016 in Betrieb genommen wurden. In diesem Jahr geht es geradeso weiter: Bereits 34 563-mal haben die Säulen in der City in den ersten vier Monaten ausgelöst.

 

Auch bei der Anzahl der eingezogenen Führerscheine liegen die Geräte an der Partymeile vorn: 417 Temposünder mussten vergangenes Jahr ihre Fahrerlaubnis abgeben, weil sie dort zu schnell waren. Weitere 159 hat es 2017 bisher an der Theo erwischt, macht zusammen 576. Tagsüber bedeutet zu schnell an dieser Stelle, mehr als Tempo 50 auf dem Tacho zu haben. Ab 22 Uhr reicht es, mehr als 30 Kilometer pro Stunde schnell gefahren zu sein, um geblitzt zu werden. Der Führerschein ist weg, wenn man 30 Kilometer pro Stunde über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fährt.

An der Cannstatter Straße setzt der Gewöhnungseffekt ein

Die Blitzer ließ die Stadt vor einem Jahr aufstellen, um die Raser- und Poserszene zu beruhigen. Immer wieder waren die Theodor-Heuss- und die Friedrichstraße Schauplatz für aufgemotzte Boliden gewesen. Nachdem im Herbst 2015 Passanten am Rande der Strecke verletzt worden waren, als ein Wagen ausbrach und auf den Gehweg geriet, wurde testweise das nächtliche Tempolimit verhängt.

Im Technischen Ausschuss des Gemeinderats herrschte am Dienstag Einigkeit, dass die zwei Blitzer in Betrieb bleiben sollen. „Wenn wir aufhören, kommen die Poser wieder“, sagte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) nach der Präsentation der Zahlen.

Dabei hat die Bilanz nach einem Jahr eine Überraschung parat, mit der auch Joachim Elser, der Chef der Verkehrsüberwachung, nicht gerechnet hätte: Von den 78 543 im Jahr 2016 gemessenen Verstößen wurden 31 391 tagsüber erfasst, wenn dort Tempo 50 herrscht. „Das erstaunt uns, aber es belegt, wie berechtigt die Anlagen sind“, kommentiert Joachim Elser diese Quote von rund 40 Prozent.

Die Blitzer sind für Claudia Rohde, die Chefin der Verkehrspolizei, eine gute Ergänzung der polizeilichen Arbeit: „Wir haben zusammen mit der Stadt hier ein ganzes Maßnahmenkonzept erstellt, das seine Wirkung hat“, sagte die Polizeidirektorin. „Die Maßnahmen sind erfolgreich. Die Szene ist eingedämmt“, fügte sie hinzu. Jedoch sei es unrealistisch zu denken, dass sich die Tunerszene komplett aus der Stadt zurückziehen werde. „Wir werden es immer mit solchen Fahrern zu tun haben, die sich mit ihren getunten Autos präsentieren wollen“, sagte Claudia Rohde.

Die Polizei halte daher weiterhin den Kontrolldruck hoch. Dazu zählten auch mobile Geschwindigkeitskontrollen an den Einfallstraßen in die Landeshauptstadt – dort, wo keine stationären Blitzer stehen.

Die Ein- und Ausfallstraßen haben traditionell auch eine hohe Quote bei den Verstößen. So liegt der Schattenring mit 60 000 geblitzten Autos auf Platz zwei. Immerhin 122 Kilometer pro Stunde hatte hier der schnellste Raser auf dem Tacho. Als die Säulen an dem Kreisverkehr an der Bundesstraße 14 neu waren, zählte die Verkehrsüberwachung dort im Jahr 2014 mehr als 80 000 Verstöße.

Ebenso wie der Rückgang der Tempoüberschreitungen dort sind auch die Zahlen von der Cannstatter Straße Belege dafür, dass bei den Autofahrern eine Gewöhnung einsetzt: 22 889 Geschwindigkeitsverstöße dort im vergangenen Jahr sind deutlich weniger als noch vor drei Jahren: 39 000 Autofahrer waren dort im Jahr 2013 geblitzt worden. „Im Schnitt dauert es zwei bis drei Jahre, bis die Gewöhnung einsetzt“, sagte Elser von der Verkehrsüberwachung. Rekordverdächtig ist die Straße aber weiterhin in anderer Hinsicht: Hier wurde mit Tempo 146 einer der höchsten Werte gemessen. Auf immerhin Tempo 97 brachte es ein Autofahrer auf der Theo – wohlgemerkt nachts, wenn dort Tempo 30 gilt.