In einer ruhigen Wohngegend werden die Nachbarn durch einen lauten Streit aufgeschreckt. Sie schlagen Alarm. Die Polizei findet eine tote 61-jährige Frau, ihre schwer verletzte Tochter, und den Mann, der die Tat später einräumt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Eine Frau tot, die andere lebensgefährlich verletzt, der Täter noch in der Wohnung: dieses schreckliche Bild hat sich in der Nacht zum Donnerstag den Polizisten geboten, die als erste am Tatort in der Schellbergstraße im Stuttgarter Osten waren. In einem Mehrfamilienhaus soll ein 31 Jahre alter Mann seine gleichaltrige Freundin und deren Mutter niedergestochen haben. Die 61-Jährige erlag den Verletzungen. Die Tochter konnte gerettet werden, die Polizei stufte ihre Verletzungen jedoch als lebensgefährlich ein.

 

Am Donnerstagnachmittag kam die Entwarnung: Der Zustand der Frau sei stabil. Beide hatten Stichverletzungen und waren blutüberströmt. Der Mann hat am Donnerstag in einer ersten Vernehmung die Tat gestanden. Jedoch habe er sich weder zu seinen Motiven noch zu den Gründen für den Streit geäußert, sagte der Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Daher sei auch noch unklar, wen er zuerst angegriffen habe – ob eine der Frauen in die Quere kam und deswegen verletzt wurde, als er die andere angriff, oder ob er bewusst auf beide losgegangen sein könnte, ist also noch offen. Auch sei noch nicht geklärt, ob er seine Tatwaffe im Haus fand oder mitgebracht hatte. Die 61-Jährige war Psychologin und hatte ihre Praxis im selben Haus, die sie mit einer Kollegin betrieb. Die Tochter soll ebenfalls Akademikerin sein.

Lauter Streit in ruhiger Gegend schreckt Nachbarn auf

Die Schellbergstraße ist eine gediegene Wohngegend mit Ein- und Mehrfamilienhäusern. Mit der Ruhe war es am Mittwochabend vorbei, als die Nachbarn einen lautstarken Streit in der Wohnung der 61-jährigen Psychologin hörten. Sie verständigten die Polizei. Die Zeugen wohnen in dem selben Haus. Die Auseinandersetzung spielte sich im zweiten Obergeschoss ab. Die Nachbarn verständigten gegen 22 Uhr die Polizei. Als die Einsatzkräfte eintrafen, war der Streit eskaliert – und für die 61-Jährige kam jede Hilfe zu spät.

Für die Polizei ist der 31-Jährige bisher nicht in Sachen häuslicher Gewalt aktenkundig. Er war für die Polizei jedoch kein Unbekannter. Unter anderem mit Körperverletzung und Hehlerei soll er in der Vergangenheit schon aufgefallen sein. Er wohnt im Rems-Murr-Kreis. Wie lange er und die 31-jährige Tochter liiert gewesen waren, ist nicht bekannt. Der geständige Tatverdächtige kam am Donnerstag vor einen Haftrichter, der einen Haftbefehl gegen den Mann erließ.

Die Bluttat im Osten ist das erste Tötungsdelikt, das in diesem Jahr in der Landeshauptstadt geschah. Im vergangen Jahr waren es zwei Taten. In Riedenberg ereignete sich ebenfalls ein Familiendrama: Ein 52-jähriger Mann brachte seine 43 Jahre alte Ehefrau und seinen 16-jährigen Sohn in der gemeinsamen Wohnung um. Er räumte die Tat ein. Großes Aufsehen zog der Mord auf dem Pragfriedhof im vergangenen September auf sich: Eine Frau, die dort erschlagen worden war, wurde morgens zwischen Gräbern liegend entdeckt. Noch am selben Tag nahm die Polizei einen Tatverdächtigen fest. Gegen den Tatverdächtigen läuft zurzeit das Verfahren am Stuttgarter Landgericht. Er bestreitet, die Frau getötet zu haben.