Sigmar Gabriel kritisiert in der BND-Affäre offen die Kanzlerin. Das will die CDU nicht auf sich sitzen lassen - der Ton zwischen den Koalitionspartnern wird schärfer.

Berlin - Die BND/NSA-Affäre sorgt für zunehmend gereiztere Töne in der schwarz-roten Regierungskoalition. Mehrere Unionspolitiker riefen die SPD zur Sachlichkeit auf, nachdem deren Vorsitzender Sigmar Gabriel den bisherigen Umgang mit der Affäre in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert und eine rückhaltlose Aufklärung verlangt hatte. Dabei berichtete er auch aus Gesprächen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese habe zweimal verneint, dass der BND einen Beitrag zur Wirtschaftsspionage durch den US-Geheimdienst NSA geleistet habe.

 

„Zur Dramatisierung der Diskussion besteht kein Anlass“, sagte nun der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl (CDU) „Spiegel Online“. Der Bundesinnenminister habe erklärt, dass er das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestag an diesem Mittwoch informieren werde. „Dies sollte abgewartet werden, ohne jetzt parteipolitische Vorteile zu suchen.“

"Sehr schwere Erschütterung"

Vizekanzler Gabriel hatte zuvor erklärt, die BND-Affäre sei „ein Geheimdienstskandal, der geeignet ist, eine sehr schwere Erschütterung auszulösen“. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte schon kurz nach Bekanntwerden der Affäre über personelle Konsequenzen spekuliert.

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Patrick Sensburg (CDU), sagte nun „Spiegel Online“: „Ich wundere mich manchmal, wie man unter Koalitionspartnern miteinander umgeht. Die SPD scheint derzeit die übliche professionelle Form der Zurückhaltung aufgegeben zu haben.“ Äußerungen wie von Fahimi finde er schade. „Auf dem Höhepunkt der Edathy-Affäre hatte die Union schließlich auch nicht mit Rücktrittsforderungen um sich geworfen.“

"Schwere der öffentlichen Vorwürfe nicht nachzuvollziehen"

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski, Mitglied im NSA-Untersuchungsausschuss, mahnte in der „Mitteldeutschen Zeitung“ zur Zurückhaltung: „Bei nüchterner Betrachtung der dem Untersuchungsausschuss derzeit vorliegenden Akten lässt sich die Schwere der öffentlichen Vorwürfe nicht nachvollziehen.“

Allerdings wird aus der SPD weiter gefordert, dass die Bundesregierung mehr Aufklärung leisten und zum Beispiel bis zum Donnerstag dem NSA-Untersuchungsausschuss die Liste mit den Suchkriterien der NSA für den BND übergeben müsse. „Das Kanzleramt hat eine eigene souveräne Entscheidung zu treffen. Die kann nur lauten, die Liste vorzulegen“, sagte der SPD-Obmann im Ausschuss, Christian Flisek, der „Passauer Neuen Presse“.

Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer nahm den in der Kritik stehenden früheren Kanzleramtschef Thomas de Maizière (beide CDU) in Schutz. „Dass Thomas de Maizière bewusst das Parlament belogen hat, kann ich mir nicht vorstellen“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dagegen warf der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki dem heutigen Bundesinnenminister in der Zeitung eine „Dienstpflichtverletzung“ vor.