Der Routinier und der Leidensmann: Carl Verheyen und Bob Geldof haben bei den Jazz Open vor dem Mercedes-Benz-Museum gespielt. Zu Beginn legte Geldof erstmal mit Schimpfkanonaden los.

Stuttgart - Es gab wenig besorgte Blicke zum Himmel, obwohl sich da Wolken zusammenbrauten. Doch der Wetterbericht hatte frühzeitig Entwarnung gegeben, so dass Carl Verheyen zusammen mit seiner vierköpfigen Band die Bühne am Mercedes-Benz-Museum grinsend betreten konnte. Der Gitarrist ist als Mitglied bei der Band Supertramp und als ein Studiomusiker bekannt geworden, der alles kann. Das vorzuführen scheint er nun auch bei dieser Gelegenheit gewillt zu sein. Dass er versiert ist und ein Könner, war jederzeit zu sehen – allein die eigene musikalische Sprache, ein musikalisches Ziel ist bei ihm durchweg nicht zu erkennen.

 

Seine routinierte Rockmusik streift Eigenes und Fremdes, verfängt sich mal bei George Harrisons „Taxman“ oder Dylans „The Times they are a changing“, führt auch mal den Blues vor und reflektiert mit dem Titel „Highland“ ein bisschen einen Aufenthalt in Schottland – nett, gefällig. Der Mann kann’s. Weshalb und warum freilich ist in künstlerischer Hinsicht nicht zu erkennen. Da kann auch eine sehr blonde Sängerin, die anfangs sehr weit vorne auf der Bühne postiert ist, nichts helfen. Während des gesamten Auftritts singt sie sehr sehr wenig und lächelt viel: ein Kuriosum. Ein paar gut gelaunte Bass-Soli von Dave Marotta können die Zweifel auch nicht zerstreuen. Dem Auftritt fehlte jede Kontur trotz der vielen routiniert abgespulten Soli.

Gewagte Mischung aus Folk und Rock

Mit Schimpfkanonaden beginnt anschließend Bob Geldof das Konzert mit seiner Band: Dass etliche aus dem Cateringbereich kommende Besucher des nicht ganz ausverkauften Konzerts direkt vor der Bühne vorübergehen, missfällt ihm zutiefst. Als Organisator des legendären Live-Aid-Festivals wurde er ja schon in den achtziger Jahren zum Ritter geschlagen. Als Sänger der Boomtwon Rats war er da schon zu einiger Bekanntheit gekommen. Private Tragödien ließen ihn danach zum öffentlichen Leidensmann werden. Jetzt ist er mit seiner teilweise gewagten Mischung aus Folk und Rock wieder als Musiker da, auch wenn das öffentliche Interesse immer noch seiner Existenz als leidensfähigem Gutmenschen gilt. Aus seiner sechsköpfigen Begleitband kann er mit dem Bassisten Pete Briquette und dem Schlagzeuger Jim Russell immerhin zwei Mitglieder seiner einstigen Band Boomtown Rats vorstellen, was besonders Titeln wie „Banana Republic“ wohl einige Überzeugungskraft verleihen soll.

Wie verdorben doch damals alles war, wie korrupt die Politiker, das schildert Geldof per Zwischenansage eindringlich. Ansonsten gibt es einen Rundblick auf sein Repertoire, das zeitweilig mit folkloristisch getönten Fiddle-, Flöten und Akkordeoneinwürfen aufwartet. Aber auch die Rock- und Punkelemente lässt Geldof spüren, wobei er sich wohl ein wenig zu lange in der wild herausgeschrienen Verehrung des verstorbenen Boogiebluesidols John Lee Hooker verfängt. Natürlich ist auch sein Superhit „I don’t like Mondays“ in einer sehr theatralischen Version zu hören. Doch solche Großerfolge sind lange her. Ob er daran noch einmal anknüpfen kann, erscheint nach solchen Auftritten doch sehr fraglich.


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