In Stuttgart-Vaihingen startet an diesem Samstagmorgen der Bochum-Express. An Bord: 40 Leute aus Stuttgart und Umgebung.

Vaihingen - Der Schal blau-weiß, die Mütze auch, und die Decke, die ist ebenfalls blau. Carina Kreidler ist voll auf Bochum eingestellt, und das sieht man ihr schon von Weitem an. Seit 9 Uhr in der Frühe hat die Studentin am Freitag in der Kälte ausgeharrt und sich mit Tee aus der Thermoskanne gewärmt, um gemeinsam mit einer Freundin zwei von 40 Plätzen im Bochum-Express zu ergattern. Der blaue Reisebus bricht an diesem Samstagmorgen vom Vaihinger Bahnhof aus Richtung Ruhrgebiet auf. Eine Hotelübernachtung, Stadtrundgang, Musicalbesuch, Stadion-Besichtigung, Verpflegung – alles kostenlos für die Passagiere.

 

Hinter dem Ausflug ins Weiß-Blaue steckt eine Werbeaktion der Bochum Marketing. „Wir müssen anders auf uns aufmerksam machen“, sagt Monic Minavi, eine Sprecherin. Etliche Menschen hätten „das Bild des grauen Entchens“ im Kopf. „Viele kennen Starlight Express, das Bergbaumuseum, und dann hört es auf“, erklärt sie. Zuvor hat die Marketingaktion in Düsseldorf und Hamburg stattgefunden, und Stuttgart habe man ausgewählt, weil die Leute hier eine große Affinität zu Musicals hätten.

Vorgezogener Hochzeitstag

Bei Carmen Harbich hat das Argument kostenfreier Musicalbesuch jedenfalls gezogen. Sie ist schon um kurz vor 10 Uhr gemeinsam mit einer Freundin da gewesen und auf Platz zwei in der immer länger werdenden Schlange, die sich noch vor dem Start der Aktion über den Platz zwischen Schwabengalerie und Bezirksrathaus zieht. Die zwei Frauen sind extra aus Reutlingen hergekommen. Beide waren noch nie in Bochum und wollen sich einfach überraschen lassen.

Ralf Heinkele wiederum, der mit seiner Ehefrau Nicole und seiner Bekannten Silvia Hasmüller ebenfalls ganz vorn steht, weiß indes schon genau, was für ihn das Highlight sein wird. „Die Currywurst“, ruft der Magdstädter lachend, die soll ja angeblich die beste sein. Und ja, außerdem haben die Heinkeles am Montag auch noch ihren 19. Hochzeitstag. Da sei die Reise ein tolles vorgezogenes Geschenk.

Bis um Schlag 12 Uhr die Wartenden nach und nach an Tische gebeten werden und sich endlich in die auf 40 Personen begrenzten Listen eintragen können, ist das Ende der Schlange weit nach hinten gerutscht. Um die 100 Leute werden es wohl sein, die sich ein Ticket für den Trip erhoffen. Viele werden sich umsonst die Beine in den Bauch stehen.

Liebe zur Industrie

Marcus Gwiasda aus Leinfelden kann die Wartenden immerhin schon mit Informationen versorgen. Er kennt Bochum, wenngleich er seit etwa 15 Jahren nicht mehr dort war, wie er sagt. Für die Stadt hat er durchaus ein Faible. „Ich liebe Industrie. Beton. Kohletürme.“ Mit seiner Bekannten Stella Maris Culture aus dem Stuttgarter Westen hat er die perfekte Begleitung. „Er ist ein guter Entertainer“, sagt die Frau mit argentinischen Wurzeln. Außerdem habe sie Liebeskummer, da sei Ablenkung die beste Medizin.

Monic Minavi von Bochum Marketing ist mehr als zufrieden mit der Aktion. In Hamburg und Düsseldorf habe das Team Leute ansprechen und in den Bus einladen müssen, in Stuttgart jedoch ist das Ganze ein Selbstläufer.

Ein spitzer Schrei entfährt Carmen Harbich, als sie endlich den Pass an einem Bändel um den Hals hängen hat, und auch die Heinkeles fallen sich freudig in die Arme, bevor sie sich zum Aufwärmen in ein Café zurückziehen. „Bis morgen“, ruft Carmen Harbich fröhlich den anderen zu, die winken zurück. Man kennt sich ja schon. Immerhin hat man stundenlang gemeinsam in der Kälte gewartet.