Christoph Mügge heißt der Schlossberg-Stipendiat im Alten Amtsgericht. Er thematisiert die Wegwerfgesellschaft und zeigt nun seine Werke.

Böblingen - Wo die Einkommen der Durchschnittsbürger hoch sind, wird reichlich konsumiert und in der Regel auch viel weggeworfen. Das trifft offenbar besonders auch auf Böblingen zu. Mülleimer quellen bisweilen über, massenweise stehen sie am Straßenrand. „Mir

 

ist das aufgefallen, als ich durch die Stadt lief“, berichtet Christoph Mügge. Der 31 Jahre alte Künstler ist Stipendiat auf dem Schlossberg und setzt sich mit der Überflussgesellschaft auseinander. Mügge logiert und arbeitet im Alten Amtsgericht und schuf dort eine Reihe von Werken zu dem Thema, die er von diesem Freitag an auf dem Schlossberg präsentiert. Die Vernissage ist um 20 Uhr.

Aquarelle mit blauen Behältern

Abfallbehälter, Mülltonnen, wohin das Auge blickt. Ob als Aquarelle oder Radierungen, allesamt hängen sie im ersten Stockwerk des Alten Amtsgerichts. „Ich möchte schließlich zeigen, womit ich die Wochen seit Anfang August hier verbracht habe“, sagt der gebürtige Bonner. Im Flur der Ausstellung stößt der Besucher auf fünf expressionistisch anmutende Aquarelle mit blauen Abfallbehältern, die an Laternenpfählen oder Absperrgittern hängen. Sie habe er „rund um die Böblinger Seen bemerkte“, wie Mügge sagt, sie hätten in gewisser Weise das Bild geprägt.

Der junge Maler legt eine auf den ersten Blick chaotische Malweise an den Tag mit einer entfesselten Farbgebung und durcheinander laufenden Linien, die er filigran und fast schon detailverliebt auf das Papier bringt. Aus seinen Mülleimern wabern Berge von Abfall, bisweilen reichen sie in andere Abfallkübel hinein. „Es könnten Triumphbögen sein“, meint Mügge, der an der Düsseldorfer Kunstakademie Malerei und Bildhauerei studiert und bereits in namhaften Kunsthäusern und Museen ausgestellt hat. Die „Triumphbögen“ könnten man als Zeugnisse einer wohlhabenden Gesellschaft interpretieren, die damit demonstriert, was sie für unbrauchbar hält.

Installation aus weggeworfenen Materialien

„Mich interessiert die skulpturale Form der Müllbehälter“, sagt Mügge. Seine Arbeiten sind darüber hinaus aber auch Kritik an der alltäglichen Ressourcenverschwendung, der er begegnet, indem er selbst Holz, Metallstücke und andere Materialien aus Abfallcontainern fischt und daraus Skulpturen schafft. Von den Fundstücken lässt er sich inspirieren, wie etwa in der Installation „Interface“, die er vor zwei Jahren schuf. Dort hat er Kabel mit transparenten Kunststoffteilen und Holzstücken verbunden.

Während seines Stipendiums beschränkte sich der Bewohner des Alten Amtsgerichts neben den Aquarellen auf Grafiken, die er an einem Druckstock in einem Hinterzimmer herstellte. Sie zeigen Impressionen mit Abfallcontainern, auf die er stieß, als er jenseits der Einkaufsstraßen in Böblinger Hinterhöfe schaute. Zwar gebe es überall in größeren Städten solche Szenarien, doch sei Böblingen insgesamt nicht besonders attraktiv, findet der 31-Jährige ganz offen.

Austausch mit Kunstinteressierten

Der Böblinger Kunstverein gewährt jedes Jahr einem jungen Künstler ein Stipendium. „Christoph Mügge kann im Alten Amtsgericht umsonst wohnen und arbeiten.Mit einem Preis ist das Stipendium nicht dotiert“, sagt Vera Reschke vom Böblinger Kunstverein. Natürlich sei es wünschenswert, dass die Stadt den Arbeitsaufenthalt des jeweiligen Künstlers unterstütze, erklärt sie. In diesem Punkt bleibe der Kunstverein am Ball.

Christoph Mügge möchte bis Ende August noch in seinem Domizil bleiben und die Gäste durch die Ausstellung führen. Weil ihm der Austausch mit den Kunstinteressierten wichtig ist, lässt er sich auch gerne auf Gespräche ein und erläutert seine Arbeiten. Danach wird er wieder in Horb am Neckar wohnen, wo er im Antonie-Leins-Künstlerhaus ein dreijähriges Arbeitsstipendium hat. Er ist dort nicht alleine, die Fotokünstlerin Steffi Schöne und die Sängerin Elisabeth Kaiser leisten ihm Gesellschaft. Ihnen wird er vom „schönen Böblingen“ berichten und vor allem von den überquellenden Mülleimern.