Eberhard Haaf, der Anwalt und Berater von Bürgern, die nach den Erdwärmebohrungen Risse an ihren Häusern haben, sieht den Fall Böblingen ähnlich gelagert.

Böblingen - Die Ursachenforschung für die Erdhebungen in Böblingen dauert den rund hundert Hauseigentümern, die über Schäden an ihren Gebäuden klagen, schon viel zu lange. Im Herbst hat das Landratsamt

 

Untersuchungen der Erdwärmebohrungen angekündigt, bisher sind aber erst Messungen an zwei Bohrlöchern vorgenommen worden. Eines habe „Auffälligkeiten“ gezeigt, lautet das Expertenurteil, das an die Öffentlichkeit drang. Den Betroffenen ist das zu wenig. Sie haben nun den Rechtsanwalt Eberhard Haaf eingeschaltet, der am Freitagabend bei einer Informationsveranstaltung in Böblingen „erstaunliche Parallelen“ zu den Vorkommnissen in Staufen im Breisgau und Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) feststellte.

Parallelen zu den Schäden in Staufen und Rudersberg

Haaf vertritt die dortigen Interessengruppen und empfiehlt auch den Böblingern: „Schließt euch zusammen und schafft euch eine Kriegskasse, um das Landratsamt und die Bohrfirma unter Druck zu setzen.“ Haaf will auch bei einer Böblinger Interessengemeinschaft behilflich sein, die in nächster Zeit ins Leben gerufen werden soll.

Neben der räumlichen Nähe der Bohrungen und den Häuserrissen gebe in Staufen, Rudersberg und Böblingen weitere Gemeinsamkeiten. Die Geothermiebohrungen seien alle zwischen den Jahren 2006 und 2008 vorgenommen worden, sagte Haaf. Zudem erreiche die Höhe der Erdhebungen in etwa dieselben Dimensionen – in Böblingen betragen sie bis zu 35 Zentimeter. Daneben gebe es auch hinsichtlich des Zeitfensters, in dem sich der Boden gehoben habe, eine ähnliche Entwicklung.

Erdhebungen in Böblingen: Monatlich bis zu fünf Millimeter

Seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres wurden in Böblingen in zwei Wohngebieten Erdhebungen von drei bis fünf Millimetern gemessen. Bisher gehen die Fachleute davon aus, dass diese „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ auf ein Aufquellen von Gipskeuper zurückzuführen sind. Die Experten vermuten in Böblingen Wasserbewegungen in 40 Metern Tiefe, die vertikal verlaufen. In Staufen waren die Bohrleute in 32 Metern Tiefe auf Grundwasser gestoßen. „Nach den im Jahr 2007 geltenden Leitlinien des Landes hätte nicht weitergebohrt werden dürfen“, erklärte Haaf.

Das sei aber weder an die Behörde gemeldet worden, noch habe diese nachgefragt, wie die Bohrungen verlaufen und die Verfüllung mit Zement vonstatten gehe. Bei den Bohrungen unweit des historischen Rathauses in Staufen seien in die Löcher lediglich 14 Zentimeter lange Rohre versenkt worden, wodurch in die Bohrungen Erde eingebrochen sei. Es hätten viel längere Rohre verwendet werden müssen, so Haaf. Auch sei bei der Verfüllung der Löcher der falsche Zement genommen worden. Er sei weder frost- und sulfatbeständig gewesen. Dies habe die zu den schadhaften Löchern geführt. „Ich würde mich nicht wundern, wenn dies auch in Böblingen der Fall ist“, sagte Haaf.

Von 19 Bohrlöchern sollen zehn untersucht werden

Ob die Erdhebungen auch in Böblingen durch Schlamperei der Bohrfirma verursacht wurden, ist allerdings noch nicht erwiesen. Von den 19 Bohrlöchern sollen insgesamt zehn untersucht werden, davon acht in dem Wohngebiet im Südosten der Stadt, wo sich nun die Hausbesitzer formieren.

Der Fachanwalt aus Freiburg rät jedoch grundsätzlich dazu, das kostenlose Gutachten des Landesamts für Geologie abzuwarten, das nähere Aufschlüsse über die Bohrungen geben soll. Dieses wird aber erst in Angriff genommen, wenn die weiteren Löcher untersucht sind. Haaf empfiehlt ferner, Landtagsabgeordnete einzuschalten, um Druck auf die Behörden auszuüben. Jeder Hausbesitzer sollte laufend Schadensprotokolle mit Fotos anfertigen, und diese von Freunden oder Bekannten gegenzeichnen lassen. „Sie brauchen Geduld, Geduld, Geduld“, weiß Haaf aus Erfahrung. Ein Gericht einzuschalten, sei momentan noch zu früh. Und eine Sanierung der Gebäude sei erst sinnvoll, wenn sich die Erde nicht mehr hebe.