Der 83 Jahre alte Heinz Kayser hat sich um so ziemlich alles bei der Feuerwehr gekümmert. Er sorgte nicht nur für die Verpflegung, sondern auch für die Sicherheit. Mit 13 Jahren kam er zu den Floriansjüngern – er erinnert sich.

Böblingen - An seinen ersten großen Einsatz kann er sich noch gut erinnern. Es war nach dem schwersten Bombenangriff auf Sindelfingen und das Daimler-Werk. Am Vormittag des 10. September 1944 waren binnen sechs Minuten 2600 Bomben niedergegangen. Auch die Feuerwehr Böblingen rückte aus – mit dabei war Heinz Kayser. „Am Goldberg brannten einige Häuser“, sagt der 83-Jährige, „wir haben erst dort gelöscht und sind dann zum Daimler gefahren.“ Unerschrocken leistete der damals 13 Jahre alte Heinz Kayser seinen Dienst. Es war der Anfang einer ziemlich beispiellosen Feuerwehrkarriere. Jüngst wurde er für seine 70 Jahre währende Mitgliedschaft bei den Böblinger Floriansjüngern geehrt.

 

Die Übungen haben die Jungs fasziniert

Offiziell war er, wie er es dokumentiert hat, am 1. April 1944 in die Feuerwehr eingetreten, als die meisten Männer im Krieg waren. „Wir haben als Jungs bei den Übungen der Einsatzkräfte zugesehen und waren fasziniert“, sagt Kayser. Wie zehn Mann eine Holzleiter in Stellung gebracht, das Wasser herbeigepumpt und die Flammen gelöscht haben. „Es war ja sonst nichts los in Böblingen, also haben wir uns gemeldet.“ Ein Jahr sei er damals schon in der Lehre gewesen bei dem Unternehmen Hollerith, der Vorgängerfirma von IBM. Als Werkzeugmacher. Aber die Ausbildungswerkstatt sei geschlossen worden, sodass er später eine Lehre als Schmied anfing. Heinz Kayser war ein kräftiger Bursche. „Ich konnte zupacken“, sagt er, „das war natürlich wichtig.“

Bis zum Jahr 1945 mehrten sich die Fliegerangriffe der Alliierten, Heinz Kayser rückte mit der Truppe auch nach Magstadt, Waldenbuch, Steinenbronn, Leinfelden, Hildrizhausen und nach Stuttgart aus. „In unserem Hausflur hatten wir eine Starktonklingel“, berichtet der Böblinger, „wenn sie schellte, hat meine Mutter das Fahrrad an die Gartentüre gestellt, sodass ich nur drauf springen musste.“

Auch 13- bis 17-Jährige gehörten zum Personal

Das Personal habe damals aus nicht mehr kriegstauglichen Männern bestanden, die als Maschinisten oder Gruppenführer herangezogen wurden, sowie aus Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren, sagt Thomas Frech, der Böblinger Stadtbrandmeister und Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr. „Ich kannte keine Angst“, meint Heinz Kayser, er habe sich auch nie eine ernsthafte Verletzung zugezogen. Seine Kameraden mitunter schon. „Manche erlitten auch schon mal einen Knochenbruch, das kam eben vor.“ Wenn es gefährlich wurde, sei man aber stets mit Vorsicht ans Werk gegangen.

Bei einem Kellerbrand der Firma Georgi in der Vaihinger Straße in Böblingen konnten die Feuerwehrleute im Jahr 1947 erstmals auf Atemschutzgeräte zurückgreifen. „Auf Anweisung des damaligen Kreisbrandmeisters mussten Helmut Richter und Heinz Kayser in den Keller vorgehen, obwohl keiner von beiden eine Ausbildung dafür hatte“, sagt Gerd Zimmermann, der Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr in Böblingen, der in den Annalen geblättert hat. Der Brand sei dennoch erfolgreich gelöscht worden.

Nach dem Krieg wuchsen die Aufgaben

Mit den wachsenden Aufgaben in der Nachkriegszeit stieg auch die Zahl der Einsatzkräfte. Es zogen immer mehr Menschen nach Böblingen, die Kongress- und Sporthalle wurden gebaut und auch ein Einkaufszentrum. Ein großes Thema war der Brandschutz, zudem wurde die Feuerwehr nun auch zu Unfällen gerufen. Es stieg die Zahl der Einsätze, weitere Fahrzeuge wurden nötig. Nach der Gemeindereform gehörten von 1973 an die Dagersheimer zur Böblinger Feuerwehr, die mit nunmehr rund 140 Männern eine der personalstärksten im Landkreis war. Und Heinz Kayser gehörte inzwischen zum sogenannten „Dreigestirn“, dem engeren Führungskreis, mit Elmar Fleig und Kurt Frech. 1975 dann wurde die neue Feuerwache im Röhrer Weg eröffnet. „Ihr Aussehen und ihre Funktionalität, die Feuerwehrleitstelle mit dem innovativen Alarmierungssystem hat Heinz Kayser maßgeblich planerisch geprägt“, sagt Thomas Frech.

Der größte Einsatz aus der Sicht von Heinz Kayser fand am 7. Oktober 1973 statt. In der Böblinger Karlstraße brannte die Spielwarenfabrik Kibri. „Wir wurden um Mitternacht alarmiert“, so Kayser, damals hauptamtlicher Gerätewart und Mitarbeiter der Stadtwerke. Auch andere Feuerwehren wurden hinzugerufen. Das alte Hauptgebäude brannte dennoch aus. Immerhin konnte ein Übergreifen der Flammen auf nahe liegende Wohnhäuser verhindert werden. „Die Hitze war so stark, dass dort von den Fensterläden bereits die Farbe herunterlief“, erinnert sich Kayser. Der Einsatz dauerte bis in die Morgenstunden. „Normalerweise hätte es zum Vesper ein Fleischkäsweckle gegeben. Wir haben aber 150 Rostbraten in einer Wirtschaft bestellt. Die Männer sind nach und nach dorthin zum Essen gegangen“, erzählt Kayser, der die Spesenrechnung später im Rathaus vorlegte und genehmigt bekam.

Kayser wurde stellvertretender Wachleiter, im Jahr 1991 ging er in Ruhestand. Bis 1993 diente er als aktiver Feuerwehrmann und wechselte dann in die Altersabteilung. Er hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten. „Mit großem Respekt blicken wir auf die Tatkraft von Heinz Kayser zurück“, sagt Thomas Frech, „in den 70 Jahren hat er nicht nur sehr viel für die Feuerwehr getan, er hat für die Feuerwehr gelebt“ – und er ist ihr noch immer verbunden.