150 Jugendliche verwandeln sich in Musicalstars. In drei Tagen studieren sie unter der Anleitung von Profis eine Choreografie ein, entwerfen Bühnenbilder und erlernen die Kniffe der Ton- und Lichttechnik für die Vorstellung in der Kongresshalle.

Böblingen - Vier, fünf, sechs, rechtes Bein nach vorne, Arme nach unten“, ruft Ponssy de Pascal. 22 Jugendliche des Kaufmännischen Berufsschulzentrums versuchen, den Anweisungen des Vortänzers zu folgen. „Das muss schneller gehen, mit mehr Energie“, sagt Ponssy de Pascal. Er spricht Englisch, der Student Steffen Jakowski – ein Ehrenamtlicher – übersetzt ins Deutsche. Ponssy de Pascal ist ein professioneller Tänzer. Der 31-Jährige stammt aus Tansania, seit fünf Jahren gehört er zum Team von Genrosso.

 

Die Band mit Sitz in der Toskana wurde bereits im Jahr 1966 gegründet und hat sich dem Frieden und der Völkerverständigung verschrieben. Alle paar Jahre wechselt das Team, stoßen neue junge Musiker und Tänzer zu der Truppe, die weltweit unterwegs ist für Konzerte und Projekte. In Deutschland arbeiten sie mit dem Verein Starkmacher mit Sitz in Mannheim zusammen. Dieser organisiert bundesweit Projektwochen an Schulen.

Am Mittwoch ist Premiere

Diese Woche sind das Starkmacher-Team und Genrosso in Böblingen. 150 Jugendliche der Pestalozzischule und des Kaufmännischen Berufsschulzentrums machen mit und studieren in kürzester Zeit ein Musical ein. Die Hauptrollen übernehmen die Profis von Genrosso. Die Schüler stellen den Backgroundchor und managen die Technik. Sie singen gemeinsam mit 40 Jugendlichen des Jungen Kammerchors Böblingen, fungieren als Tänzer, gestalten das Bühnenbild und arrangieren Ton und Licht.

Nur drei Tage haben die Schüler Zeit, ihre Tänze einzustudieren und die richtigen Handgriffe für die Regelung von Sound und Beleuchtung zu lernen. Bereits am Mittwochabend steht die erste Aufführung an. Dann muss alles klappen wie am Schnürchen. „Das wird eine professionelle Show, die mit üblichen Schulkaufführungen nichts zu tun hat“, verspricht Christian Röser vom Starkmacher-Team.

Beim ersten Probenvormittag am Montag ist das kaum vorstellbar. In der Hip-Hop-Gruppe von Ponssy de Pascal proben 22 Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren. Einigen sieht man an, das sie bereits Sport- und Tanzerfahrungen haben, andere wiederum haben große Probleme mit der Koordination. „Doch das wird, das bekommen wir ganz sicher hin bis Mittwoch“, sagt de Pascal zuversichtlich.

Auch die Jugendlichen zweifeln nicht an sich. „Ich habe bisher noch nie getanzt, Ich hätte nicht gedacht, dass ich das kann. Aber Ponssy übt so lange mit uns, notfalls auch mit einem allein, bis alles sitzt“, sagt die 17 Jahre alte Amela.

Und genau das sei das Ziel des Projekts, sagt Christian Röser vom Verein Starkmacher. „Die Jugendlichen müssen innerhalb kurzer Zeit viel lernen und das dann punktgenau abrufen auf einer großen Bühne. Das stärkt enorm ihr Selbstbewusstsein.“ Die Rektorin der Kaufmännischen Schule Uta Berner glaubt, dass die Schüler von dieser Erfahrung profitieren. „Auch bei ihren Prüfungen müssen sie termingenau bestimmtes Wissen abfragen. Beim Musicalprojekt lernen sie, dass das geht.“ Für seine Schüler sei es eine Herausforderung, sich auf der Bühne vor 1000 Zuschauern zu präsentieren, sagt Steffen Heckele von der Pestalozzi-Förderschule.

Multikulturelle Truppe spielt wahre Geschichte

Bereits zum zweiten Mal ist Genrosso auf Einladung von Clemens König von der Musikschule zu Gast in Böblingen. Vor vier Jahren waren neben den Pestalozzischülern Jugendliche der Albert-Schweitzer-Realschule dabei. „Wir haben hier in Böblingen so gute Erfahrungen gemacht, dass wir wieder gekommen sind“, sagt Dennis Ng. Der Mann von den Philippinen ist einer der Sänger des Musicals. Bei den Projekten springt er aber auch in den Workshops ein. In Böblingen leitet er die Gruppe an, die das Bühnenbild entwirft.

Die Story des Musicals beruht auf einer wahren Geschichte. Es geht um einen Bandenkrieg und junge Menschen, die sich entscheiden müssen, auf welcher Seite sie stehen: auf der Seite einer brutalen Gang oder auf der der Band Streetlight, deren Mitglieder etwas Sinnvolles aus ihrem Leben machen. Mit dieser Geschichte können sich auch die Leute von Genrosso identifizieren. Sie haben sich dafür entscheiden, ihr Können an Jugendliche weiterzugeben. Die multikulturelle Truppe will Vorbild sein für die jungen Leute, die in Klassen sitzen, die ähnlich bunt gemischt sind wie die Musik- und Tanzgruppe Genrosso.

Gerlinde Kretschmann ist Schirmherrin

Tickets
Das Musical Streetlight wird zweimal in der Böblinger Kongresshalle aufgeführt: am Mittwoch, 22. Oktober, um 19 Uhr und am Donnerstag, 23. Oktober, um 17 Uhr. Karten kosten fünf, ermäßigt drei Euro. Sie können per E-Mail reserviert werden: streetlight-boeblingen@ks-bb.de. Außerdem gibt es vorab Tickets bei der Pestalozzischule und im Kaufmännischen Schulzentrum.

Etat
Das Projekt kostet 70 000 Euro, wovon 75 Prozent aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert werden. Den Rest tragen diverse Sponsoren, Firmen und Stiftungen aus der Region.

Schirmherrschaft
Gleich drei Schirmleute unterstützen das Projekt: Gerlinde Kretschmann, die Frau des Ministerpräsidenten, will am Mittwoch die Aufführung besuchen. Der Vizepräsident des Europaparlaments, Rainer Wieland, wird per Video zugeschaltet. Schirmherr ist auch der Landrat Roland Bernhard.