Der Neubau des Krankenhauses auf dem Flugfeld sowie die Sanierung der Häuser in Herrenberg und vor allem Leonberg werden erheblich teurer. Das besagt ein Gutachten, das der Kreis und der Klinikverbund Südwest in Auftrag gegeben haben.

Böblingen - Weit teurer als gedacht werden die Klinikneubauten und -sanierungen für den Landkreis Böblingen. Mit insgesamt 537 Millionen Euro rechnen die Verantwortlichen. Das sind fast 140 Millionen Euro mehr als noch in der ersten Machbarkeitsstudie vor drei Jahren veranschlagt. Die neuen Zahlen lieferte ein Gutachten der Unternehmensberatung Drees & Sommer. Mit dem Geld soll auf dem Flugfeld eine zentrale Klinik für die Region Sindelfingen/Böblingen gebaut sowie die beiden Krankenhäuser in Leonberg und in Herrenberg saniert werden.

 

Medizinkonzept kommt trotzdem

Trotz der hohen Kosten halte man weiter an dem Medizinkonzept fest, das der Kreistag im vergangenen Jahr beschlossenen hat. Das betonte der Landrat Roland Bernhard, als er am Mittwoch mit der Geschäftsführerin des Klinikverbunds, Elke Frank, die neuen Zahlen präsentierte. „Es bleibt dabei: Die Zusammenlegung der Krankenhäuser in Böblingen und Sindelfingen auf dem Flugfeld ist die wirtschaftlichste Lösung für die Zukunft der Krankenhausversorgung in der Region“, sagte Bernhard. Dieser Neubau ist der Kern des Medizinkonzepts. Das ist die wirtschaftlichste Lösung gegenüber den Alternativen, alles zu belassen oder eines der bestehenden Häuser auszubauen – auch das hatte sich der Klinikverbund noch einmal durch ein neues Gutachten bestätigen lassen. Die Expertise hat das Büro Baker Tilly Roelfs erstellt. Nach deren Analyse wird der Klinikverbund mit der Umsetzung des Medizinkonzepts statt eines Defizits künftig eine schwarze Null erwirtschaften. Dieser sogenannte Break Even genannte Punkt würde dann 2025 erreicht, wenn die neue Klinik wie anvisiert im Jahr 2023 eröffnet wird. Vor drei Jahren war man noch von einem Umzug 2020 ausgegangen.

Kosten sind mit Risikoaufschlag berechnet

Was wird teurer? Zum einen der Neubau der Flugfeldklinik; dessen Kosten steigen um 100 Millionen Euro auf rund 437,5 Millionen Euro. Mit einer Steigerung um 70 Prozent rechnet man bei der Sanierung des Leonberger Krankenhaus. Vor drei Jahren waren dafür 40 Millionen Euro veranschlagt worden, jetzt rechnet man mit 69 Millionen Euro oder in einer eventuellen abgespeckten Variante mit 61 Millionen. „Wir wollen keinen weiteren Berliner Flughafen“, betonte der Landrat. Ganz bewusst habe man sich deshalb entschieden, gleich in der ersten Projektphase eine Kostenanalyse zu machen. „Bei der Machbarkeitsstudie ging es um die reinen Baukosten. Nun haben wir bei der Flugfeldklinik auch Zusatzkosten wie das Parkhaus und den Schallschutz miteinbezogen.“ Außerdem kalkulierten die Gutachter einen Risikoaufschlag von fünf Prozent für Unvorhergesehenes ein. Bei der Leonberger Klinik schlägt vor allem die energetische Sanierung zu Buche. „Im Moment haben wir doppelt so hohe Energiekosten wie andere vergleichbare Häuser“, sagte Bernhard. Zudem müssten auch andere Strukturen geschaffen werden. „So wäre es beispielsweise sinnvoll, die Ambulanz ins Erdgeschoss zu legen“, sagte die Geschäftsführerin Frank. Dies alles summiere sich zu den Mehrkosten, die der Kreistag im Herbst noch genehmigen müsse.

Bei einer ersten Vorstellung der Zahlen am Dienstag nahmen die Kreisräte die Steigerungen gefasst auf. „Von freudiger Überraschung kann keine Rede sein“, sagte Wilfried Dölker, der Fraktionschef der Freien Wähler. „Man muss natürlich den einen oder anderen Posten noch diskutieren.“ Aber im Grundsatz stehe man zum Medizinkonzept und zwar sowohl zum Neubau als auch zur Sanierung der Häuser in Leonberg und Herrenberg. Helmut Noë, der Fraktionschef der CDU, lobte „den offenen und transparenten Weg“ der Kreisverwaltung und Klinikgeschäftsführung, „mögliche Risiken zu benennen“. Mit Kostensteigerungen sei bei einem solchen Projekt zu rechnen, meinte der SPD-Sprecher Tobias Brenner. „Ich habe die Zahlen des ersten Gutachtens angezweifelt. Diese scheinen mir realistisch“, sagte Heiderose Berroth (FDP). „Wir erwarten, dass sich nun alle daran halten. Teurer darf es nicht mehr werden.“