Das Modehaus macht die Eröffnung der Mercaden und die jahrelangen Baustellen in der Stadt für seinen Umsatzrückgang verantwortlich.

Böblingen - Das Böblinger Familienunternehmen Krauß MC hat am vergangenen Freitag beim Amtsgericht Stuttgart einen Insolvenzantrag gestellt. Dies gab die Firma am Dienstag bekannt. Der vom Amtsgericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt Tibor Braun erklärt, dass die Umsätze zuletzt um 40 Prozent eingebrochen seien. Das Geschäft im Kaufzentrum gegenüber den Anfang Oktober neu eröffneten Mercaden werde auf jeden Fall bis Ende des Jahres weitergeführt. „Die Löhne und Gehälter der 42 Mitarbeiter werden weiter gezahlt“, sagt Braun, der schon 2006 der Insolvenzverwalter von Krauß war. Sie seien darüber hinaus noch im ersten Quartal des kommenden Jahres gesichert, fügte er hinzu. Wie es dann weitergehe, könne er nicht sagen. „Nach zwei Tagen ist es noch zu früh für eine Prognose. Aber es ist schwierig“, kommentiert Braun die Geschäftslage.

 

Krauß: Wir sind ein Opfer der Mercaden

„Das Kaufhaus Krauß muss als prominentes Opfer des Einkaufszentrums Mercaden und des vierjährigen Stadtumbaus betrachtet werden“, erklärt der Insolvenzverwalter. Der Geschäftsführer des Familienunternehmens, Thomas Krauß, war persönlich zu keiner Stellungnahme bereit. In einer Presseerklärung ließ er lediglich verlauten, dass er den „schwarzen Peter insbesondere bei der Stadt Böblingen“ sehe. Sie habe es nicht geschafft, „trotz mehrmaligen Zusicherungen eine vernünftige Anbindung des immer mehr verödenden Einkaufscenters an das neu gestaltete Quartier herzustellen und so die nötige Kundenfrequenz zu gewährleisten.“

Die älteste Shoppingmall der Stadt, im Jahr 1967 erbaut, ist seit Jahren sanierungsbedürftig. Von den fast 14 000 Quadratmetern Fläche stehen rund 60 Prozent leer. Zuletzt war im vergangenen Herbst der DM-Markt ausgezogen. Und nun werde dort wohl bald der letzte Kundenmagnet fehlen, meint Werner Hesselmaier bestürzt, der Vorsitzende des Böblinger Gewerbeforums: „Krauß ist einer der wenigen Anziehungspunkte dort.“

Der OB konstatiert jahrelangen Verfall der Mall

Die Stadt Böblingen bedauert ebenfalls, „wenn das alteingesessene Geschäft samt dem schönen Intersportladen tatsächlich die Tore schließt“. Die Ursache sieht der Oberbürgermeister Wolfgang Lützner in dem jahrelangen Verfall der Mall „aufgrund der mangelnden Investitionsbereitschaft der Eigentümer“. Die Neueröffnung der Mercaden als Grund für die Insolvenz ins Feld zu führen, weise jedoch in die falsche Richtung. Denn die Wurzel des Übels sei zeitlich weit früher zu suchen.

Tatsächlich hatte die Familie Krauß die Stadt immer wieder aufgefordert, die Zugänge zu dem Kaufzentrum und zu ihren Läden mit Sportbekleidung, Damen- und Herrenmode im ersten Stockwerk attraktiver zu gestalten. Dazu äußerte sich der Böblinger OB aber nicht.

Rolltreppe abgebaut

Das Kaufzentrum liegt jenseits der Brumme-Allee und ist von einem weiteren Einkaufszentrum aus, dem City-Center, über Brücken zu erreichen. Krauß ist an eine von ihnen direkt angebunden. Doch im Zuge des Umbaus der Brumme-Allee wurde eine an dieser Brücke befindliche Rolltreppe abgebaut. Stattdessen wurde davor ein neuer Kreisverkehr geschaffen. Über diesen gelangen die Kunden der Mercaden nun in das Parkhaus des neuen Konsumtempels. Für den Insolvenzverwalter Braun ist das Maß voll: „Es ist wenig durchdacht, ein neues Einkaufszentrum zu genehmigen und in unmittelbarer Umgebung Industriebrachen entstehen zu lassen.“

Nach dem Abbau der Rolltreppe ist die Brücke, die vom City-Center aus direkt zum Modehaus Krauß führt, halbseitig gesperrt worden. „Das wurde aus Sicherheitsgründen nötig, weil mit dem Wegfall der Rolltreppe nicht mehr die vorige Tragfähigfähigkeit der Brücke gewährleistet ist“, erklärt der Böblinger Stadtsprecher Wolfgang Pfeiffer.

Hinterhofatmosphäre rund um das Kaufzentrum

Kein Hinweisschild deutet an dem verlassenen Ort darauf hin, dass Kunden über diese Brücke das Böblinger Traditionsgeschäft erreichen. Stattdessen hat die Möbelkette Mömax, die in einem Teil des alten Kaufzentrums logiert, Hinweise angebracht mit den Worten: „Drinnen sieht es gleich besser aus.“

Die Stadt indes hat das Gebiet Mühlbachstraße, zu dem das heruntergekommene Kaufzentrum gehört, zum Sanierungsprojekt erklärt. Das Areal soll laut den Plänen bis zum Jahr 2022 wieder attraktiver und deshalb umgebaut werden. Die Stadtplaner stört vor allem die vorherrschende Hinterhofatmosphäre rund um das Kaufzentrum. Das Center, das zwölf verschiedenen Eigentümern gehört, steht unter einer Zwangsverwaltung, weil die Mieteinnahmen kaum ausreichen, um das Nötigste in der Passage zu renovieren. Wie zu hören ist, gestalten sich die Gespräche der Stadt mit den Besitzern schwierig, weil es unterschiedliche Interessen gibt.

Das Modehaus Krauß, laut Braun einer der Eigentümer im Kaufzentrum, will jetzt noch das Herbst- und Weihnachtsgeschäft nutzen. „Die Gewinner werden die Kunden sein“, teilt Thomas Krauß mit. Er möchte durch Schnäppchenangebote noch einmal mehr Klienten anlocken.