In flagranti hat ein 73-jähriger Aidlinger Kartoffeldiebe ertappt, nachdem er sie belauert hatte. Doch meist bleiben die Täter unentdeckt. Dabei sei die Zahl der Diebstähle hoch, berichtet der Kreisobstfachberater Manfred Nuber.

Böblingen - Nicht länger hat ein Aidlinger tatenlos zusehen wollen, dem die Tage zuvor Kohl und Zucchini von seinem Feld gestohlen worden waren. Deshalb beschloss der 73-Jährige, verstärkt Ausschau nach potenziellen Diebe zu halten. So fielen ihm, während er mit seiner Frau auf dem Weg zum Aidlinger Häckselplatz war, zwei Frauen mit Einkaufstrolleys auf. Er verfolgte die beiden und beobachtete sie von einem nahen Waldstück aus. Die Frauen gruben aus einem Acker Kartoffeln aus und beluden ihre Wagen damit. Der Aidlinger verständigte die Polizei. Wie diese berichtet, hatten die auf frischer Tat ertappten Diebinnen sieben Kilogramm Kartoffeln mitgehen lassen. Eine von ihnen hatte sogar noch Erde an den Händen.

 

Der Vorfall ist kein Einzelfall. Zu ernten, was andere auf ihren Äckern und Obstanlagen das Jahr über hegen und pflegen, scheint im Trend zu liegen. „Die Zahl der Diebstähle bewegt sich seit etwa zehn Jahren auf hohem Niveau“, sagt der Kreisobstfachberater Manfred Nuber vom Landwirtschaftsamt. Oftmals blieben die Täter aber unentdeckt. Denn der Großteil der Diebstähle werde erst gar nicht angezeigt, sagt der Böblinger Polizeisprecher Uwe Vinçon: „Das Dunkelfeld ist sicherlich groß.“

Würden die Täter doch ertappt und von den Eigentümern zur Rede gestellt, erzählt Nuber, reagierten sie oft uneinsichtig und sogar noch patzig. Das Unrechtsbewusstsein sei nicht sehr ausgeprägt. „Viele berufen sich auf Mundraub. Den gibt es aber als Tatbestand nicht mehr“, sagt Nuber.

400 Kilogramm Äpfel auf einen Schlag gestohlen

Allerdings beließen es einige nicht dabei, einen Apfel mitzunehmen, sondern rückten mit Schüsseln und Eimern an. Vor allem im Raum Herrenberg schlügen Erntediebe auf den Obstwiesen unterhalb des Schönbuchs oft zu, sagt Nuber – aber auch andernorts. So habe auch er schon vor einem komplett abgeernteten Birnbaum gestanden, den er auf einer Gemeinschaftsplantage bei Weil der Stadt angepflanzt habe. „Da ärgert man sich schon sehr.“ Von der Plantage seien einmal sogar rund 400 Kilogramm Äpfel auf einen Schlag gestohlen worden. Der Zaun rund um die Anlage halte Diebe nicht auf, sagt Nuber.

Auch der Kreisvorsitzende des Bauernverbands Böblingen, Andreas Kindler, beobachtet immer wieder, dass zur Erntezeit Menschen mit Tragetaschen ausgerüstet unterwegs seien. „Jedoch hält sich der Diebstahl von den Feldern in Grenzen“, meint er. Weil auf ihnen zumeist Mais, Getreide und Zuckerrüben angebaut würden, komme wenig weg, so der Landwirt.

Walnüsse sind begehrt

Walnüsse hingegen sind da offensichtlich begehrter. Die Stadt Leonberg rüstet sich bald wieder, um Nussdiebe abzuhalten. Rund 50 Walnussbäume hat die Kommune zusammen mit dem örtlichen Obst- und Gartenbauverein in Alleen entlang der Straßen zwischen Leonberg, Gebersheim, Höfingen und Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) gepflanzt. Dass sich Spaziergänger oder Kinder ein paar Nüsse in die Taschen steckten, sei nicht das Problem, erläutert Gerold Hudelmaier vom städtischen Tiefbauamt. „Kleine Mengen mitzunehmen, ist erlaubt.“ Jedoch fielen ganze Clans über die kommunalen Bäume her, nahmen säckeweise Nüsse mit und rissen beim Schütteln sogar Äste ab. Deshalb stelle man jetzt wieder Schilder auf, dass Ernten im großen Stil verboten sei. „Außerdem kontrolliert das Ordnungsamt, und die Polizei ist auch informiert“, sagt Hudelmaier. Seit die Stadt und die Ordnungshüter wachten, hätten die Nussdiebstähle nachgelassen. Dafür werden nun wohl in Sindelfingen die Walnussbäume geräubert.

„Das wird jedes Jahr mehr“, berichtet Christine Hemme vom Fachbereich Stadtgrün. Bisher habe man nichts dagegen unternommen, sondern sei froh, wenn die Früchte aufgelesen würden. Das Ziel sei es aber, für die Bäume Pächter zu finden, die nicht nur ernteten, sondern die Walnussbäume auch pflegten. „Auf den Streuobstwiesen klappt das schon ganz gut.“