Die Feuerwehr hat mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Die Böblinger Feuerwehr ist deshalb in die Werbeoffensive gegangen – mit großem Erfolg. Der Sprecher Gerd Zimmermann erklärt, wie das funktioniert hat.

Herr Zimmermann, die Böblinger Feuerwehr hat ein umfassendes Gesamtkonzept gegen den Nachwuchsmangel erarbeitet. Wie kam es überhaupt dazu?
Wir haben vor zwei Jahren angefangen, uns über die Altersstruktur der heutigen Einsatzkräfte Gedanken zu machen, und festgestellt, dass es spätestens in 25 Jahren brenzlig wird. Dann wird von den aktuell 158 Feuerwehrleuten die Hälfte aus Altersgründen ausgeschieden sein. Angesichts des Nachwuchsmangels wäre damit der Rettungsnotstand erreicht. Also haben wir uns einiges einfallen lassen und 29 Erwachsene für die dauerhafte Mitarbeit gewonnen, innerhalb von nicht einmal anderthalb Jahren. Darunter auch vier Frauen. Außerdem hat unsere Jugendfeuerwehr jetzt 13 neue Mitglieder.
Wie haben Sie die herbeigezaubert?
Es war eben keine Hexerei und auch nicht der eine Hebel, an dem man dreht. Vielmehr haben wir genau überlegt, wen wir ansprechen wollen, und daraus ein 60-seitiges Nachwuchsfindungskonzept entwickelt, das unterschiedliche Maßnahmen für fünf Zielgruppen beinhaltet. Das wird in dieser Konsequenz selten gemacht. Aber jeder kann das nachmachen. Über 100 Feuerwehren in ganz Deutschland haben Informationen zu unserem Konzept und den von uns entwickelten Werbemitteln angefordert. Das stellen wir kostenlos zur Verfügung. Es muss ja nicht jeder das Rad neu erfinden.
Wie sehen Ihre neuen Wege konkret aus?
Es fängt schon damit an, dass wir uns in Kindergärten und Grundschulen in die Brandschutzerziehung eingeklinkt haben und selbst in Montur vor den Kindern auftreten. An weiterführenden Schulen bilden wir Jugendliche zu Brandschutzhelfern aus. Demnächst wollen wir auch Jugendliche in Fahrschulen zum Beispiel über Fahrzeugbrände informieren als kleiner Teil im Rahmen der Theorie.
Und wie sind Sie auf die Erwachsenen zugegangen?
Wir sind auf Neubürgerempfängen der Stadt präsent, weil wir dort auf Menschen treffen, die soziale Kontakte suchen. Wir haben mit einem Stand auf der Ehrenamtsbörse offensiv Werbung gemacht. Das Entscheidende dabei ist, dass jeder Interessierte auch mal selbst das Equipment in die Hand nehmen und einen kleinen Löschangriff probieren darf. Solche Momente elektrisieren.
Schwinden so die Berührungsängste?
Insbesondere Frauen befürchten, dass sie der Arbeit körperlich nicht gewachsen sind. Das stimmt aber nicht. Klar sollte man ein bisschen fit sein. Aber wir sind ja auch keine Helden, die mit nacktem Oberkörper durchs Feuer laufen, um Menschen zu retten. Deshalb gehörte zu unserer Kampagne auch, dass wir auf großen Plakaten unsere Feuerwehrleute einfach in Alltagskleidung zeigen.
Die Stadt Korntal-Münchingen hat jetzt ein Bonussystem eingeführt, das besonders aktive Feuerwehrleute mit Gutscheinen für sportliche und kulturelle Events oder fürs Fitnessstudio belohnt. Was halten Sie davon?
Das ist eine schöne Geste der Anerkennung für dieses Ehrenamt. Das sollen sie ruhig probieren. Ich habe allerdings Zweifel, ob sich mit diesen Goodies ein Anreiz für ein nachhaltiges Engagement setzen lässt.
Was tun Sie denn für die bestehende Truppe?
Wir informieren über Newsletter, fördern die Teilnahme an Lehrgängen zur Weiterbildung und Teamausflüge. Außerdem haben wir Jahresgespräche eingeführt, um von jedem Einzelnen ein Feedback zu bekommen. Damit wollen wir die Zufriedenheit unserer Mitglieder erhöhen.