An der Eduard-Mörike-Schule ist Ruhe eingekehrt. Die neue Rektorin Sabine Vallon und der Elternbeiratschef Thomas Gärtner berichten im Interview von den Veränderungen an der Einrichtung.

Böblingen - Ein turbulentes Jahr liegt hinter der Böblinger Eduard-Mörike-Schule: Konflikte zwischen der ehemaligen Rektorin und Eltern eskalierten. Mit einem Brief, den 175 Eltern unterschrieben hatten, wandten sich diese vor einem Jahr kurz vor Beginn der Sommerferien an den Kultusminister persönlich. Während der Ferien rotierten die Verantwortlichen im Ministerium und dem Stuttgarter Regierungspräsidium, um eine Lösung für das Problem zu finden. Am Ende der Ferien gab das Ministerium bekannt, dass die umstrittene Rektorin die Schule verlassen und eine andere Aufgabe übernehmen werde. Die Behörde setzte Hans-Martin Schühle als kommissarischen Schulleiter ein. Im März übernahm dann Sabine Vallon das Ruder. Gemeinsam mit dem Elternbeiratsvorsitzenden Thomas Gärtner erzählt sie, wie sie die Probleme angepackt haben.
Herr Gärtner, vor genau einem Jahr schlugen die Wellen an der Eduard-Mörike-Schule hoch. Viel ist in den vergangenen Monaten passiert. Wie fühlen Sie sich heute?
Gärtner Sehr viel besser als vor einem Jahr. Ich denke, da kann ich für alle Eltern sprechen. Wir hatten eine schwierige Zeit. Jetzt werden endlich die Themen angegangen, die uns Eltern auf den Herzen liegen. Vor allem die Gewalt an der Schule war für uns ein zentrales Thema. Da wurden wir noch vor einem Jahr von der Schulleitung nicht ernst genommen. Der kommissarische Schulleiter Herr Schühle hat sich dem Thema als erster angenommen und jetzt Frau Vallon. Darüber sind wir sehr erleichtert.
Frau Vallon, Sie saßen als Rektorin einer Stuttgarter Schule fest im Sattel. Was hat Sie bewogen, sich ausgerechnet auf die Stelle an der Mörike-Schule zu bewerben, die einen schlechten Ruf hatte. Hatten Sie nicht Angst vor querulantischen Eltern?
Vallon Nein, ganz und gar nicht. Und ich erlebe die Eltern hier als sehr interessiert an einer guten Zusammenarbeit. Ich habe die besondere Situation an der Schule als Herausforderung gesehen. Und Themen wie die Gewaltprävention kannte ich von meiner vorigen Schule. Ich wurde von meinem Schulrat auf die Stelle aufmerksam gemacht. Daraufhin habe ich mich beworben. Als ich den Zuschlag erhielt, habe ich sie gerne angenommen. Böblingen liegt näher an meinem Wohnort Sulz am Neckar als Stuttgart.
Empfinden Sie das Thema Gewalt tatsächlich als problematisch an der Schule?
Vallon Im Sinne von körperlicher Gewalt nicht so sehr, wobei da mein Vorgänger, Herr Schühle, schon einiges angegangen war. Was mir aber auffiel, war der Umgangston der Schüler untereinander und gegenüber den Lehrern. Der war oft ziemlich respektlos. Das gehen wir jetzt an.
Wie?
Vallon Wir haben ein Gewaltpräventionsprogramm entwickelt. Da sind wir gemeinsam mit dem gesamten Kollegium zwei Tage weggefahren. Die Lehrer haben dafür einen freien Samstag geopfert.
Wie sieht das Konzept aus?
Vallon Wir haben feste Regeln vereinbart. Zum Beispiel die Stopp-Regel. Wenn einem Kind etwas zu viel wird, kann es sich wehren, in dem es sagt: Stopp, lass das. Dies muss der andere respektieren. Wir haben eine Ampel eingeführt: Rot, Gelb, Grün. Grün bedeutet, ein Kind verhält sich regelkonform, und bei Rot werden die Eltern eingeschaltet. Außerdem wollen wir im Herbst bei einer Projektwoche ein besonderes Kommunikationsmodell einführen. Die Kinder sollen lernen, in Ich-Botschaften zu reden, statt andere anzugreifen.
Waren Sie als Eltern miteinbezogen in die Konzeption des Programms?
Gärtner Zunächst haben wir als Elternbeirat den Lehrern einen pädagogischen Tag für die Ausarbeitung des Programms genehmigt. Die Details erfahren wir in der nächsten Elternbeiratssitzung. Da steht der Punkt auf dem Programm.
Vallon Wir beziehen die Eltern auf vielfältige Weise ein. So gibt es zu verschiedenen Themen Steuerungsgruppen, in denen Eltern und Lehrer gemeinsam sitzen. Außerdem haben wir die Gruppe der Emsigen Eltern wiederbelebt, die es früher schon an der Schule gegeben hat und die zum Beispiel eine Schulzeitung herausgeben. Wir freuen uns auch, wenn Eltern eine Arbeitsgemeinschaft anbieten. Im Moment gibt es eine Mutter, die sich so engagiert, aber wir hoffen auf weitere.
Das hat sich offenbar verändert verglichen mit der Situation vor einem Jahr.
Gärtner Ja, in der Tat arbeiten wir jetzt als Eltern mit der Schulleitung so zusammen, wie wir uns das vorstellen.
Was macht ein gutes Schulklima aus?
Vallon Vor allem Transparenz. Wichtig ist, dass alle Beteiligten am Schulleben miteinander reden. Dann kann man Konflikte lösen, die es natürlich auch gibt.
Sehen Sie, Herr Gärtner, diese Transparenz nun in der Schule?
Gärtner Auf jeden Fall. Das Schulklima ist jetzt so, wie wir es uns als Eltern wünschen. Wir können mit unseren Anliegen auf die Lehrer und die Schulleitung zugehen und werden ernst genommen.
Was haben sie aus den Querelen des vergangenen Jahres gelernt?
Gärtner Wir Eltern fühlen uns vor allem bestätigt, dass wir mit unseren Einschätzungen richtig lagen. Genau die Probleme, die wir sehen, zum Beispiel Gewalt an der Schule, werden nun angegangen. Wir sind auch dem Regierungspräsidium in Stuttgart sehr dankbar, das uns mit Herrn Schühle schnell jemanden geschickt hatte, der Ruhe in die Schule brachte. Auch über das transparente Besetzungsverfahren bei der Einstellung von Frau Vallon im Frühjahr sind wir froh.