Der Ärger über den Schießlärm der US-Armee spitzt sich zu. Der neue CDU-Abgeordnete Marc Biadacz wünscht sich „eine pragmatische Lösung“.

Böblingen - So hatte sich Marc Biadacz, der neue CDU-Abgeordnete des Kreises in Berlin, seinen Antrittsbesuch bei der Bürgerinitiative Schießlärm sicher nicht vorgestellt. Seit 23 Jahren kämpft diese gegen den Lärm der benachbarten Schießanlage der US-Armee. Und der Unmut war selten so groß wie in diesem Moment. Kaum zu stoppen war Ulrich Durst, der Sprecher der Initiative, der seinen Unmut über die jüngsten Ereignisse äußerte. „Mein Telefon stand den ganzen Morgen nicht still. Ich werde mittlerweile persönlich von Bürgern angegriffen, die sagen: ‚Glauben Sie selbst noch an die vielen Versprechungen von Stadt und US-Armee?’“

 

Anlass für die Empörung war eine gut gemeinte Pressemitteilung, welche die Stadt Böblingen und die US-Armee gemeinsam herausgegeben hatten. In dem Resümee des jüngsten Runden Tisches ist von „weiteren vertiefenden Untersuchungen“ die Rede, die nötig seien, um eine wirksame Schalldämmung zu bauen. Und davon, dass der Böblinger Oberbürgermeister Wolfgang Lützner angeregt habe, dass die US-Armee mit den vom Schießlärm betroffenen Bürgern direkt spreche. „Ein Konzept für die Dämmung der Schießanlage liegt längst vor. Warum brauchen wir jetzt weitere vertiefende Untersuchungen? Dies empfinden die Bürger als reinen Hohn“, empörte sich Durst. Auch Gespräche zwischen Bürgern und Vertretern der US-Armee hält Durst für überflüssig. „Dass die Schallgrenzen überschritten werden, ist lange bekannt.“ Das hätten nicht nur mehrere Messungen der Bundeswehr bestätigt, sondern auch der frühere Brigadegeneral Markus Laubenthal und verschiedene Experten vor Ort festgestellt.

Bürger enttäuscht über Oberbürgermeister

„Tief enttäuscht“ seien die Bürger über den OB Wolfgang Lützner, der sich ihrer Meinung nach nicht genug für die Böblinger Belange einsetze. Und gegenüber den Amerikanern entwickelten manche einen regelrechten „Hass“, sagte Ulrich Durst. Seit 23 Jahren kämpfe man für eine Reduzierung des Lärms. Stattdessen sei es immer schlimmer geworden. „Wir nehmen der US-Armee auch nicht mehr ab, dass sie an einer guten Nachbarschaft mit uns interessiert ist, wie sie behauptet.“

Unterstützung erhielt Durst von seinen Mitstreitern Philipp Graupe und Dieter Schühle, beides Nachbarn von ihm im Wohngebiet Rauher Kapf, das nur 300 Meter entfernt von der Schießanlage der US-Armee entfernt liegt. „Böblingen zeigt sich als guter Nachbar, wenn man zum Beispiel sieht, dass die Straße zur neuen Schule der US-Armee ausgebaut wird“, sagte Schühle. „Was wir als direkte Nachbarn nicht verstehen: Die Amerikaner haben viele Millionen Euro investiert für Neubauten. Doch für den Schallschutz soll kein Geld da sein?“

Stadt reagiert auf Kritik

Marc Biadacz, der selbst Böblinger Gemeinderat ist und die Schießlärm-Problematik kennt, versuchte, die Gemüter zu beruhigen. Er verstehe den Ärger der betroffenen Bürger. Doch er plädiere für „eine pragmatische Herangehensweise“. „Der juristische Weg bringt uns nichts.“ Ein Konzept für die Schalldämmung liege vor, konkret gehe es nun darum, die vorhandene Schallschutzwand, die bereits Erleichterung für die Bürger Schönaichs gebracht habe, so abzuschrägen, dass der Schall auch von den Böblinger Wohngebieten weggeleitet würde. Dies koste 800 000 Euro. „Nun geht es darum, eine Finanzierungsvereinbarung zu treffen, zu schauen, wer was zahle.“ Dass ein solcher bald zustande komme, dafür werde er sich einsetzen, versprach Biadacz. „Ich gehe als neuer Abgeordneter unbefangen heran. Lassen Sie es mich versuchen.“

Auch die Stadt hat auf die harsche Kritik der Bürger reagiert – mit einer neuerlichen Pressemitteilung, die dieses Mal ohne amerikanische Beteiligung abgefasst worden war: „Ohne spürbare Fortschritte für die betroffenen Bürger ist nicht nur deren Geduld zu Ende, sondern auch die der Böblinger Stadtverwaltung.“