Die Pannenserie beim Dreamliner von Boeing hat ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Fast alle der weltweit 50 Prestigeflieger müssen auf Anordnung der Behörden wegen Batterieproblemen auf unbestimmte Zeit am Boden bleiben.

Stuttgart - Die Pannenserie beim Dreamliner von Boeing hat ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Fast alle der weltweit 50 Prestigeflieger müssen auf Anordnung der Behörden wegen Batterieproblemen auf unbestimmte Zeit am Boden bleiben. Boeing-Chef Jim McNerney bezeichnete den 787 dennoch als sicher und versprach, so schnell wie möglich Lösungen für die Probleme zu finden. Die Produktion in Seattle läuft nach Firmenangaben normal weiter. Air Berlin hat 15 der Flieger geordert, die nach früheren Angaben ab 2015 ausgeliefert werden sollen. Tui erwartet insgesamt 13 Dreamliner, den ersten bereits im Februar.

 

Die Zwangspause für den bislang rund 850-mal bestellten hochmodernen Karbonflieger könnte Boeing aber teuer zu stehen kommen. Mit der staatlichen LOT aus Polen, dem bislang einzigen Dreamliner-Kunden in Europa, kündigte bereits die erste Airline an, Schadenersatzforderungen zu prüfen. Die bis Ende März vereinbarte Auslieferung dreier weiterer Maschinen macht LOT nun von der Behebung der technischen Probleme abhängig.

Schlagzeilen mit Pannenserie gemacht

Ein Brand einer Batterie hatte am Mittwoch eine 787-Maschine der japanischen Fluggesellschaft All Nippon Airways (ANA) zu einer Notlandung gezwungen. Daraufhin zog die US-Luftfahrtbehörde die Notbremse (FAA): Die Airlines müssten nachweisen, dass die hochmodernen Lithium-Ionen-Batterien sicher seien, bevor weitere Flüge erlaubt würden. Den Zeitplan ließ die FAA völlig offen. Die Maßnahme gegen ein heimisches Unternehmen ist drastisch, zuletzt gab es laut Branchenexperten einen vergleichbaren Fall 1979 nach einem tödlichen Unglück. Die Luftfahrtbehörden in Europa, Japan, Indien und Katar schlossen sich dem US-Verbot an. In den vergangenen Tagen hatte der Airbus-Rivale neben dem Batteriebrand mit zwei Treibstofflecks, einem Kabelproblem, einer Bremsstörung sowie einem zersprungenen Cockpitfenster Schlagzeilen gemacht.

Japan ist bis jetzt der größte Markt für den Dreamliner, die beiden führenden Fluggesellschaften ANA und Japan Airlines haben 24 der 50 Dreamliner im Dienst. Doch auch Airlines in Indien, Südamerika, Katar, Äthiopien sowie eben in Polen und den USA haben den Dreamliner in der Flotte. Die Bemühungen der Fluggesellschaften, die Dreamliner-Flüge mit anderen Maschinen zu ersetzen, liefen auf Hochtouren. Japan Airlines strich acht Dreamliner-Flüge bis 25. Januar. Fast 1300 Passagiere sind allein dadurch betroffen. Experten schätzten, ANA könnte die Zwangspause pro Tag rund 1,1 Millionen Dollar kosten. Ein Dreamliner der ANA blieb am Frankfurter Flughafen stecken. Er sollte eigentlich nach Japan fliegen. Heute sollen Experten von FAA, Boeing und der US-Behörde für Verkehrssicherheit in Japan gemeinsam die defekte Batterie der betroffenen Maschine inspizieren.

Hochkomplexe Technik

Bei dem Akku handelt es sich um ein hochmodernes Modell. Der Nachteil dieses Typs ist aber, dass die Batterien sich bei einer Überlastung leicht entzünden können und der Brand wegen des dann freigesetzten Chemiecocktails schwerer zu löschen ist als bei herkömmlichen Batterien. Kritiker haben Boeing vorgeworfen, zu schnell in die Produktion gegangen zu sein. Boeing hat dies zurückgewiesen. Grundsätzlich kommt diese neue Generation von Batterien in vielen Bereichen bislang problemlos zum Einsatz, etwa bei Satelliten.

Probleme mit der hochkomplexen Technik modernster Flugzeuge scheinen bei Markteinführungen dazuzugehören. Ein weiteres Beispiel sind die Haarrisse beim Superjumbo A380 von Airbus vor rund einem Jahr. Der Boeing-Konkurrent enthält sich deshalb auch hämischer Kommentare. Airbus hatte schon Jahre zuvor Probleme mit seinem Vorzeigemodell. Der Mutterkonzern EADS musste verkünden, dass das A380-Projekt in Milliardenhöhe über dem Budget liege. Die Auslieferung des Fliegers verzögerte sich mehrmals, unter anderem wegen Problemen beim Einbau der Verkabelung.