Die Hohenstein-Institute in Bönnigheim überprüfen, ob Kleidungsstücke passen – und korrigieren sie im Zweifelsfall. Dabei kommen Testpersonen zum Einsatz und nicht Schneiderbüsten – wie es sonst oft der Fall ist.

Bönnigheim - Sven Schmidt sieht aus, als würde er sich nicht besonders wohl fühlen. Er zupft die ganze Zeit am Kragen seines Shirts herum, prüft kritisch, ob die Ärmel lang genug sind, oder zieht den Bund seiner Hose hoch. Nein, dieses Radler-Outfit ist nichts für ihn: „Das würde ich nicht kaufen, das sitzt nicht gut“, sagt der 26-Jährige. Stephanie Müller pflichtet ihm bei. Die Leiterin der Abteilung Bekleidungstechnik an den Hohenstein-Instituten hat gleich gesehen, dass der Kragen zu eng ist und die Hose zu kurz: An diesem Outfit muss irgendetwas gemacht werden.

 

Das Urteil von Schmidt und Müller in Bönnigheim hat Gewicht. Hersteller und Händler werden hellhörig, wenn die Testperson und die Expertin ein Kleidungsstück so schlecht bewerten. Denn das bedeutet, dass vielleicht die Ursache für einen stockenden Absatz oder häufige Reklamationen gefunden ist. Denn darum geht es, wenn Unternehmen ihre Kleidungsstücke einer Passform-Prüfung in Bönnigheim unterziehen – Ursachenforschung. Manche setzen noch früher an und beteiligen die Hohenstein-Institute an der Entwicklung von Proto-Typen, um von vornherein sicher zu gehen, dass Shirt oder Bluse gut sitzen.

Testpersonen können sagen, wo es zwickt

Das Besondere in Bönnigheim ist, dass die Kleidungsstücke ausschließlich von Menschen anprobiert werden – andernorts kommen meist Schneiderbüsten zum Einsatz. „Damit wächst das Verständnis dafür, was den Leuten wichtig ist“, sagt Müller. Denn die Testpersonen können mitteilen, wo es zwickt und drückt, und den Sitz der Kleidungsstücke auch in typischen Haltungen wie beim Sitzen oder Bücken beurteilen.

Weil das direkte Feedback so wertvoll ist, gibt es seit Kurzem sogar die Möglichkeit, die Hersteller in Bangladesh oder anderen Ländern per Videoschalte an den Tests teilhaben zu lassen. So können sie direkt Fragen an die Versuchspersonen richten – und sich zudem selbst ein Bild von ihrem Produkt machen. „In Asien können sich viele zum Beispiel nicht vorstellen, dass wir so große Damen haben, da hilft die Videokonferenz auch“, sagt Müller und lacht.