Die Deutsche Börse wollte mit der Londoner Börse fusioniern, es hat wieder mal nicht geklappt. Dieses Mal kam das „ Nein“ aus Brüssel von der EU-Kommission.

Frankfurt - Die Deutsche Börse in Frankfurt ist ein erfolgreiches Unternehmen. Doch mit Großfusionen hat der Börsenbetreiber kein Glück. Schon zum dritten Mal ist ein offizieller Anlauf für eine Hochzeit mit der alt ehrwürdigen London Stock Exchange (LSE) gescheitert, zusätzlich hat man zwei Mal nach erfolglosen Sondierungsgesprächen von offiziellen Verhandlungen abgesehen.

 

Dieses Mal kam das „ Nein“ aus Brüssel von der EU-Kommission. Der geplante Zusammenschluss hätte den Wettbewerb bei der Abwicklung von Anleihegeschäften erheblich eingeschränkt, sagte die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager. „Es wäre ein De-facto-Monopol beim Clearing festverzinslicher Finanzinstrumente entstanden.“ Schon im Februar hatte sich das negative Votum der EU-Kommission abgezeichnet, nachdem sich die Londoner Börse geweigert hatte, ihren Mehrheitsanteil an der italienischen Anleihen-Handelsplattform MTS zu veräußern. Zu diesem Zeitpunkt rechnete die LSE ihren eigenen Angaben zufolge schon nicht mehr mit einer erfolgreichen Fusion mit Frankfurt.

Der Brexit hat die Stimmung gedreht

Schon damals wiesen Experten darauf hin, dass der geplante Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union die Stimmung gegen den Zusammenschluss gedreht habe. Auch auf deutscher Seite hatte sich die Kritik verstärkt, da der Hauptsitz der gemeinsamen Börse in London sein sollte. Dies jedoch könne sich der Börsenplatz der größten Volkswirtschaft der EU nicht leisten, hieß es. Dabei hatte sich Börsenchef Carsten Kengeter vorgestellt, sich zum 50. Geburtstag mit der Besiegelung der Mega-Fusion ein ganz besonderes Geschenk zu machen. Kengeter, so war der Plan, sollte Chef der Gemeinschaftsbörse werden und seinen Sitz in London haben, wo er ohnehin schon wohnt.

Der ehemalige Investmentbanker wollte durch die gut 25 Milliarden Euro schwere Fusion einen europäischen Champion schmieden, der den größeren US-Rivalen CME und ICE Paroli bieten kann. Entsprechend enttäuscht ist man denn auch in Frankfurt über das Scheitern. „Die Untersagung ist ein Rückschlag für Europa, für die Kapitalmarktunion und für die Brücke zwischen Kontinentaleuropa und Großbritannien“, sagte der Aufsichtsratschef der Deutschen Börse, Jochen Faber.

EU-Kommissarin Vestager deutete an, dass sie das Vorgehen der LSE beim geforderten Verkauf der italienischen Handelsplattform überrascht habe. „Es handelt sich um eine kleine Firma im Vergleich zur Größe beider Unternehmen.“ Aber die LSE habe nun mal so entschieden. In der Folge blieb der Kommission, die diesem europäischen Deal Insidern zufolge eigentlich positiv gegenüber gestanden hat, nun nichts anderes übrig, als ein Veto einzulegen. Dass die EU ihr Veto ausgerechnet an dem Tag verkündete, an dem Großbritannien seinen Austritt aus der EU beantragte, ist eine besondere Pointe. „Ich weiß, dass heute viele Dinge passieren“, sagte Vestager. Bei ihrer Entscheidung über die Börsenfusion habe der Brexit aber keine Rolle gespielt. „Mir kommt es auf den Wettbewerb an, nicht auf die Herkunftsländer von Unternehmen.“

Frankfurt fühlt sich auch ohne die Fusion stark

Die Deutsche Börse zeigte sich auf die Niederlage gut vorbereitet. Börsenchef Kengeter hatte zwar mehrfach davor gewarnt, dass der Konzern ohne den Deal mit London im weltweiten Wettbewerb weiter zurückfallen werde. Nun aber verkündete er selbstbewusst: „Die Deutsche Börse ist auch allein sehr gut aufgestellt, um im globalen Wettbewerb mit anderen Börsenbetreibern bestehen zu können.“ Der Konzern werde seine beschlossene Wachstumsstrategie vorantreiben und den Gewinn pro Jahr um zehn bis 15 Prozent steigern, so Kengeter.

Investoren sind der Ansicht, dass die Deutsche Börse auch ohne die LSE Wachstumschancen hat, beispielsweise im Daten- und Wertpapierverwahrgeschäft. In diesen Bereichen könne der Konzern seine Position auch durch kleine und mittelgroße Zukäufe ausbauen, sagt einer der 20 größten Aktionäre. Von Mega-Deals solle Kengeter dagegen erst mal die Finger lassen, hieß es in Frankfurt.

Auch die LSE will nun aus eigener Kraft wachsen und zudem die Augen nach vereinzelten Zukäufen offenhalten. Seine Investoren versucht der Konzern zudem mit einem 200 Millionen Pfund (gut 230 Millionen Euro) schweren Aktienrückkauf bei Laune zu halten. An der Börse überwog die Erleichterung, dass die Hängepartie nun beendet ist: Die Aktien von Deutscher Börse und LSE legten deutlich zu.