Zwei Jahre nach der Entführung von Schulmädchen aus Chibok taucht die erste junge Frau wieder lebend auf. Der Druck auf Präsident Buhari wächst, die anderen 218 Vermissten aus den Fängen von Boko Haram zu befreien. Nun meldet die Armee die Rettung eines zweiten Chibok-Mädchens.

Lagos - Nach der Flucht eines der vor gut zwei Jahren von Boko Haram entführten Schulmädchen ist offenbar eine zweite Schülerin aus Chibok aus den Fängen der Terrorgruppe freigekommen. Dies teilte ein Sprecher der nigerianischen Armee am Donnerstag mit. Demnach wurde das womöglich ebenfalls aus Chibok stammende Mädchen am Abend gerettet. Die Information konnte zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.

 

Am Vortag war erstmals seit April 2014 ein Mädchen wieder aufgetaucht, das damals mit 275 Leidensgenossinen von Boko Haram aus ihrer Schule verschleppt worden war. In die Freude über die Rettung der heute 19-Jährigen mischte sich neue Kritik an der Regierung von Präsident Muhammadu Buhari, der mangelnde Sensibilität im Umgang mit dem Mädchen vorgeworfen wurde. Zudem steht die Führung nun unter weiterem Druck, die anderen vermissten Schulmädchen zu befreien.

Regierung will weitere Chibok-Mädchen befreien

Buhari empfing die ehemalige Geisel Amina N. am Donnerstag in seiner Präsidentenvilla in Abuja. Die junge Frau kam in Begleitung ihrer Mutter, die ihr in Gefangenschaft geborenes Baby trug. N. sprach etwa eine Stunde mit Buhari, der ihr die bestmögliche Betreuung und Ausbildung zusicherte. Die Regierung werde alles tun, um auch die anderen Chibok-Schülerinnen nach Hause zu holen, versprach er.

Nach ihrer Entführung war Dutzenden Mädchen unmittelbar die Flucht gelungen. 219 blieben jedoch bis Dienstag verschollen. An diesem Tag stießen Jäger am Rande des Sambisa-Walds, der als Rückzugsort von Boko Haram gilt, auf N. und ihr Kind.

Mitarbeiter von Hilfsorganisationen kritisierten, dass die junge Frau der Öffentlichkeit vorgeführt werde, anstatt sie zu behandeln. Ihre erfolgreiche Flucht solle nicht für politische Zwecke missbraucht werden, sagte Francisca Vigaud-Walsh von Refugees International.

Stark traumatisierte ehemalige Geisel

Die 19-Jährige machte einen stark traumatisierten Eindruck, sie konnte aber offenbar wichtige Informationen mitteilen. Demnach sind einige ihrer Leidensgenossinen in der Gefangenschaft der Extremisten gestorben, die anderen befänden sich immer noch in deren Gewalt, sagte sie nach Angaben des Arztes Idriss Danladi.

Falls nach ihrer Flucht Boko Haram nun größere Gruppen der Gefangenen verlegen sollte, könnten diese Bewegungen von Satelliten und Luftüberwachung bemerkt werden, sagten Behördenvertreter. Bei der Suche nach den Mädchen erhält Nigeria Hilfe der USA, die Drohnen einsetzt.

Boko Haram lehnt westliche Bildung ab und will einen islamischen Gottesstaat schaffen. Die seit 2009 mit Gewalt auftretende Terrorgruppe hat Tausende weitere Kinder und junge Frauen entführt und etwa 20 000 Menschen getötet. Das Militär hat mittlerweile Tausende Boko-Haram-Geiseln befreit, Chibok-Mädchen waren bisher aber nicht darunter. Junge Frauen, die sich aus der Gewalt der Extremisten befreien konnten, sagten, Boko Haram zwinge seine Geiseln, zu konvertieren, zu heiraten und Sex zu haben, um „eine neue Generation“ von Extremisten zu schaffen.