Ein afrikanischer Kunsthandwerker aus Togo gestaltet ein Stückchen der Wilhelma. Die neue Waldantilopen-Anlage ist fast fertiggestellt, so dass die Bongos bald umziehen können.

Stuttgart - Die Aussicht auf eine neues Bongo-Gehege in der Wilhelma lässt manchen fragend zurück. „Bongos? Sind das nicht Trommeln?“ Die Antwort lautet „Jain.“ Bongos sind in der Tat afrikanische Trommeln. Aber auch imposante Waldantilopen. Und die dürfen demnächst in ein aufgemöbeltes Gehege einziehen. Der afrikanischer Kunsthandwerker Boniface Ametepe ist in der Wilhelma am Werk, um authentisches Flair seiner Heimat in dem zoologisch-botanischen Garten Stuttgarts zu verbreiten.

 

Das Strohdach auf dem Unterstand lässt sofort erkennen, dass es mit der exakten norddeutschen Reetkunst gar nichts zu tun hat. Die Bindung wirkt lockerer, weniger geordnet. An etlichen Halmen hängen noch die Garben. „Das ist fertig. Es ist African Style“, sagt die Wilhelma-Projektbeauftragte und Landschaftsarchitektin Katja Siegmann. Sie habe „nicht so oft“ gesehen, das Ametepe eine Wasserwaage verwende. Der kontert lachend: „Ja, Deutsche sind sehr gerade.“

Geschnitzte Masken als Glücksbringer und Schutz

Von der neuen Beobachtungswand am zweigeteilten, rund 1000 Quadratmeter großen Gehege unweit der Giraffen-Anlage schauen dem Besucher jetzt zwei kantige afrikanische Holzmasken entgegen. Sie sind Stammessymbole, erklärt Ametepe. Die eine sei ein Glücksbringer, die andere ein Schutz für die Tiere. „Ich möchte afrikanische Kunst zeigen. Das ist mein Ziel“, sagt der 52-Jährige, der in Kpalimé, der viertgrößten Stadt Togos, seine Ausbildung zum Künstler gemacht hat. Er war für den Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin kein Unbekannter. Schon im Erfurter Zoo gestaltete der Mann aus Togo die Afrika-Savanne mit und hinterließ eine Visitenkarte, die im Gedächtnis blieb.

Natürlich sei ihm der Erfolg nicht in den Schoß gefallen, erzählt der zweifache Vater. Als er 1995 nach Deutschland kam, war er hier gänzlich unbekannt und hatte kaum Geld. Zum Glück habe ihm ein Erfurter Tischler kostenlos seine Werkstatt zur Verfügung gestellt. „Fünf Jahre habe ich gearbeitet wie ein Verrückter und fast nichts verkauft. Dadurch hatte ich irgendwann viele verschiedene Dinge fertig und konnte sie ausstellen“, erzählt der Künstler mit dem gewinnenden Lachen.

Im Mai 2015 hat Katja Siegmann mit der Planung des Wilhelma-Geheges begonnen, im Oktober war die Ausschreibung. Jetzt fehlt nur noch der letzte Schliff an der neuen Bongo-Anlage. Der Boden muss sich noch setzen. Dann können die Tiere von der Außenstelle Tennhof im Rems-Murr-Kreis, wo sie derzeit untergebracht sind, in ihr neues Domizil umziehen.

Die scheuen Tiere brauchen einen Sichtschutz

Die Sanierung, die rund 150 000 Euro kostet, war nötig geworden, weil die alte Anlage in die Jahre gekommen war. Vor allem die rund 30 Jahr alten Holzstämme, die den scheuen Waldantilopen mit den großen Ohren und imposanten Hörnern einen Sichtschutz bieten, seien verrottet gewesen, berichtet die Wilhelma-Kuratorin Ulrike Rademacher. „Auf freiem Gelände fühlen sich die Tiere nicht wohl“, sagt sie.

Das Gehege ist jetzt terrassenförmig gestaltet, mit afrikanischen Unterständen und Sichtblenden aus Robinien-Stämmen. Es gibt Böden mit Sand, Kies, Rasen, verschiedenen Substraten. Sie sollen die Hufe schonen. Die Beobachtungswand sei eher ein Gestaltungselement, sagt Rademacher. Durch die schmalen Öffnungen könnten Besucher die hübschen Tiere aber vielleicht auch etwas ausgiebiger betrachten.

Die Bongos der Wilhelma sind Teil des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms EEP, mit dem ein möglichst gesunder Genpool bedrohter Tierarten in Zoos erhalten werden soll. Um den fünf Jahre alten Wilhelma-Bock Tambo scharen sich drei Zuchtweibchen und von Zeit zu Zeit auch Jungtiere. In Zoos leben weltweit rund 700 Bongos, in der freien Wildbahn Kenias seien es nur noch rund 100, sagt Rademacher. Wilderei und die Zerstörung des natürlichen Lebensraums setzen der Art zu. So gibt es laut Rademacher auch einen traurigen Grund für die Namensgleichheit von Antilope und Musikinstrument: Bis vor einigen Jahrzehnten wurden die Trommeln noch aus den Häuten der Tiere gefertigt.