Weil eine Stiftung eingesprungen ist, konnte der Bonus-Markt auf der Rohrer Höhe geöffnet bleiben. Ende März ist das Geld zwar aufgebraucht – weitergehen soll es aber dennoch.

Rohr - Wir haben den Mietvertrag um drei Jahre verlängert.“ Das ist die gute Nachricht, mit der Hans-Jürgen Beier aufwarten kann. Er ist Vertriebsleiter bei der Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration (SBR), welche die Bonus-Märkte betreibt und dort Langzeitarbeitslose beschäftigt. Seitdem die Bundesagentur für Arbeit die Förderrichtlinien geändert hat, ist das Bonus-Konzept jedoch in die Schieflage geraten. Einige Märkte mussten schließen, auch die Filiale auf der Rohrer Höhe war in Gefahr. Es gab eine Unterschriftenaktion mit mehr als 1000 Unterzeichnern; letztlich sprang das Ehepaar Grötzinger ein und spendete 15 000 Euro. Das Geld ist in den vergangenen 15 Monaten für die Miete verwendet worden. Ende März ist es aufgebraucht, trotzdem soll es weitergehen: „Die Botschaft ist: Wir möchten auf der Rohrer Höhe bleiben“, sagt Beier.

 

Die schlechte Nachricht für den SBR-Betriebsleiter ist, dass die Zusage des Finanzbürgermeisters Michael Föll bislang noch nicht eingehalten worden ist. Dieser hatte vergangenes Jahr ein kommunales Beschäftigungsprogramm in Aussicht gestellt. Einen kommunalen Lohnkostenzuschuss halte er für einen sinnvollen Ansatz, so Fölls Aussage damals. Soll heißen: die Stadt zahlt einen Teil des Lohns, den die Langzeitarbeitslosen für ihre Tätigkeit bekommen. „Wir haben daran geglaubt, was uns versprochen wurde“, sagt Beier.

Die Leute nicht aufs Abstellgleis stellen

Der Bonus-Markt ist das einzige verbliebene Angebot zur Nahversorgung auf der Rohrer Höhe. Die Apotheke hat vor Kurzem geschlossen, dem Vernehmen nach aus privaten Gründen. Froh und zufrieden, dass es erst mal weitergeht, ist das Ehepaar Grötzinger. „Ohne uns wäre der Laden schon zu“, sagt Ursula Grötzinger. Sie betont, dass dem Vermieter Gerhard Elsässer großes Lob auszusprechen sei. Ohne sein Entgegenkommen hätte es nicht funktioniert. Elsässer selbst will keine großen Worte darum machen. „Wenn der Bonus zugemacht hätte, wären die Leute auf der Rohrer Höhe auf dem Abstellgleis gewesen, das wollten wir nicht“, sagt er. Man sei mit der Ladenstraße dort eng verbunden. Freilich hätte er mit einem neuen Mieter ein Mehrfaches an Mieteinnahmen erzielen können. „Aber man muss halt auch mal was für die Allgemeinheit tun“, sagt er. Auch Beier zollt dem Eigentümer große Anerkennung: Elsässer habe sich an sein Versprechen gehalten, sagt er. In Beiers Worten schwingt mit: Im Gegensatz zur Stadt Stuttgart, die ihr Versprechen bislang noch nicht eingelöst hat.

Zufrieden ist derweil auch Carmen Maier-Pedemonte. Sie ist diejenige, die damals die Unterschriftenaktion angeleiert und die Grötzinger-Stiftung ins Spiel gebracht hatte. „Drei Jahre sind immerhin etwas“, sagt sie. Man könne stolz sein, auf den „kolossalen Erfolg. Es geht weiter.“ Sie habe mit vielen der damaligen Unterzeichner gesprochen. Alle seien froh, erzählt sie. Darunter sind viele ältere Einwohner. Für diese ist der Bonus die einzige Möglichkeit, ohne größere Umstände an Lebensmittel zu kommen.

Auf die versprochene kommunale Förderung warten

Genau das ist auch das Ziel der Bonus-Märkte: „Wir bedienen nun mal nicht die Smartphone-Generation, sondern die, die im Alter gerne weiter in ihren Wohnungen bleiben möchten“, sagt Beier. Bonus werde geholt, um die Nahversorgung vor Ort zu sichern und Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. „Das bleibt auch so. Aber am Jahresende muss eben eine schwarze Null bei uns stehen.“ Sonst ist es aus – das spricht er nicht aus. „Wir brauchen die Bindung aller Kräfte“, betont der Vertriebsleiter. Gemeint sind neben dem Entgegenkommen des Vermieters und der Kunden, die mehr als nur die vergessene Milch dort kaufen, eben auch die angekündigte Unterstützung durch die Stadt. Ob sie den Bonus-Markt auf der Rohrer Höhe tatsächlich weiter finanzieren können, werde sich zeigen, sagt der Vertriebsleiter. „Wir warten weiter auf das Thema kommunale Förderung.“

Bis Redaktionsschluss war auf die Frage nach dem Stand des kommunalen Beschäftigungsprogramms von Bürgermeister Fölls Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen keine Auskunft zu erhalten.