Es gibt kaum ein Thema, über das man in Großbritannien keine Wette abschließen kann. Sport ist ein Dauerbrenner, doch Wahlen, das Leben der Royals, Donald Trump und Kim Jong-un erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

London/Stuttgart - Ist Herzogin Kate wieder schwanger? Wird die Queen beim Pferderennen in Ascot einen gelben Hut tragen? Lässt US-Präsident Donald Trump das Weiße Haus goldfarben streichen? Die Briten sind bekannt für ihren Hang zu skurrilen Wetten. Und der Trend verstärkt sich, wie Lee Price, PR-Chef des britischen Glücksspielanbieters Paddy Power, bestätigt. „In den vergangenen zwölf Monaten waren politische Wetten bei den Kunden beliebter als Sport, abgesehen von Fußball und Rennen.“

 

Wetten zu Trump seien derart beliebt geworden, dass das Unternehmen eine extra Webseite dafür eingerichtet habe. Zudem gebe es seit Ende Juli einen Kollegen, der sich nur mit Trump-Wetten beschäftige. „Wir hatten einzelne Kunden, die 54 000 Euro auf den Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl gesetzt haben“, sagt Price. Ein riskanter Einsatz, der mit je 240 000 Euro Gewinn belohnt wurde.

Wettbüros gehören in Großbritannien zum Straßenbild. Die zwei größten Anbieter Ladbrokes und William Hill stellen zusammen die Hälfte der rund 8800 lizenzierten Wettbüros. Aber auch Betfred, Paddy Power und Coral finden sich an jeder Ecke.

Lotto, Roulette, Pferderennen: Auch die Deutschen lieben das Glücksspiel

Auch wenn die Briten Europas größte Zocker sind, stehen ihnen die Deutschen nur wenig nach. Der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim zufolge haben fast 76 Prozent der 16- bis 70-jährigen Deutschen (Männer: 82 Prozent, Frauen: 73 Prozent) mindestens schon einmal an einem gewerblichen Glücksspiel teilgenommen. In Großbritannien nahm die Branche zwischen 2015 und 2016 rund 15,3 Milliarden Euro ein. In Deutschland beliefen sich die Bruttospielerträge (abzüglich Wetteinsätze und Gewinne) laut Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder im Jahr 2015 auf 10,4 Milliarden Euro.

Glücksspiele wie Lotto- und Sportwetten, Spielcasinos und Pferderennen sind in Deutschland Ländersache und unterliegen dem Monopol des Staates. De facto besteht dieses Monopol aber seit Jahren nicht mehr, weil private Anbieter über das Internet aus dem Ausland aktiv sind. Die Firmen widersetzen sich mit allen juristischen Mitteln der Kontrolle durch die Behörden und lassen sich nicht im Netz abschalten.

Von 2018 an werden 35 Firmen offiziell Sportwetten anbieten dürfen

Im März haben sich die Bundesländer nach jahrelangen Diskussionen darauf geeinigt, an 35 Sportwettenfirmen Lizenzen zu vergeben. Mit dieser können sie vom nächsten Jahr an ganz offiziell ihre Wetten im Netz und über Büros vor Ort anbieten. Eine der Lizenzen ist an Oddset gegangen, den Sportwettenanbieter der staatlichen Lotto-Gesellschaften, die anderen 34 an private Buchmacher.

Glücksspielexperten schätzen das Marktvolumen von Sportwetten in Deutschland auf sechs Milliarden Euro im Jahr. 90 Prozent der Umsätze bei Sportwetten sind Einsätze aus Fußballwetten. Auf Oddset entfallen gerade einmal drei Prozent des Marktes, sagt die Chefin der Landesgesellschaft, Marion Caspers-Merk.

Nicht regulierte Anbieter dominieren den Markt im Internet

Neben der staatlichen Sportwettengesellschaft Oddset sind zahlreiche private Buchmacher wie Tipico, William Hill oder Bet365 auf dem Markt aktiv. Mindestens ebenso wichtig wie die Sportsparte (Fußball, Pferderennen, Tennis, Eishockey oder Boxen), auf die gewettet wird, ist die Wettquote, welche die meisten Gewinne verspricht. Bei einem Einsatz von 100 Euro bringt eine Quote von 1,8:1 unterm Strich 180 Euro. Eine Quote von 1,5:1 würde nur 150 Euro bringen.

Der Markt für Glücksspiele im Internet wird vor allem von nicht regulierten Anbietern – also von solchen, die eine Glücksspielkonzession aus einem anderen EU-Land besitzen – und vom illegalen Schwarzmarkt dominiert. Die oft aus anderen Ländern der Europäischen Union kommenden Sportwettenanbieter agieren in einem rechtlichen Graubereich: Sie unterliegen zwar keiner deutschen Regulierung, werden aber geduldet und dürfen ihre Dienstleistung nach dem Willen der EU-Kommission und gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch hierzulande anbieten.