Die Spielwarenbranche freut sich über mehr Geburten und erwartet einen Rekordumsatz. Sorgen bereiten den Herstellern Preissteigerungen in China. Der Trend zum Einkauf im Netz belastet die stationären Einzelhändler.

Nürnberg - Es hat nicht viel gefehlt und die Spielwarenmesse in Nürnberg hätte einen neuen Ausstellerrekord melden können. Am Ende haben sich allerdings ganze sechs Aussteller weniger als im vergangenen Jahr angekündigt. Vom kommenden Mittwoch an werden insgesamt 2851 Unternehmen aus 67 Ländern ihre Neuheiten auf der weltgrößten Branchenschau (27. Januar bis 1. Februar) präsentieren. Die meisten Aussteller kommen aus Deutschland (781), danach folgen China (319) und Großbritannien (184). Auf Platz drei der internationalen Aussteller wurde Hongkong (143) in diesem Jahr von den USA (153) verdrängt. 365 Hersteller sind in diesem Jahr zum ersten Mal in Nürnberg.

 

Messechef Ernst Kick setzt trotz des knapp verpassten Ausstellerrekords hohe Erwartungen in die 67. Auflage der Messe. Die Branche, die nach Angaben des Bundesverbandes des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) zum ersten Mal die Marke von drei Milliarden Euro Umsatz in Deutschland geknackt haben könnte (siehe Infokasten), habe sich im vergangenen Jahr enorm verändert, erklärte Kick am Donnerstag bei der Hauptpressekonferenz der Messe. Als Beispiel nannte er die verschlechterten Herstellungsbedingungen in Fernost: „Die Werkbank China funktioniert nicht mehr.“ Die Unternehmen, die in der Volksrepublik produzieren lassen, hätten es mit Preissteigerungen von bis zu 25 Prozent zu tun.

Trend zum Online-Einkauf geht zu Lasten der Läden

Auch der Spielwareneinzelhandel habe weiter zu kämpfen. Angesichts des anhaltenden Trends zum Onlineeinkauf und der veränderten Ansprüche der Konsumenten müssten die Traditionsfirmen umdenken und neue Geschäftsfelder erschließen. Die Zuwächse der Internetversender gehen vor allem zu Lasten von kleinen, inhabergeführten Geschäften. Diese scheuen oftmals die hohen Investitionen für den Aufbau eines Onlineshops und weitere digitale Aktivitäten.

Doch auch eine unerwartet positive Botschaft hielt das vergangene Jahr für den deutschen Spielwarenmarkt bereit: So verzeichnete die Bundesrepublik die höchste Geburtenrate seit dem Mauerfall. Die Zielgruppe wächst also. Diese Zielgruppe versucht die Spielwarenindustrie mit immer neuen Produkten zu erreichen. „Ein Drittel des Umsatzes wird mit Produktneuheiten gemacht“, sagte Christian Ulrich, der Marketingchef der Spielwarenmesse. In Nürnberg werden 75 000 Neuheiten präsentiert; die Messemacher sprechen von einem „Schlaraffenland für Innovationen und Spielwarentrends“.

Neben den Dauerbrenner-Trends wie Lizenzvergabe oder Digitalisierung hat eine international besetzte Expertenjury auch in diesem Jahr drei prägende Trends der Branche für die Messe ausgemacht: „Train your Brain“ („Trainiere dein Gehirn“), „Everyday Hero“ („Helden des Alltags“) und „Design to Play“. Der Trend „Train your Brain“ fördere die kognitiven Fähigkeiten, erklärte Ulrich. „Wenn die Jüngsten spielerisch angeregt werden, frei zu denken, meistern sie neue Herausforderungen einfacher. Die Produkte rund um „Everyday Hero“ soll die Kinder darin stärken, ihre Träume zu verfolgen und zu verwirklichen. „Wenn die kleinen Alltagshelden in jungen Jahren lernen, wie die Welt funktioniert, helfen sie morgen hoffentlich, sie ein wenig besser zu machen“, so der Marketingchef. Der dritte Trend sehe Spielzeug als Designobjekt. Farb- und Formgebung sollen die Fantasie der Kinder beim Spielen beflügeln und den Spielspaß erhöhen.

Bayerns Innenminister Söder eröffnet die Messe

Der bayerische Innenminister Markus Söder (CSU) wird die Messe am Dienstagabend eröffnen. Im Rahmen der Eröffnung werden auch die Gewinner der Toy Awards bekanntgegeben. Wenigstens hier konnte Messechef Kick einen neuen Rekord vermelden: 344 Unternehmen haben 616 Produkte für die Auszeichnung eingereicht, so viel wie nie zuvor. Kick erwartet in diesem Jahr 70 000 Fachbesucher aus 120 Ländern in Nürnberg. Auf 170 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche präsentieren nicht nur die Hersteller ihre Produktneuheiten und Innovationen.

An jedem Messetag gibt es auch eine Diskussionsveranstaltung im Rahmen des sogenannten Toy-Business-Forums. Themen, die dort behandelt werden, sind unter anderem Lizenzen, Design von Produkten und Verkaufsflächen sowie Online-Marketing für Händler. Die Besucher hätten Mühe, scherzte Kick, in der kurzen Zeit alles zu sehen: „Es gibt immer wieder Klagen, dass die Messe zu groß ist, um sie in sechs Tagen zu bewältigen.“

Die Branche erwartet neuen Rekordumsatz

Schlussspurt
Die deutsche Spielwarenbranche hat im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz eingefahren. „Ende Dezember ging es im Spielwaren-Einzelhandel noch einmal richtig rund“, sagte Willy Fischel vom Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) am Donnerstag. Die endgültigen Zahlen stünden noch nicht fest, aber die Händler hätten mit einem Plus von rund sechs Prozent abgeschlossen. Mit einem ähnlichen Wert rechnet auch der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie (DVSI).

Wachstum
Noch Anfang Dezember war die Branche von einem Plus von bis zu vier Prozent ausgegangen. Nach dem Top-Endspurt im Weihnachtsgeschäft, das rund 40 Prozent des Jahresbranchenumsatzes ausmacht, dürfte nun mit einem Umsatz von drei Milliarden Euro abgeschlossen werden.

Lizenzen
„Wir hatten einen Verkaufstag mehr, es lag wenig Schnee. Dadurch war der Dezember top, noch besser als 2014“, sagte DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil. Hinter dem Wachstum steckten Umsatztreiber wie Lego und Lizenzen wie Star Wars und Disney Frozen. Außerdem: „Niedrige Arbeitslosigkeit, niedrigere Spritpreise – da bleibt auch mehr im Geldbeutel“, kommentierte Brobeil.

Ausblick
Hoffnung auf ein weiteres erfolgreiches Jahr mache unter anderem die höchste Geburtenrate in Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990. „Das ist eine Freudennachricht für die Spielwarenbranche“, sagte Ernst Kick, Vorstandsvorsitzender der Spielwarenmesse in Nürnberg. Von Mittwoch an präsentieren mehr als 2800 Aussteller wieder die neuesten Kinderzimmer-Kracher, rund 70 000 Besucher werden zur weltweit größten Spielwarenmesse erwartet.