Ein Limohersteller beliefert eine Stuttgarter Schwulenkneipe nicht, weil sein Getränk nur in Hetero-Bars verkauft werden soll. Im Interview erzählt Thomas Drewitz, warum er den Fall via Facebook öffentlich gemacht hat.

Stuttgart - Als die Betreiber einer Schwulen Bar im Stuttgarter Heusteigviertel eine neue Waldmeister-Limonade aus Bayern bestellten, trauten sie ihren Augen nicht. Die Absage des Getränkeherstellers von „Phantasia“ kam per Mail mit den Worten: „Homosexuelle gehören nicht zu unserer Zielgruppe“.

 

Aus Wut über die Formulierung postete der für die Öffentlichkeitsarbeit der Boots Westernbar zuständige Mitarbeiter Thomas Drewitz eine Kopie des Anschreiben bei Facebook.

Im Interview erzählt er von der Welle der Entrüstung, die er damit auslöste.

Wie kamen Sie dazu, sich für die Waldmeister-Limonade Phantasia zu interessieren?
In unserer Kneipe bieten wir auch alkoholfreie Getränke an. So ein Sixpack Waldmeister geht am Abend gut weg. Da kam uns die Werbung von dem Unternehmen aus Füssen gerade recht. Das ansprechende Design der grünen Dosen gefiel mir und ich entschied mich, 24 Stück davon zu bestellen. Ich war sogar bereit mit einem Pappaufsteller die Werbetrommel zu rühren.
Als Sie die Absage von Phantasia lasen, was ging da in Ihnen vor?
Ich war sprachlos. Der Text war von Anfang negativ geschrieben. Ich dachte mir: „Leben wir im Mittelalter, oder was?“ Das ließ mich nicht mehr los.
Wie haben Sie reagiert?
In meiner Wut habe ich die Mail abfotografiert und postete das Foto bei Facebook mit der Bemerkung: „Es gibt auch ein Getränk nur für Heterosexuelle.“ Die Reaktionen nahmen Ausmaße an, die ich mir nicht vorstellen konnte. Wir bekamen Zuschriften von allen Seiten – auch von der „Zielgruppe“ des Getränkeherstellers. Ein Hetero-Pärchen schrieb uns: „Wir sind verheiratet, wir haben Kinder. Aber wir rühren das Zeug nicht an.“
Der junge Unternehmer und seine Familie wurde nach Ihrem Facebook-Post beschimpft und bedroht. Hat er das verdient?
Auf jeden Fall. Die Aussage: „Wir verkaufen nicht an Schwule“ ist schwer diskriminierend – genauso schlimm wie: „Wir verkaufen nicht an Juden.“ Ich war positiv überrascht, wie viele auf Facebook schrieben: „Das geht nicht.“ Klar macht man als junger Unternehmer auch Fehler. Wir haben auch mal angefangen. Aber selbst wenn ich Student bin, überlege ich doch vorher, wie ich eine Absage formuliere.
Wie hätte sich der Limohersteller Ihrer Ansicht nach verhalten können?
Auf jeden Fall geschickter. Er hätte ja gar nicht zu antworten brauchen auf meine Bestellung oder eine Ausrede verwenden können, wie zum Beispiel: „Die Limonade ist uns leider gerade ausgegangen.“ Ich verstehe nicht, warum er sich nicht beraten ließ.
Wie ist die Stimmung in der Boots Westernbar?
Sehr gut – unsere Gäste sind ja in Wahrheit gemischt. Als wir vor drei Jahren mit der Boots Westernbar starteten, war es uns besonders wichtig, dass der Club auch für Frauen und Heteros offen ist. Inzwischen haben wir ein ganz buntes Publikum. Deshalb hat mich die Begründung der Absage auch noch geärgert.
Was sagen denn die Gäste an der Theke?
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Der Witz des Abends brachte eine junge Dame: „Ich bin Hetero. Ich darf den Waldmeister trinken – aber Du nicht.“
Die Getränkefirma, die TMW Kern GbR, hat sich entschuldigt und plant zur Wiedergutmachung eine Spende an den Lesben- und Schwulenverband in Berlin (LSVD). Was halten Sie davon?
Das finde ich eine gute Idee – hundert Mal besser als eine Gratispackung Phantasia. Die will jetzt sowieso bei uns keiner mehr trinken.
Was für eine Botschaft haben Sie an die Stuttgarter?
Was die Leute privat machen, das geht niemanden etwas an. Ob sie mit Männern oder mit Frauen im Bett sind, ist allein ihre Angelegenheit. Das ist kein Grund, jemanden mit schiefen Augen anzuschauen.