Wochenlang sollen drei Angeklagte drei junge Frauen dazu bewegt haben, gegen deren Willen als Prostituierte zu arbeiten – unter anderem in Leinfelden-Echterdingen. Zwei der mutmaßlichen Opfer haben am Landgericht die Vorwürfe bekräftigt.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuutgart/Echterdingen - Über Wochen sollen die drei Angeklagten voriges Jahr mit der sogenannten Loverboy-Masche drei junge Frauen dazu bewegt haben, gegen deren Willen als Prostituierte zu arbeiten – unter anderem im Club-Paradise-Bordell in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen). Zwei der mutmaßlichen Opfer haben in dem Prozess am Landgericht als Zeuginnen die Vorwürfe bekräftigt. Eine weitere Frau erklärte indes, dass sie den käuflichen Sex freiwillig angeboten haben will.

 

Mit „Loverboy-Masche“ 7000 Euro erbeutet

Bei der „Loverboy-Masche“ habe der 21-Jährige, der zur United-Tribuns-Gang zählen soll, den drei Frauen seine Liebe vorgegaukelt, um sie dem Sexgewerbe zuzuführen, so die Anklage. Die beiden angeklagten Frauen, die selbst Prostituierte sind, hätten dafür gesorgt, dass die mutmaßlichen Opfer dabeibleiben. Den Lohn sollen die Angeklagten teilweise einbehalten haben.

In nichtöffentlichen Zeugenaussagen haben mittlerweile zwei der mutmaßlichen Opfer ihre Vorwürfe, die sie bereits bei der Polizei gemacht hatten, nun auch ausführlich vor Gericht bestätigt. Die dritte Frau überraschte hingegen mit ihrer Behauptung, dass sie sich aus freien Stück prostituiert habe. Sie sei nicht ausgebeutet worden.

Eigentlich war für die Zeugenaussagen der drei jungen Frauen jeweils nur ein Vormittag vorgesehen gewesen. Zu deren Schutz hatten die Richter die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Zwei der Frauen standen dann aber deutlich länger Rede und Antwort. Die Vernehmung eines der beiden mutmaßlichen Opfer zog sich aber zweieinhalb Verhandlungstage hin. Vom Inhalt sickerte wenig nach draußen. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung sollen diese Frauen aber bestätigt haben, dass sie nicht aus freien Stücken angeschafft hätten.

Ein mutmaßliches Opfer darf die Zeugenaussage verweigern

Das dritte mutmaßliche Opfer überraschte bei seiner Zeugenaussage die Richter damit, dass es mittlerweile mit einem gesondert verfolgten Mann verlobt sein will. Er sei United-Tribuns-Mitglied und lebe zurzeit im Ausland. Gegen den Mann wird wegen möglicher Straftaten ermittelt. Durch die Verlobung hatte die Frau ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dennoch beantwortete die 21 Jahre alte Schweizerin einige Fragen der Prozessbeteiligten. Demnach sei sie nie zur Prostitution gezwungen worden.

Am Dienstag sagte in dem Menschenhandel- und Zuhältereiprozess zudem ein Beamter des Landeskriminalamtes aus, dass Straßengangmitglieder aus Reutlingen in dem Bordell als „Hausmeister“ beschäftigt seien. Er berichtete von Aussteigerinnen, die sich vor den United Tribuns sogar fürchteten. Man sei davon überzeugt, dass Gangmitglieder das Haus mit jungen Frauen versorgten und überwachten, dass sie nicht aussteigen. Auch die Telefonüberwachung von Verdächtigen habe dies ans Licht gebracht.

Ermittlungen gegen 15 weitere Verdächtige

In dem Fall „Club Paradise“ wird gegen 15 weitere Verdächtige ermittelt. Darunter ist auch der Bordellchef Jürgen Rudloff – wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Er soll Investorengelder nicht für sein Bordellimperium mit sechs Etablissements in Deutschland und Österreich, sondern für private Zwecke ausgegeben haben. Anfang der Woche deutete Rudloff einen Verkauf der Bordelle an. Der Menschenhandelsprozess am Landgericht wird mit der Vernehmung weiterer Polizeibeamter fortgesetzt. Das Urteil wird für den Herbst erwartet.