Der Stuttgarter Technologiekonzern Bosch legt 650 Millionen Euro in der Bilanz zur Seite, um mögliche Risiken abzudecken. Wo diese liegen könnten, sagt Finanzchef Asenkerschbaumer.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Bosch stellt sich auf finanzielle Belastungen wegen des Dieselskandals bei VW ein. Hintergrund sind Untersuchungen im Zusammenhang mit der Manipulation von Software in Diesel-Motorsteuergeräten. „Wir haben insgesamt rund 650 Millionen Euro an zusätzlicher Vorsorge gebildet“, sagte Bosch-Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer am Mittwoch in Renningen. Ein Teil davon hat Bosch aber auch für noch laufende EU-Kartellverfahren zurückgelegt. Wie viel auf Risiken im Zusammenhang mit der Dieselaffäre entfallen, sagte er nicht, da es sich dabei um sehr sensible Daten handeln würde.

 

Die Software, mit der Volkswagen Abgaswerte bei Dieselautos manipuliert hat, stammt von Bosch. Die Bosch-internen Untersuchungen liefen seit Monaten unter Hochdruck. Noch sei nicht absehbar, wie lange sie dauerten. „Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen, um die Dinge aufzuklären“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. Er sprach sich erneut für unabhängige Tests aus, um Vertrauen zurückzugewinnen. Denner: „Im Sport würde man Dopingtests sagen.“

Im Zusammenhang mit Vorwürfen bei Fiat widersprach Denner Aussagen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Bosch habe zu keinem Zeitpunkt den Behörden mitgeteilt, dass Fiat eine unzulässige Abschalteinrichtung eingesetzt habe. Grundsätzlich seien Umschalteinrichtungen für Betriebsmodi „zulässig und notwendig“, sagte Denner. Ob so ein Umschalten in unzulässiger Weise als Abschalteinrichtung eingesetzt werde, könne Bosch nicht sagen. Bosch muss als Zulieferer auch dem EU-Untersuchungsausschuss zum VW-Abgasskandal Rede und Antwort stehen, wie Ausschuss-Berichterstatter Gerben-Jan Gerbrandy in Brüssel sagte. Die Befragung von Bosch ist im Juni geplant. Geladen sind auch Vertreter von VW und anderer Autohersteller.

Der VW-Abgasskandal wirkt sich noch nicht auf den Dieselabsatz aus

Die VW-Affäre habe bislang keine großen Auswirkungen auf Neuanschaffungen von Diesel-Pkws in Europa, sagte Rolf Bulander, Chef der Kfz-Techniksparte. Und auch Bosch-Chef Denner brach eine Lanze für den Diesel. Der werde mit seiner hohen Effizienz für den Klimaschutz noch lange gebraucht. „Wir haben den Diesel auf die Straße gebracht, und wir arbeiten gemeinsam mit unseren Kunden daran, dass er eine gute Zukunft hat“, so Denner.

Nach einem Rekordumsatz von 70,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr peilt Bosch 2016 ein Umsatzplus von drei bis fünf Prozent an. Sollte sich die geringe Dynamik des ersten Quartals – knapp drei Prozent Umsatzplus, wechselkursbereinigt waren es vier Prozent – in einigen Regionen und Märkten fortsetzen, dürfte sich der Umsatzzuwachs am Jahresende eher am unteren Ende des Erwartungskorridors bewegen. Die operative Umsatzrendite (vor Zinsen und Steuern), die 2015 bei 6,5 Prozent lag, soll in diesem Jahr in „etwa stabil“ gehalten werden. Gleiches gilt für die Beschäftigung im Inland. Zwar will man in diesem Jahr insgesamt rund 4000 Mitarbeiter einstellen, weil in einigen Bereichen – darunter Bosch Rexroth – Jobs verloren gehen, unterm Strich soll aber die Mitarbeiterzahl mit knapp 132 000 stabil bleiben. Weltweit beschäftigte Bosch Ende 2015 knapp 375 000 Mitarbeiter (vergleichbar gerechnet 17 600 mehr als im Jahr zuvor). 2016 will Bosch weltweit allein rund 14 000 Akademiker einstellen – vor allem Software-Ingenieure.

Bosch setzt auch auf innovative Geschäftsmodelle

Bosch will künftig nicht nur mit innovativen Produkten, sondern auch mit innovativen Dienstleistungen und Geschäftsmodellen wachsen. „Service – das ist in Zeiten der Vernetzung weit mehr als klassischer Kundendienst“, sagte Denner. „Vielmehr werden wir mit internetbasierten Dienstleistungen unsere Kunden auch im Alltag begleiten und entlasten können – beim Fahren, Parken und Wohnen.“ Bosch habe sich diversifiziert wie nur wenig Unternehmen und könne damit Risiken ausgleichen. „In Zeiten der Vernetzung über das Internet der Dinge wird diese Vielfalt zum strategischen Vorteil“, so Denner, weil man von der Automobil- über die Gebäude- bis hin zur Industrietechnik viele Dinge miteinander vernetzen und so neue Geschäfte realisieren könne. Wie viel Bosch mit dem Internet der Dinge oder der Industrie 4. 0, also der vernetzten Produktion, verdienen will, sagte Denner nicht. Der neu geschaffene Bereich Bosch Global Service Solutions – 6000 Mitarbeiter unterstützen Geschäftsabläufe von Kunden unterschiedlichster Branchen oder bearbeiten E-Calls im Auftrag von Autoherstellern – soll jährlich um 15 Prozent wachsen.

Im vergangenen Jahr ist der Bosch-Konzern operativ um zehn Prozent gewachsen, wechselkursbereinigt waren es 3,8 Prozent. Auf dem Papier stehen aber 44 Prozent Zuwachs, weil knapp 22 Milliarden Euro Umsatz durch die vollständige Übernahme von BSH Hausgeräte und der einstigen ZF Lenksysteme (Automotive Steering) dazugekommen sind.